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Ashford Park

Ashford Park

Titel: Ashford Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Willig
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Ihr Kater war auch nicht gerade von Vorteil gewesen. Es war nicht etwa so, dass sie zu viel trank, sie trank nicht mehr als alle anderen, aber auf dieser Höhe hatte Alkohol eine viel stärkere Wirkung. Am besten ließen sich die Nachwirkungen zu vieler Drinks am Abend vorher damit bekämpfen, am nächsten Nachmittag so früh wie möglich wieder mit dem Trinken anzufangen. Und so weiter.
    Sie war schon schlecht gelaunt gewesen, als sie losfuhren, und die drei Stunden Fahrt in den Ort hatten es auch nicht besser gemacht. Nichts als kaltes Schweigen, das hin und wieder von einem künstlich-bemühten Kommentar über das Wetter oder einer aufgeladenen Frage unterbrochen wurde. Sie und Frederick konnten, wie es schien, überhaupt nicht mehr miteinander reden, ohne sich gegenseitig unter Beschuss zu nehmen. Sie wollte es gar nicht, doch so platzte es aus ihr heraus, jede Äußerung ein Präventivschlag, um ihn zu treffen, bevor er sie treffen konnte. Er hatte keinen Zweifel daran gelassen, was er von ihr hielt. Sie spürte es auch jetzt, in der unterschwelligen Gereiztheit, die er nur zügelte, weil Addie dabei war. Bea wusste genau, was er dachte: Wenn sie anders wäre, müssten sie jetzt nicht Miss Platt oder Mrs. Nimmo holen lassen, sondern sie selbst würde zupacken, sich Verbandszeug und Salben und abgekochtes Wasser und diesen ganzen Plunder bringen lassen.
    Wie kam sie dazu? Sie war, verdammt noch mal, für so etwas nicht ausgebildet.
    Dass Addie es war, machte es irgendwie noch schlimmer. Sie hatte ganz vergessen, dass Addie zeitweise als Krankenpflegerin während des Krieges gearbeitet hatte.
    Bea kniff die Augen gegen das blendende Licht zusammen und sagte, so freundlich sie konnte: «Ja, aber das ist doch Jahre her, und du bist unser Gast. Wir können unmöglich …»
    «Ich arbeite einmal in der Woche als ehrenamtliche Helferin im St. Mary’s Hospital», unterbrach Addie schroff. «Es ist doch besser, jetzt etwas zu tun, als auf die Gouvernante zu warten. Wenn er so schwer verletzt ist, wie es aussieht …» Sie warf einen vielsagenden Blick auf Mbugwas Gewand.
    «Schön wird das nicht werden», warnte Frederick.
    Addie brachte ihn mit einem Blick zum Schweigen, unerschütterliche Entschlossenheit von Kopf bis Fuß. «Ich habe schon Eingeweide aus einem durchgebrochenen Magen quellen sehen. So etwas ist nie schön. Habt ihr einen Verbandkasten?»
    Frederick zögerte nicht. «Was brauchst du?»
    «Das weiß ich erst, wenn ich ihn gesehen habe. Auf jeden Fall brauchen wir kochendes Wasser zum Sterilisieren. Wenn das möglich ist.»
    «So primitiv sind wir hier auch wieder nicht», sagte Bea scharf. Zu scharf. Frederick warf ihr einen ärgerlichen Blick zu. «Warum kümmerst du dich nicht um das Wasser», schlug sie ihm vor. «Ich bringe Addie zur
shamba

    «Gut», sagte er und fixierte Bea einen Moment mit durchdringendem Blick. Sie hasste es, wenn er sie so ansah. «Kochendes Wasser, Verbandkasten. Sonst noch etwas?»
    «Alkohol», sagte Bea.
    «Ach, ja!», rief Addie. «Zum Sterilisieren der Wunde.»
    «Nein, für uns.» Addie hatte nicht die leiseste Ahnung, worauf sie sich da einließ, was sie in dem Eingeborenendorf hinter dem Haus vorfinden würde. Bea umfasste die Hände ihrer Cousine, diese kleinen, eckigen Hände in den billigen Handschuhen. «Herzchen, du brauchst das nicht zu tun. Wir können Miss Platt holen oder diese fürchterliche Schottin von der nächsten Farm.»
    «Nein, nein, lass nur. Es macht mir überhaupt nichts aus.»
    Bea fühlte sich irgendwie beraubt, als Addie ihr sanft, aber unnachgiebig ihre Hände entzog. Mit einem Schulterzucken schwang sie die langen Beine aus dem Wagen. «Tu, was du nicht lassen kannst, Schatz.»
    «Man muss helfen, wo man kann.» Addie kletterte tollpatschig nach ihr aus dem Wagen. «Wer ist der Junge, der sich verletzt hat?»
    «Junge kann man ihn kaum nennen. Er muss mindestens zwanzig sein, es ist schwer zu sagen. Sie rechnen das Alter nicht von der Geburt an wie wir. Es geht nach dem Jahr der Beschneidung.»
    Addie zog die Augenbrauen hoch. «Nach dem Jahr der Beschneidung?»
    «Wenn du fragst, wie alt ein Junge ist, wird dir gesagt, dass er im Jahr der Heuschrecken beschnitten worden ist oder in dem Jahr, als der Regen ausgeblieben ist. Sie werden alle in der Pubertät beschnitten, die Jungen wie die Mädchen. Es ist ein Riesenritual, bei dem gegessen und getanzt und das Vieh geschlachtet wird. Unser Vieh», fügte Bea hinzu. «Auf wunderbare Weise

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