Ashes to Ashes (German Edition)
Alles war ihm lieber
als in das treuherzige Gesicht der jungen Frau an seiner Seite sehen zu müssen,
denn er kam nicht umhin, sich ihr gegenüber in gewisser Weise schuldig zu
fühlen. – Für die Gleichgültigkeit, die er ihr gegenüber hegte und für die
falsche Zuneigung, die sie meinte, in seinen Gesten zu finden. Weshalb begriff
sie nicht, dass ihm gar keine andere Wahl blieb als zu heucheln? Wieso
durchschaute sie ihn nicht und nahm endlich den Abstand, den er so
sehnsuchtsvoll erwartete?!
Endlich konnte er seine Hand Bernadettes Fingern
unter leichtem Zug entgleiten lassen, als sich ein Geistlicher an ihnen vorbei
drängte.
Christen beugte den rechten Arm vor seiner Brust
und verneigte sich vor Bernadette.
„Lady, bitte verzeiht, wenn ich Euch nun alleine
lasse, doch mich dürstet nach einem Bad, bevor ich mich freudig unter die
feiernden Menschen mischen kann.“
Er hoffte seine Stimme troff nicht vor Ironie
und sie würde seine Lüge nicht durchschauen oder ihn gar begleiten wollen. Man
konnte schließlich nie wissen, auf welche Gedanken dieses Mädchen kam! Und so
ganz gelogen war es eigentlich auch nicht. Er sehnte sich tatsächlich nach einem
Bad, aber in erster Linie war es doch die Einsamkeit, die ihn am meisten lockte…
Er hatte mit Bernadettes Protest gerechnet, doch
stattdessen legte sie sich nur die schmale Hand an die Brust und lächelte
verlegen mit einem zustimmenden Kopfnicken.
„Ich freue mich auf Euer baldiges Kommen“,
antwortete sie höflich und machte dabei einen kleinen Knicks vor ihrem künftigen
Gemahl.
Als Christen in der Menschenmenge verschwand,
nachdem er Bernadette noch einmal zugelächelt hatte, drehte sie sich auf dem
Absatz um und atmete zweimal tief durch.
Ihr Herz hüpfte beinahe aus ihrer Brust und
hämmerte schwer in ihrem Kopf. Es war das erste Mal, dass Christen sie „Lady“
genannt hatte. Sie war wie verzaubert vom Klang dieses Wortes aus seinem Mund.
Am liebsten wäre sie ihm um den Hals gefallen und hätte ihre Lippen auf die
seinen gepresst. Wahrscheinlich wäre sie vor Entzückung in jenem Augenblick
gestorben und es hätte ihr nicht das Geringste ausgemacht, weil es ja in seinen Armen gewesen wäre. Mein Gott, sie war einfach Hals über Kopf in
diesen wunderschönen jungen Mann verliebt! Und sie träumte so oft von ihrer
Hochzeit, von dem Versprechen, welches sie sich geben würden und von… ihrer
ersten gemeinsamen Hochzeitsnacht. Christen wäre sicher sehr zärtlich zu ihr.
Sie hatte keine Angst - nicht bei ihm. O ja, sie wollte ihn… und das mit ganzem
Herzen, mit Leib und Seele!
Die Stunden verstrichen und Bernadette war nicht
die einzige, die sich über den Verbleib des Prinzen wunderte.
Auch König Alba starrte suchend in die Menge und
wurde doch nicht fündig.
„Erik!“, winkte er dem Rotschopf gebieterisch
zu, der gerade mit einer jungen Frau im Arm aus dem Getümmel auftauchte und
sofort Haltung annahm, als er den König erblickte. Er tauschte wenige Worte mit
seiner Begleiterin und ließ sie dann einfach stehen, kümmerte sich nicht um den
missbilligenden Blick in seinem Rücken.
„Erik, mein Sohn hat es sich anscheinend zur
Aufgabe gemacht, an Festlichkeiten mit seiner Abwesenheit zu brillieren. Hast du
ihn gesehen? Ich will ihn sprechen!“
Doch der Rotschopf verneinte mit einem
Kopfschütteln, las Zorn in Albas Miene, als er sich aufbrausend zu seinem Diener
umwandte, der gerade nach seinem Botengang zurückgekehrt war.
„In seinem Zimmer kann ich ihn nicht finden…“,
berichtete jener zaghaft. Er scharrte dabei verlegen mit dem Fuß auf dem
Untergrund.
„Durchsucht das ganze Schloss!“
„Verzeiht, Majestät, aber … das habe ich
bereits, als ich ihn nicht finden konnte. Er scheint die Burg verlassen zu
haben!“
„Verflucht noch mal, lasst mich los, ihr
verdammten Mistkerle!“, drang plötzlich eine Stimme an Albas Ohren und an die
der umstehenden Männer.
Gabriel schob sich durch das Gedränge, hinter
ihm drei seiner Soldaten, die eine weitere Person mit sich zogen, welche sich
mit Händen und Füßen gegen ihre Griffe zu wehren versuchte.
Alba beobachtete das Geschehen mit einem
Stirnrunzeln, verfolgte Duncans unfruchtbare Versuche, sich von den Soldaten
loszureißen und fragte sich, was für Unstimmigkeiten wohl zwischen den Männern
herrschten. Aber im Augenblick war es ihm eigentlich zu egal, als dass er lange
hätte darüber nachdenken
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