Ashes - Pechschwarzer Mond (German Edition)
Moses die Augen bedecken musste. Man kann nicht anders, als das Ungeheure anzustarren, weil Grauen und Ehrfurcht Hand in Hand gehen.
»Chris, nein, was tust du da? Chris? «, schrie Tom, während Jarvis brüllte: »Waaaas! Waaaas waaa…?«
Da wieherte Night und begann zu scheuen, denn Chris’ Panik übertrug sich auf das erschrockene Tier. Es begriff, dass der Tod zum Greifen nah war, und bäumte sich auf. Chris, der noch nicht richtig im Sattel saß, stieß einen erstickten Schrei aus, als er ins Rutschen kam. Er kippte nach hinten, spürte, dass er stürzen, den Veränderten in die Hände fallen würde, sie würden ihn schnappen, denn sie waren schon da, sie …
»Ho!« Tom brachte seine tänzelnde Stute neben ihm zum Stehen und schnappte sich Nights Zügel. »Chris, halt dich an der Mähne oder am Widerrist fest und drück ihm die Knie in die Flanken, los, mach! «
Schluchzend und keuchend suchte Chris Halt. Nights entsetzte Augen rollten in den Höhlen, und da riss der Hengst den Kopf hoch, mitten hinein ins Gesicht von Chris. Unter der Wucht des Schlages wurde Chris schwarz vor Augen. Benommen ließ er los, sackte zusammen …
Auf einmal waren überall Hände, sie glitten über sein linkes Knie, seinen Oberschenkel, Finger klammerten, zerrten ihn nach unten – und er dachte: Das war’s.
Irgendwo über seinem Kopf ein ohrenbetäubender Knall. Die grapschenden Hände ließen plötzlich von ihm ab. Noch ein Knall. Links von Chris schlug ein Veränderter die Hände vor den Krater, wo seine Nase gewesen war, und taumelte rückwärts. Noch immer benebelt spürte Chris, wie Tom ihn an der Schulter packte.
»Reiß dich zusammen, Chris!«, rief Tom und hievte ihn wieder in den Sattel. »Verlier jetzt bloß nicht die Nerven, komm!« Trotz seiner Verletzung hielt Tom sich nur mit den Knien im Sattel, hatte eine große schwarze Glock in der einen Hand und packte mit der anderen Chris’ Schulter. Ein Mädchen mit sehr langer, verfilzter Mähne machte einen Satz auf sie zu. Tom fluchte, fuhr herum und hielt dem Mädchen die Pistole vors Gesicht. Die Veränderte hatte sich ganz auf Chris konzentriert und Tom gar nicht wahrgenommen, geschweige denn die Waffe, und – wumm! Ihr Schädel zerbarst, Knochen, Hirn, Blut und Haare flogen durch die Luft.
»Setz dich aufrecht hin!«, brüllte Tom. »Los, Chris, setz … «
Ein weiterer Schuss, aber nicht von Tom, sondern rechts von ihnen. Das Pfeifen einer Kugel, die von einem Baum abprallte. Schreiend feuerte Jarvis erneut. Diesmal brach ein veränderter Junge zusammen, auf seiner rechten Brust flammte ein roter Strahlenkranz auf. Dadurch geriet der Angriff zwar nicht ins Stocken, aber einige Veränderte schwenkten seitlich ab, auf Jarvis zu, was Chris die kostbaren zwei Sekunden gab, die er brauchte, um seinen anderen Fuß in den Steigbügel zu bekommen.
»Okay, los jetzt!«, schrie Tom. Sie spornten ihre Pferde an und jagten zu den Bäumen, auf das Zentrum von Rule zu.
Diesmal war es kein Fehler, als Chris einen letzten Blick zurück wagte. Zwei Veränderte hatten die Arme um den immer noch brüllenden Jarvis geschlungen, zu dritt drehten sie eine taumelnde Pirouette. Dann kamen weitere Veränderte hinzu, erst einer, dann viele. Jarvis brüllte nicht mehr, sondern kreischte. Wie Ameisen, die eine Beute verschlangen, fielen die Veränderten über ihn her, es spritzte Blut, so viel Blut.
Und es wird noch mehr werden, denn dies ist das Ende der Welt. Chris richtete den Blick wieder nach vorn, seine Augen brannten. Und seine Wangen fühlten sich nass an, wahrscheinlich nicht nur vom Blut. Das ist das Ende, das Ende, das Ende .
48
» W eg vom Rand! Kommt in die Mitte vom Wagen!«, rief Ellie, aber niemand hörte auf sie. Alle schrien durcheinander, die Kinder guckten verschreckt hierhin und dorthin. Es war wie in einem Katastrophenfilm, wenn plötzlich die Marsmenschen auftauchen und alle wie die Kaninchen auf die Schlange starren, mit weit aufgerissenen Augen und offenen Mündern, bevor die Marsmenschen sie in Aschehäufchen verwandeln.
»Los, hoch mit euch!« Ellie packte die Savage am Lauf, sprang auf und schwang die Waffe wie einen Baseballschläger, als sich hinter dem Koboldjungen, der mit ihr angeln gehen wollte, eine Hand an der Karrenwand festklammerte. »Aus dem Weg!«, schrie sie und ließ den Schaft niedersausen.
Der Menschenfresser – war das wirklich ein Junge unter all den Haaren? – brüllte vor Schmerz und Überraschung, als seine
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