Ashes to Ashes (German Edition)
geprägt von den Gräueln eines Krieges, den Gott im
letzten Augenblick für sie entschieden hatte.
Vielleicht wäre alles anders gekommen, hätte er
sich nicht dem Befehl seines Vaters widersetzt und sein Schicksal in die eigene
Hand genommen. Wahrscheinlich kannte niemand der Anwesenden den Hergang der
letzten Ereignisse. Und wozu auch, letztendlich zählte doch nur der Erfolg! War
es nicht so?
Dass er nachts bei starkem Schneefall mit einer
Schar seiner treuen Reiter aufgebrochen war um den Feind einzukreisen und von
hinten her zu attackieren, während sich die vordersten feindlichen Linien
bereits ihrem Lager näherten, wussten nur die wenigsten.
Wie die Sache ausgehen würde, war unklar
gewesen.
Alles oder nichts. Alles oder nichts hatte ihm
Gabriel geraten, als sein Trupp zu ihnen gestoßen war, an jenem Tag, der alles
verändern sollte…
Plötzlich riss Christen die Zügel zurück, da ihn
ein huschender schwarzer Schatten vor seinem Pferd aus den Gedanken riss. Das
Tier wieherte laut und stieß eine weiße Nebelwolke aus Atem aus seinen Nüstern
hervor. Es stieg auf die Hinterbeine und begann zu tänzeln.
Christen hatte Mühe, sich im Sattel zu halten,
konnte die Stute aber durch einen kräftigen Schenkeldruck beruhigen.
Keuchend und irritiert starrte er zu Boden,
blickte in die weit aufgerissenen Augen eines Kindes, dessen Wangen
dreckverschmiert waren. Zorn brannte in der Miene des kleinen Jungen. Irgendwo
in einiger Entfernung kreischte und wimmerte eine Frau, die mühsam versuchte,
durch die Reihen der Wachtposten zu brechen, um ihr Kind zurück an ihren Busen
zu ziehen.
Der Prinz streckte energisch den linken Arm aus,
als er verwundert bemerkte, dass Erik keine Anstalten machte, in seinem Trab
anzuhalten. Ruckartig wendete er dem Rotschopf das Gesicht zu, dass seine
schwarzen Haare wie von einem Luftzug getragen, aufwirbelten.
„Willst du das Kind umreiten?! Halt in Gottes
Namen an!“, befahl er Erik mit energischer Stimme. Er war sich sicher, dass ihn
sonst niemand gehört hatte, denn in der Menge war Tumult ausgebrochen.
Erstaunt blinzelte Erik dem Prinzen entgegen,
lachte spitz und nickte den Wachtposten herrisch zu, sie sollten den Bengel doch
endlich aus dem Weg schaffen.
Doch keiner rührte sich, denn alle blickten wie
gebannt auf Christen, der sich würdevoll aus dem Sattel schwang.
Sein samtener Umhang leuchtete unter dem braunen
Cape blau wie seine Augen und einige der Umstehenden glaubten, ein Engel käme zu
ihnen auf die Erde.
Christen konnte nicht ahnen, wie sie ihn
verklärten, wie sie das aufgesetzte Lächeln für die wundersamste Wärme dieser
Welt hielten.
Misstrauisch beobachtete Erik das Vorgehen,
schüttelte gedanklich den Kopf. Wusste der Kerl denn nicht, dass man vor seinem
Volk nicht absaß, während man im Siegeszug einritt?! Noch dazu um sich mit einer
Nichtigkeit aus dem Pöbel abzugeben… mit einem dahergelaufenen Kind, dem man
lieber den Kopf abschlagen sollte für seine Dreistigkeit, das Geschehen zu
unterbrechen.
„Wo ist mein Vater, Sir?“
Erst jetzt drang die Stimme des Jungen zu Eriks
Ohren durch, erst jetzt begriff er, dass die Bewegungen der Lippen nicht sinnlos
waren, dass der Kleine nicht nur nach Luft rang, sondern schon die ganze Zeit
immer und immer wieder die selbe Frage stellte. Wahrscheinlich hatte Christen
sie schon viel früher wahrgenommen. War er deshalb ohne zu Zögern abgesessen -
um dem Kind eine nichtsnutzige Antwort auf eine solch belanglose Frage zu geben?
Und woher bildete sich der Knabe eigentlich ein,
dass jedermann wüsste, wer sein Vater war? Pah, Gesindel! Erik rümpfte die Nase,
stierte gelangweilt auf das Treiben zu seinen Füßen.
Christen hatte sich inzwischen vor den Jungen
gekniet, um ihm in die Augen sehen zu können. Doch selbst jetzt überragte er ihn
noch um einen halben Kopf.
„Wo ist mein Vater, Sir?“, versuchte der Knabe
erneut und zuckte leicht zusammen, als der Prinz ihm die behandschuhte Hand auf
die Schulter legte.
„Nenn mir den Namen deines Vaters!“, nickte
Christen dem Kind zu. Er bemerkte die Spur eines klaren Rinnsaals auf dessen
Wangen, das einen hellen Streifen in den Schmutz des Gesichtes zeichnete.
„Er… er hat versprochen, zu mir zurück zu
kommen! Er hat es versprochen!“ Wild schüttelte der Junge seinen kleinen Kopf,
presste die Augenlider zusammen und öffnete sie plötzlich in heißem Zorn.
„Ihr seid Schuld, dass
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