Ashes to Ashes (German Edition)
blauen Himmel.
„Lauf weg, Duncan. Lauf weg...“
Seine Stimme klang leer.
Verwundert blickte der Ritter in das bleiche
Gesicht des Prinzen, richtete seine Aufmerksamkeit gleich wieder in die Ferne,
in der die Erde zu beben schien, sich wie eine Lawine auf sie zu bewegte,
unaufhörlich. Ein dunkler Wall, wie ein Streifen Schatten bei gleißender
Helligkeit.
„Hast du nicht gehört, was ich gesagt habe?!“
Christen schrie ihn jetzt an. „Verschwinde von hier! Lauf weg, wenn du nicht
sterben willst!“
„Was es auch ist, ich werde an Eurer Seite
sein!“
Christen lächelte leise, berührte nach kurzem
Zögern Duncans Hand, was so überraschend kam, dass es dem jungen Ritter einen
Schauer über den Rücken trieb.
„Du bist so ein Dummkopf Duncan! Was für ein
törichter Dummkopf! Wenn sie sehen, dass du mich verteidigst, werden sie sich in
Scharen auf dich stürzen...“
„Ich bin auch schon mit Scharen fertig geworden.
Was lässt Euch jetzt an mir zweifeln?“
„Mit Scharen von Männern, aber diese dort...“ -
Und er nickte beiläufig auf die Wand von Soldaten, die sich aus der Ferne
näherten. „... Diese dort sind Bestien, mit Rüstungen so dunkelrot wie das
getrocknete Blut unserer Leiber, die sie in Stücke reißen. Im südlichen Lager
gab es wenige von ihnen, die uns genug Schwierigkeiten bereitet haben. Ihre
Körper scheinen massiv wie ihre Äxte zu sein. Sie nennen sich selbst Jäger und
agieren, als wären sie nur zum Töten geboren. Wenn sie dich einmal als Opfer
auserkoren haben, gibt es nur noch eine Möglichkeit: Du tötest sie, bevor sie
dich töten...“
„Ihre Größe können wir mit Schnelligkeit
ausgleichen! Und jetzt will ich nichts mehr hören. Seit wann gebt Ihr so
voreilig auf, Christen? Und wenn wir sterben, dann sterben wir stolz und unter
freiem Himmel. Ohne Ketten... ohne Dunkelheit...“
„...Ohne gelebt zu haben...“
Die Männer fielen, rissen bisweilen einen der
feindlichen Krieger mit sich, doch die Mauer näherte sich erbarmungslos, schien
sich immer wieder von Neuem zu schließen, als gäbe es hinter ihr ein Nest, das
als Brutstätte für Ersatzmänner diente.
Und schließlich lösten sich die Männer aus ihrer
Formation, stürmten wild auf das Feld, jagten, wie es anscheinend in ihrer Natur
lag, zu jagen.
Selbst neben den wenigen Reitern wirkten sie
groß, ihre roten Rüstungen undurchdringlich. Erst als sie auf wenige Meter an
Duncan heran gekommen waren, konnte auch er fühlen, wie sich Angst in seinem
Inneren breit machte. Er würde ihr nicht nachgeben. Niemals würde er Schwäche
zeigen, niemals aufhören, Christen zu verteidigen. Koste es, was es wolle.
Noch ehe er diesen Gedankengang zu Ende geführt
hatte, stürmte einer der feindlichen Jäger auf ihn zu.
Wut brannte in seinen schwarzen Augen. Nase und
Mund waren vom Visier bedeckt.
Er führte kein Schwert, sondern eine große Axt,
eine Seite stumpf, die andere glänzte scharfkantig im Licht der weißen Sonne.
Geschmeidig riss er sie in die Höhe, ließ sie
auf Duncan nieder rasen, der mit dem Schwert konterte. Der Aufprall beider
Waffen war so heftig, dass Duncans Arme erbebten und seine Gelenke schmerzhaft
protestierten. Christen hatte also nicht übertrieben.
Hastig warf er einen Blick zum Prinzen, dessen
Schwert gerade die Kehle seines Gegners durchtrennte.
Reflexartig sprang Duncan zur Seite, konnte noch
den Luftzug einer zweiten Axt auf seinem Gesicht fühlen.
Wild schleuderte er die Spitze seines Schwertes
auf die weitläufige Brust seines Angreifers, doch sie prallte ab, hinterließ
nicht einmal eine Scharte auf dem glänzenden Metall.
„Duncan, hinter dir!“, schrie ihm Christen aus
der Entfernung zu, warnte ihn gerade rechtzeitig, dass er der scharfen Schneide
einer Axt ausweichen konnte.
„Verflucht!“, fletschte der junge Ritter die
Zähne, wechselte rasch die eingeschlagene Richtung seiner Bewegung.
„Wenn ich ihn nachher spreche, wird er sich was
anhören müssen!“, murmelte er dann, während er sich auf einen der drei Männer
stürzte, um ihn mit einem Schlag auszuschalten.
„Er sollte sich lieber auf seine eigenen…“ Er
keuchte.
„… Gegner konzentrieren…“.
„Na, was ist… worauf wartet ihr?“, schrie er.
„Ihr denkt wohl, eure Rüstungen würden uns das Herz in die Hose sinken lassen?
Jaha… sieht gar nicht so gut für euch aus, was?“
Er war erschöpft.
Er war unendlich erschöpft
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