Ashes to Ashes (German Edition)
dass seine Kiefermuskulatur deutlich zum
Vorschein trat.
Insgeheim hoffte er, dass die Worte des Königs
nicht weiter vorgedrungen waren als bis zu Erik und ihm. Hatte sein Vater denn
gar kein Vertrauen? Er schickte ihn in den Krieg, um ihn wie ein kleines Kind
bewachen zu lassen von einem Mann, der gerade mal wenige Jahre älter war als er
selbst!
Betreten senkte Christen den Kopf, bis ihm die
schwarzen Strähnen seines Haares vor die Augen fielen.
Wie ersehnte er in jenem Augenblick die
Einsamkeit.
Sobald man ihn unbeobachtet ließe, würde er sich
davon stehlen. Er ertrug die aufgesetzte Heiterkeit der Menschen um sich herum
nicht länger. Er fühlte sich verflucht noch mal so… klein.
Ein tiefer Atemzug huschte aus seinen Lippen,
als er die liebevolle Berührung seiner Mutter an der Wange spürte.
Sie hob seinen Kopf leicht an, so dass sie sich
direkt in die Augen blicken konnten.
Ein warmes Lachen erfüllte die Winterblässe der
Königin. Sie beugte sich zu Christen und schloss ihn in die Arme. Ihr Busen
bebte vor Aufregung an seiner Brust.
„Ich weiß…“, hauchte sie ihm leise ins Ohr. „Ich
weiß, dass es nicht richtig ist, dich hier vor allen zu umarmen. Doch verzeih
den Gefühlen einer Mutter, die Tag und Nacht so sehnsuchtsvoll auf die Rückkehr
ihres Sohnes gehofft hatte, dass sie ganz krank um Sorge war!“
Und plötzlich löste sie sich von ihm, lief, ohne
ihn noch einmal anzusehen, zurück zum Thron.
Christens Augen folgten ihren Bewegungen.
Er sog die Luft ein, als sein Blick auf die
junge Frau fiel, die nun langsam auf ihn zuschritt. Bernadette!
Ihr luftiges Kleid schmiegte sich ihren
Bewegungen an. Lindgrün glänzten die kleinen Perlen, die sie an ihrem Obergewand
trug, schienen sich im Farbenspiel ihrer Augen zu spiegeln.
Wie hatte er sie vergessen können?!
Doch er hatte ihn einfach verdrängt - seinen
Entschluss, das Versprechen, welches er ihr gegeben hatte.
Sie stand jetzt dicht vor ihm, knickste höflich
zur Begrüßung, doch am Beben ihrer vollen roten Lippen erkannte Christen, wie
sehr sie sich bemühen musste, ihre Aufregung im Zaum zu halten.
Sie war schön, wirklich schön anzusehen. Das
volle Haar schimmerte in dem verhangenen Tageslicht, ließ ihre sonst so fahle
Haut schneeweiß erscheinen.
Christen konnte plötzlich die Blicke seines
Vaters im Rücken spüren.
Man beobachtete ihn.
Richtig, sie waren hier nicht allein und ein
jeder begann bereits sich den Mund darüber zu zerreißen, weshalb der künftige
Ehemann seine Braut nicht in die Arme schloss, weshalb er einfach vor ihr stand,
starr, als wäre ihm die Anwesenheit des Mädchens zuwider.
Also verneigte er sich kurz, schloss für einen
Atemzug lang die Augen, bevor er mit einem bezaubernden Lächeln ihre kleine
zierliche Hand ergriff und einen Kuss andeutete.
„Ich freue mich, Euch zu sehen, Bernadette“,
presste er höflich hervor, zuckte innerlich zurück, als sie ihm sorgenvoll
entgegen blinzelte und mit der rechten Hand leicht die Narbe in seinem Gesicht
berührte.
„Ihr seid endlich wieder daheim! Ich habe so
lange auf Euch gewartet!“
Christen wartete auf einen Anflug von Abscheu
oder Ekel, doch stattdessen betrachtete sie seine Verletzung mit Neugier,
beinahe Faszination.
Plötzlich legte jemand Christen erneut die Hand
auf die Schulter. Es war der König, der sich nun wieder an die Seite seines
Sohnes begeben hatte.
„Dann steht einer Hochzeit jetzt nichts mehr im
Wege! Da du zurück bist, sollten wir mit der Vermählung nicht lange warten.
Lionel stimmt dem zu! Wir können dankbar sein, dass er uns seine Truppen bereits
zur Verfügung gestellt hat, ohne, dass eine Liaison zwischen euch bestand!“,
raunte er seinem Sohn zu, bevor er sich dem gesamten Trupp zuwendete.
„Und nun, lasst euch feiern! Für euren
glorreichen Sieg, für die Stärke, die ihr bewiesen habt und um den Verstorbenen
zu huldigen, die tapfer an eurer Seite gefallen sind. Für ihr Vaterland und für
all die Menschen Lanions!“
Christen hörte nur mit halbem Ohr zu, vielmehr
überlegte er sich, wie er Bernadette dazu bringen könnte, seine Hand
loszulassen, ohne sie derart zu kränken, dass bereits Zwist zwischen ihnen
einkehrte, noch bevor sie überhaupt geheiratet hatten.
Die Menschenmassen scharten sich bereits in
einem heillosen Durcheinander um sie herum. Ein monotones Murmeln hüllte sie
ein. Unruhig huschten Christens Blicke in alle Richtungen.
Weitere Kostenlose Bücher