Ashes to Ashes (German Edition)
erstaunte Glitzern in den Augen seines Cousins
erkannte.
/So ist es also wahr.../
Gabriel kräuselte amüsiert die Augenbraue.
„Genau das macht den Unterschied! Meine Leute
sind nicht so dumm, sich erwischen zu lassen! Dein lieber Duncan hingegen
scheint den Reiz der Öffentlichkeit zu suchen, wenn er...“
„Ich will nichts mehr davon hören!“, unterbrach
ihn Christen gereizt. Hektisch zog er sich seinen schweren Umhang enger um die
Schultern.
„Wenn du mich jetzt entschuldigst!“
Es war ihm egal, ob Gabriel noch etwas
erwiderte. Er hörte einfach nicht mehr hin, sondern stapfte mit großen Schritten
zum Schloss zurück, nahm den Hintereingang zu seinem Gemach, um keinem der noch
anwesenden Gäste zu begegnen. Mit einem Knall zog er die Tür hinter sich ins
Schloss, lehnte sich müde von innen gegen ihr kaltes Holz.
/Verlass mich lieber jetzt und für immer...
Lass es uns hier zu Ende bringen, bevor es uns
beide mehr verletzt./
***
„Habt Dank, gute Frau, dass Ihr den Weg auf Euch
genommen habt!“ Selina blinzelte der alten Dame großäugig ins Gesicht, reichte
ihr eine Schüssel mit noch kochendem Wasser, wie sie es ihr zu holen aufgetragen
hatte. Das Mädchen wusste nicht, wer die alte Frau war, geschweige denn, woher
Duncan sie kannte, doch im Augenblick spielte es auch keine Rolle, denn sie war
hier und anscheinend verstand sie etwas von den Vorgängen der Geburt.
„Sie ist schwach, o eure Mutter ist schwach. Wir
müssen das Kind jetzt holen, sonst kann es sein, dass sie es nicht...“,
knirschte Christens Großmutter zwischen ihren vertrockneten Lippen hervor,
öffnete dabei einen kleinen Beutel von ihrem Gürtel und zerrieb die entnommenen
Kräuter zwischen den Fingerspitzen, so dass feinste Brösel in das heiße Wasser
fielen.
Dann tauchte sie ganz plötzlich ihre eigenen
Hände in den Sud. Selina sog überrascht die Luft ein, während sie dem Geschehen
zusah. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass es der Großmutter keine Schmerzen
bereitete, ihre Hände in der Schüssel zu baden, die sie doch erst wenige
Augenblicke zuvor von der Feuerstelle genommen hatte.
„Ich danke dir für deine Hilfe, Kind! Doch jetzt
ist es besser, wenn du dich um deine Geschwister kümmerst und draußen vor der
Tür wartest. Wir müssen jede Aufregung für deine Mutter vermeiden. Ich komme
euch holen, wenn alles überstanden ist!“
Selina nickte gehorsam. Sie traute sich nicht zu
protestieren, auch wenn sie lieber bei ihrer Mutter geblieben wäre, doch Duncan
war ja immerhin noch bei ihr. Ihr großer Bruder würde schon aufpassen, dass Mama
nichts zustieß.
„Wird sie es schaffen?“, fragte Duncan trocken
in die gläserne Stille. Das heftige Keuchen seiner Mutter nahm er schon gar
nicht mehr wahr, nur ihre Schreie ließen ihn hin und wieder zusammenzucken.
Aufmerksam verfolgte er jeden Handgriff der Großmutter, wie sie den Bauch der
Schwangeren massierte, leichten Druck von außen ausübte und dann hilflos den
Kopf schüttelte.
„Das Balg dreht sich nicht von selbst. So kann
sie es nicht gebären. Sie würden beide daran sterben!“
Ein heiseres Keuchen entwich ihr, fast ein
Seufzen, als sie erneut ihre Hände in das Wasser tauchte.
„Dann werde ich es eben wenden!“
Duncan schluckte. Er hatte schon gehört, dass es
Frauen gab, die es vermochten, Kinder im Leib zu drehen, aber...
„Du bist bleich, mein Junge! Willst du lieber
das Zimmer verlassen?“
Aber er schüttelte den Kopf, griff fest nach der
Hand seiner Mutter, streichelte ihre Wange, so, wie er es auch früher schon
getan hatte, wenn sie wieder einmal weinend über eine Handarbeit gebeugt in
ihrem Stuhl saß und die Ausschwei-fungen ihres Ehemannes beweinte.
„Bald wird alles vorbei sein. Shhhh...“
Er küsste seine Mutter auf die Stirn, bemerkte
mit einem flauen Gefühl im Magen, wie die Hand der Großmutter im Schoß der
Schwangeren verschwand, die sich jetzt in ihrem Bett vor Schmerzen wand. Doch
sie hatte nicht mehr genug Kraft, um laut zu schreien. Stattdessen brach ein
abgehacktes Wimmern aus ihr hervor. Und Duncan konzentrierte sich darauf. - Die
ganze Zeit, die ganze Zeit, solange sie stöhnte, war sie schließlich am Leben.
„Ich kann nicht mehr! Ich kann nicht... mehr...“
Sie wiederholte die Worte wieder und wieder, presste, keuchte, ... verstummte.
Blieb stumm.
Und ein heiseres Schreien erfüllte den Raum.
„Es ist ein Junge, Duncan! Du
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