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Ashes - Ruhelose Seelen (German Edition)

Ashes - Ruhelose Seelen (German Edition)

Titel: Ashes - Ruhelose Seelen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilsa J. Bick
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sich im Sturm zu Gorgonenlocken, wirbelnder Schnee umhüllte sie wie ein weißes Gewand. »Und jemand wird sterben.«
    »Aber nicht ich!«, rief Lena. »Warum muss gerade ich …«
    »Für dich gibt es keine Rettung mehr, Mädchen.« Jess’ Stimme war wie der Wind. »Aber für dich, Chris. Verlass diesen Ort. Diesen Kampf hier kannst du nicht gewinnen. Du gehörst nicht ins Reich der Toten.«
    »Blödsinn«, sagte sein Vater, der jetzt auf jemand anderen hinabgrinste. Der Körper zuckte und zappelte in einer riesigen dampfenden Blutlache. Als Chris genauer hinsah, erkannte er Peter, der auf dem Rücken lag, sein Schädel gebrochen und unförmig wie ein Halloween-Kürbis, der unters Auto geraten war. »Du redest von meinem Jungen«, sagte sein Vater zu Jess. »Er gehört mir, gehört zu mir, ist mein eigen Fleisch und Blut.«
    »Es gibt eine Zeit, um zu töten, Chris, aber auch eine Zeit für die Genesung.« Jess’ Augen waren wie schwarze Spiegel, in denen er sich zweimal sah: der rechte Chris und der linke Chris, wie die Zwillingsengel seiner Seele – sein Vater und Jess –, aber er konnte nicht sagen, wer von beiden gut war. Vielleicht keiner so richtig. »Lass das Ding mit dem Vater-Gesicht hinter dir«, mahnte Jess. »Kehr um. Deine Zeit ist noch nicht gekommen.«
    »Allerdings«, sagte er, und dann bewegte er sich – beide Chris’ bewegten sich, ihre Hämmer sausten durch die Luft – doch als sie sich trafen, verschmolzen sie zu einem Chris, einem Hammer, einem Verlangen. Ein dumpfer Schlag, und Lenas Kopfhaut riss. Der Hammer vibrierte in Chris’ Hand, als der Stahl den Knochen zertrümmerte, bevor er in die weiche Hirnmasse eindrang. Lena brach zusammen. Als er den Hammer herauszog, schaute er auf und stellte fest, dass Jess verschwunden war.
    »Guter Junge.« Sein Vater wischte sich mit einem Finger ein Stückchen Hirn von der Wange und schob es in den Mund. »Hmmm …«
    Und dann veränderte sich die Szene schlagartig, als ob ihn jemand im Genick packte und mit aller Gewalt wegschleuderte, fort von diesem Grauen an einen ganz anderen Ort – und Chris konnte gerade noch denken: Ein Albtraum, es ist ein Albtraum, es passiert nicht wirklich, es ist nicht …
    Da schoss ein stechender Schmerz in seine Brust. Ein elektrischer Schock jagte durch seinen Körper, setzte alle Nervenfasern unter Strom. Jetzt merkte er, dass die Luft warm war – irgendwo drinnen, nicht im Schnee –, und er nahm das Platschen und Gurgeln von Wasser wahr, das Quietschen einer Metallfeder, das Rascheln von Stoff. Das insektenartige Ticken einer Uhr. Bett, Schlafzimmer, wo? Er lag auf dem Rücken, zitterte, jeder Nerv bebte. Auf seiner Brust lastete ein merkwürdiger Druck – Hand, ein Mensch –, und ein Daumen fuhr über seine Stirn, machte senkrechte und waagrechte Striche, zeichnete ein Symbol wie mit einem Stift auf Papier. Darauf folgte ein Schwall von Geräuschen, Flüstern und ein gutturales Gemurmel in einer düsteren, fremden Sprache, als würden riesige Schwärme sprechender Krähen auf Bäumen vor sich hin murmeln: Durch das Blut und das Wasser seiner Seite  …
    Wo war er? Er erinnerte sich an Kälte und Schnee, die Tigerfalle, die auf ihn zusauste – Lena, lauf, lauf –, später dann der ölige Gifthauch, der durch seine Adern kroch und seinen Verstand umnebelte. Wasser. Irgendwas im Wasser  … Wieder hörte er dieses Plätschern, ganz in der Nähe. Etwas Feuchtes fuhr ihm über die Brust. Und da packte ihn eine ungeheure Angst. Herrgott, nein, Gift, sie töten mich, nein, nein!
    »Nein!« Mit einem jähen Schrei saugte Chris Luft ein. » Nein!« Er riss die Augen weit auf, und im selben Moment schossen seine Arme hoch. Jemand schrie, als er sich abrupt aufsetzte, schlagartig erwacht in diesem Raum mit zu vielen Schatten und zu wenig Licht, und immerzu brüllte: »Nein! Rührt mich nicht an, lasst mich, geht weg …«
    »Christopher!« Aus dem Halbdunkel schob sich das Gesicht eines alten Mannes in sein Blickfeld. »Christopher, beruhig dich! Es ist alles in …«
    Raus, ich muss hier raus! Chris reagierte instinktiv und aus einer blanken Panik heraus. Seine Hände schnellten vor, und er bekam mit der Linken Stoff zu fassen. Der Alte gab ein verblüfftes Krächzen von sich, als Chris ihn an sich zog und ihm den Arm um den Hals schlang. Gleichzeitig erspähte Chris ein metallisches Glitzern an der linken Hüfte des Mannes, und schon hatte er sich die Pistole geschnappt und presste die Mündung an die

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