Ashes to Ashes (German Edition)
umgab ihn - nichts als zärtliche Stille,
deren einsames Vibrieren sich in den sachten Bewegungen der Tannenwipfel
spiegelte.
Die Bäume standen nicht dicht und bildeten
dennoch undurchsichtige Reihen, die diesen kleinen Hügel inmitten der Landschaft
hermetisch nach außen abgrenzten. In dem gefiederten Weiß ihrer Nadeln fing sich
das seichte Licht der müden Sonne, die kein Fenster in der Wolkendecke finden
konnte, um ihre satten Strahlen zur Erde zu schicken.
Es hatte begonnen zu schneien. Die großen
Flocken rieselten träge auf das Land, bedeckten es mit einer noch dickeren
Schicht von reiner Unschuld.
Christen war es egal, dass die Flocken auch auf
ihn niedergingen. Er hockte auf einem abgeschlagenen Baumstumpf in der Mitte des
Hügelplateaus, hatte die Ellenbogen auf die angewinkelten Knie gestützt und die
Hände gefaltet, um sein Kinn auf ihnen ablegen zu können.
So saß er schon eine ganze Ewigkeit -
regungslos, und starrte ins Nichts, immer geradeaus. Hin und wieder fing eine
tanzende Schneeflocke seine Aufmerksamkeit und er verfolgte sie mit seinen
tiefblauen Augen, als müsse er sie zum Schmelzen bringen, bevor sie auf die Erde
fiel und in ihrer Lebendigkeit erstarb.
Tropf, tropf. Sein Haar war bereits durchnässt.
Dort, wo es sich an seinen Nacken schmiegte, konnte er die zarten Rinnsaale des
geschmolzenen Schnees spüren, die ihm in den Hemdkragen krochen.
/Genieß deine letzten Stunden in Freiheit,
Prinzlein!/
„Ja“, seufzte er leise und lächelte befangen,
während er seine Finger in seinem dichten Haar vergrub.
„Mein Eheversprechen erdrückt mich bereits in
Gedanken, wie wird es mich dann in Wirklichkeit fesseln…“
Doch es gab einfach keinen Ausweg aus dieser
Situation. Nichts, dass ihn vor einer Heirat mit Bernadette hätte bewahren
können. Opfer mussten gebracht werden, doch bei dem Gedanken, dass er mit diesem
„Opfer“ sein ganzes restliches Leben würde verbringen müssen, keimte Übelkeit in
seinem Inneren auf und sein Magen verkrampfte sich schmerzhaft.
Vielleicht hätte er einfach fallen sollen.
Wäre es nicht so viel leichter gewesen, einfach
nicht mehr zurück zu kehren, als siegreich die Erwartungen des Volkes und die
seines Vaters auf den Schultern entgegen nehmen zu müssen?
Doch er schimpfte sich töricht bei diesem
Gedankengang. Er war so undankbar. Wenn er nicht zurückgekehrt wäre, dann… hätte
er auch nie gewusst, ob es ihm gut ging und er hätte … ihn nie wieder
sehen können.
Unser Schicksal liegt in Gottes Hand. Diese
Worte hatte er so oft aus den weichen Lippen seiner Mutter gehört, aber in
letzter Zeit fragte er sich, weshalb Gott sie auch auf Irrwege schickte, die die
Menschen in ihren eigenen Abgrund trieben. War denn alles nur eine Prüfung?
Doch Prüfungen konnten grausam sein, unendlich
grausam!
Ein heiseres Seufzen erschütterte den Prinzen
und sein warmer Atem kristallisierte in der winterlichen Luft, als er plötzlich
ein Knirschen neben seinem Ohr vernahm und eine weiche Berührung auf der
Schulter fühlte. Erschrocken wendete er seinen Blick nach rechts, nahm dann
gleich seine ursprüngliche Position wieder ein.
„Wie hast du mich gefunden?“, verlangte er mit
monotoner Stimme zu wissen, versuchte, sich dabei auf etwas anderes zu
konzentrieren als die große Hand, die noch immer auf ihm ruhte.
„Ganz zufällig kam ich auf einem freizeitlichen
Ausritt hier vorbei und dachte mir, ich könnte ein wenig Heidekraut pflücken,
bevor ich zurück zum Hof des Königs reite!“, erklang Duncans tiefe Stimme mit
einem belustigten Unterton, der sich jedoch verlor, da Christen kritisch die
linke Augenbraue anhob und den jungen Ritter abschätzig aus den Augenwinkeln
heraus anschielte.
„Das dachte ich mir beinahe schon! Dumm nur,
dass die Wiesen mit Schnee bedeckt sind und du wie ein Hund nach den Kräutern
graben müssen wirst. Doch ich bin mir sicher, es gäbe ein lustiges Bild ab. Also
tu dir keinen Zwang an…“
Mit einer ausladenden Handbewegung deutete er
über die Ebene.
„Der König schickt mich, Christen“, fuhr Duncan
schließlich ernster fort, nahm endlich die Hand von Christens Schulter.
„Und ganz zufällig wusstest du, dass du mich
hier findest?!“
„Um ehrlich zu sein, war es tatsächlich nur ein
Zufall. Ich habe vermutet, dass Ihr Euch am Fluss in der Nähe von Großmutters
Hütte aufhaltet. Dort, wo ich Euch damals nachts begegnet bin,
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