Ashes to Ashes (German Edition)
daraufhin so seltsam an? Wozu sollte er sich denn
ausruhen?
„Ich habe meine Pflichten zu erledigen! Man wird
mich am Hof suchen!“
Gabriel kam näher heran, stierte auf Duncan
nieder, der noch immer das Hemd in den Händen hielt.
„Man sucht dich vielleicht, aber man wird dich
nicht finden! Es kommt hin und wieder vor, dass ein Ritter seinen Rausch am Tage
ausschläft!“
„Damit bringt Ihr mich in Schwierigkeiten!“
Fest packte Gabriel Duncans Kinn, hob es etwas
an, um dem Jüngeren direkt in die grünen Augen sehen zu können.
„Ich kann dich in noch viel größere
Schwierigkeiten bringen, Junge! Sei erst einmal froh, dass ich dich aus dem Loch
geholt habe! Dankbarkeit kennst du wohl nicht, was?! Jetzt zieh dich endlich an
und geh schlafen!“
„Wozu?“
Sanft streichelte Gabriel Duncans Kinn und
lächelte.
„Du weißt wozu!“
Dann ließ er plötzlich von ihm ab und verließ
mit festen Schritten das Zimmer.
Duncan hörte noch, wie ein Schlüssel im Schloss
knarrte und war dann endlich allein.
/Du weißt wozu…/
~24~
Verlangen
/Du weißt, wozu…/
„Inzwischen will ich es gar nicht mehr
wissen!“
Unruhig schritt Duncan durch den geräumigen
Saal, immer wieder auf und ab, auch wenn sein Oberkörper mit jeder Bewegung
protestierte. Wie konnte Gabriel annehmen, dass er sich jetzt schlafen legte?!
Ruckartig blieb er stehen und lauschte. – Auf
eine Regung vor der verschlossenen Tür, auf einen Atemzug. Er konnte unmöglich
hier bleiben!
Nach wenigen Augenblicken tapste er, so leise er
es vermochte, zum Eingang des Saales, legte die Hand auf den goldenen Türknauf
und drückte ihn vorsichtig nach unten.
Nichts rührte sich.
/Verflucht!/
Gedanklich schlug er wild gegen das schwere Holz
und machte sicherheitshalber einige Schritte zurück, denn die Versuchung war gar
zu groß, dies in die Tat umzusetzen.
/Er spielt mit mir! Dieser Mistkerl spielt mit
mir!/
Suchend huschten seine Blicke durch den Raum,
hefteten sich auf das Federbett, als er hinüber lief und mit der linken Hand
ganz vorsichtig über das weiße Laken strich.
Es sah einladend weich aus. Er war so müde, aber
als er sich schwerfällig darauf niederließ, drängten sich ihm Gedanken auf, die
ihm kalte Schauer über den Rücken schickten. Was, wenn er tatsächlich einschlief
und dann mit Entsetzen seinen Fehler beim Erwachen feststellen musste…
Was, wenn er dann nicht mehr alleine wäre und…
Erschöpft stützte er seine Ellenbogen auf die
Knie und vergrub seinen Kopf in den Händen, fuhr sich durch das ohnehin
zerzauste und schmutzige Haar.
„Er lässt mich einfach nicht vergessen! Er lässt
es mich einfach nicht vergessen!“
Wieder drängten sich ihm bruchstückhaft Bilder
seiner Vergangenheit auf, die er ohnehin nur mühsam hatte verdrängen können.
Seine Blicke wanderten zu dem hohen Fester des Saales. Durch das dicke Glas
konnte er dunkel die verschwommenen Umrisse einer blattlosen Ulme erkennen.
Als er wenig später den samtigen Vorhang
beiseite schob und nach draußen spähte, verwarf er seinen Einfall wieder.
Das Zimmer, in welchem er sich befand, war
einfach zu hoch gelegen, als dass er von hier aus aus dem Fenster hätte klettern
und nach unten springen können.
„Andererseits…“, überlegte er und glitt mit
seinen Augen immer wieder über den von Schnee bedeckten Boden. Vielleicht konnte
er ja auch den Baum erreichen und dann an ihm hinab…
Er wog das eine Übel gegen das andere ab. - Der
Baum erschien ihm als das geringere.
„Wer nichts wagt, den bestraft die
Ungewissheit“, nuschelte er in seinen nicht vorhandenen Bart und stellte den Fuß
auf den steinernen Fensterrahmen. Mit einem kräftigen Schwung brachte er sich in
die ihm am günstigsten erscheinende Position.
Irgendwie kam er sich so lächerlich dabei vor… -
Wie ein kleiner Junge, der sich vor der Bestrafung seines Vaters fürchtet und
jeden Ausweg wählt, nur nicht den der Konfrontation.
Aber ihm wurde bei dem Gedanken an die
Aufdringlichkeit des Prinzen so übel, dass er einfach nicht anders konnte.
Der Ast der Ulme schien auf einmal so weit
entfernt, als er nach unten blickte und er schluckte, schluckte immer wieder,
doch der Kloß in seinem Hals wollte sich einfach nicht auflösen.
„Ach verflucht, sei’s drum!“
Er sprang, stieß sich so kräftig ab, wie er
konnte.
Seine Glieder schienen aus Stein zu sein und
drohten ihn
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