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Ashes - Ruhelose Seelen (German Edition)

Ashes - Ruhelose Seelen (German Edition)

Titel: Ashes - Ruhelose Seelen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilsa J. Bick
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Schläfe des Alten: »Haut ab, geht weg, geht weg!«
    »Nein, Chris, nein, nein!« Ein Chor von Stimmen, Jungen und Mädchen. Das Schaben von Metall auf Leder, als Waffen gezogen wurden, und das unverkennbare Klacken eines Gewehrs, das durchgeladen wurde. Die Stimmen plapperten immer noch durcheinander, alle redeten gleichzeitig: »Nicht, Chris!« – »Chris, es ist alles in Ordnung.« – »Du bist in Sicherheit, Chris!« Ein Junge übertönte die anderen und rief, das Gewehr im Anschlag: »Pistole runter, los, runter damit!«
    »Nein, Jayden!« Das war der Alte, der eine erstaunlich kräftige Stimme besaß. »Bleibt alle ganz ruhig! Gebt ihm einen Moment Zeit, um …«
    »Aber ich hab ihn im Visier, ich hab ihn!«, sagte Jayden.
    »Nein, Jayden!« Diese Mädchenstimme kannte Chris, und dann fiel es ihm ein: Hannah . »Chris«, beschwor ihn Hannah, »leg bitte die Waffe weg!«
    »Kommt mir bloß nicht zu nahe!«, schrie Chris, doch die Worte klangen jetzt heiser und gepresst. Eine einsame Kerze spendete schwaches, flackerndes Licht, aber es genügte ihm, um zu erkennen, dass er in einem Gewühl aus Leintüchern und Daunendecken stand, halb im Bett, halb daneben – und dass er splitternackt war.
    »Wo bin ich?« Das habe ich nicht geträumt. Verwundet, ich war schwer verwundet. Habe geblutet, gespürt … Die Schwärze kroch wieder in seinen Brustkorb und griff nach seinem Herzen … Gespürt, dass ich sterben würde, ich lag im Sterben, ich  … Nein, daran durfte er jetzt nicht denken. Raus, er musste raus! Während sein Arm immer noch den alten Mann umklammerte, wanderte sein Blick von einem Gesicht zum anderen – Jayden, Hannah, zwei andere Jungen – und schweifte dann durch den länglichen rechteckigen Raum mit der schrägen Decke und den drei Fenstern. Ober- oder Dachgeschoss. Schlafzimmer. Eine verschlossene Tür, der einzige Ausgang, befand sich links von ihm, doch die anderen verstellten ihm den Weg.
    Ein gedämpftes Bellen drang an sein Ohr, und gleich darauf fragte jemand an der Tür: »Alles in Ordnung? Geht es ihm gut? Was ist los?«
    »Nein, halt, warte …« Hannah wollte nach dem kleinen Mädchen greifen, doch es flitzte an ihr vorbei.
    »Chris?« Ein besorgter Ausdruck lag auf dem Gesicht des Kindes. Sie machte große Augen, und da wurde Chris bewusst, wie er auf sie wirken musste: nackt, verwirrt, mit einer Waffe in der Hand, den alten Mann im Würgegriff. Neben ihr stand ein Hund, kleiner als ein Schäferhund, mit Zobelfärbung und schwarzer Maske, und betrachtete ihn. »Chris, es ist alles in Ordnung«, sagte das kleine Mädchen. »Erinnerst du dich an mich?«
    »J-ja.« Chris schluckte und kämpfte gegen einen plötzlichen Schwindel an. Nein, darf nicht wieder bewusstlos werden . »Du … du bist Ellie.«
    »Genau, und das ist Mina, mein Hund.« Erleichtert hellte sich ihre Miene auf. »Wir haben dich warm gehalten, weißt du noch? Wir haben dich gerettet. Du bist hier in Sicherheit.«
    »In Sicherheit?« Er merkte, wie seine Stimme vor Angst kippte. Sein Griff um den Hals des Alten verstärkte sich. »Ich bin nicht in Sicherheit. Lasst mich in Ruhe, ihr alle! Kommt mir nicht zu nahe!«
    »Christopher.« Der alte Mann wehrte sich nicht, sondern streichelte sachte den Arm, mit dem Chris ihn festhielt, so wie man ein erschrecktes Tier beruhigt. »Christopher, ich weiß, dass das verwirrend für dich ist. Du hast Angst. Aber nimm die Waffe runter, ehe du noch jemanden damit verletzt.«
    »Nein.« Allerdings spürte Chris, wie die Panik nachließ und allmählich verebbte. Die erstaunlichen Kräfte, die er verspürt hatte, verließen ihn. »Wer seid ihr? Wo bin ich?«
    »Du bist in Sicherheit«, erwiderte Hannah aus den tanzenden Schatten heraus – aber vielleicht lag es auch nur daran, dass er nicht mehr richtig scharf sehen konnte. »Chris«, fuhr sie fort, »wir wollen dir helfen.«
    »Helfen?« Sein Lachen klang dünn und erstickt. »Du hast versucht, mich umzubringen.« Ich muss hier raus. Er machte einen kleinen, unsicheren Schritt. Plötzlich waren seine Beine wie aus Gummi. Die Pistole wurde unglaublich schwer, wie ein Felsbrocken, und er begriff, dass er in wenigen Sekunden ohnmächtig umfallen würde. »Bitte«, ächzte er, »lasst mich gehen. Ich möchte niemandem wehtun, ich …«
    Ohne jede Vorwarnung schwanden ihm die Sinne, als hätte jemand den Stecker gezogen. Seine Beine knickten ein. Wie aus weiter Ferne hörte Chris den dumpfen Aufschlag der Pistole auf dem Boden. Jetzt

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