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Ashford Park

Ashford Park

Titel: Ashford Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Willig
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war.»
    Zwei Jahre, aber auf diesem Familienfoto sah es aus, als gehörte Granny Addie immer noch nicht dazu. Clemmie kam erst nach einer Weile dahinter, woran das lag: Addie hatte als einzige dunkle Haare. Dadurch verschmolz sie fast mit dem Gebüsch im Hintergrund. Und dass sie so weit auf der Seite stand, halb verdeckt von ihrer Cousine, machte die Sache nicht besser.
    Clemmie versuchte, sich die berühmte Bea genauer anzusehen, aber Addies Lieblingscousine hatte sich im letzten Moment umgedreht, sodass von ihr nur blonde Haare und ein verwischtes Profil zu erkennen waren.
    «Warum hast du es nicht gerahmt, Granny?» Das ganze Klavier stand voll mit Familienfotos, aber kein einziges aus der Zeit vor Kenia. «Du siehst süß aus.»
    Clemmie schob das Bild wieder in die Schublade. Darunter fand sie noch eins, eine Porträtaufnahme einer jungen Frau im Halbprofil. Ihre hellen Haare umflossen in gestylten Wellen das Gesicht, der Blick der hellen Augen war gefühlvoll in die Ferne gerichtet. Sie kam Clemmie seltsam bekannt vor, die Wangenknochen, der Schwung der Lippen. Es war, als wäre sie ihr schon früher einmal begegnet.
    «Ich hätte dir mehr erzählen sollen.» Die Stimme ihrer Großmutter war rau. Clemmie hob überrascht den Kopf. «Ich war egoistisch.»
    Clemmie legte das Bild weg und stieß die Schublade zu. «Nein. Ich war egoistisch. Immer ging es nur um mich. Nach dir habe ich nie gefragt. Obwohl ich es hätte tun sollen, schon vor Jahren.»
    Granny Addie strich ihr mit zitterndem Finger über die Wange. «Ich mag dich, weißt du das?»
    «Du musst mich mögen. Du bist meine Granny.»
    «Ich hätte dich so oder so gemocht. Du warst so ein ernstes kleines Mädchen, so fleißig. So still. Du hast mich an mich selbst erinnert», sagte sie mit einem leisen, etwas schiefen Lächeln. «Aber dein Gesicht ist ganz und gar das von Bea. Ja, seltsam, wie das Leben spielt.»
    «Ich habe Grandpas Augen», sagte Clemmie schnell. Es war eine Art Gesellschaftsspiel in der Familie, darüber zu mutmaßen, wer wessen Nase oder wessen Kinn mitbekommen hatte. Allgemein anerkannt war, dass grüne Augen von Grandpa Frederick stammten.
    «Das stimmt, ja.»
    «Hast du Grandpa in Ashford kennengelernt?», fragte Clemmie. Sie kam sich vor wie ein kleines Kind, das ein neues Wort ausprobiert. Ashford. Ash-ford.
    «Ja. Ja», sagte Granny Addie. «So ist es.»
    «Wie?», fragte Clemmie weiter «Du hast mir nie davon erzählt.» Nur Jon. Clemmie schob den nicht gerade freundlichen Gedanken weg. Was hatte er gleich wieder gesagt?
Ich habe gefragt?
Und jetzt fragte sie.
    War ja schließlich kein Wettbewerb oder so was.
    «Das ist eine ziemlich alberne Geschichte», sagte Granny Addie.
    Clemmie schob den Rollstuhl näher. «Ich mag alberne Geschichten», sagte sie ermunternd. Wie sehr sie etwas Albernheit gerade jetzt brauchte!
    «Wo fange ich an?» Granny Addie lehnte sich in ihr Kissen zurück. «Es war der Abend, an dem meine Cousine Dodo mit einem großen Ball in die Gesellschaft eingeführt werden sollte. Tante Vera hatte absichtlich ein Datum ziemlich am Ende der Saison ausgesucht. Dodos Ball sollte einer der letzten sein, damit jeder sich später an ihn erinnern würde. Nur hatte Tante Vera die Rechnung leider ohne den Wirt gemacht.»
    Obwohl das fast ein ganzes Leben her war, wirkte Granny Addie ziemlich schadenfroh, als sie sich daran erinnerte.
    «Ich nehme an, du warst kein Fan von Tante Vera?»
    «Und sie keiner von mir», sagte Granny Addie. «Tante Vera richtete den Ball in Ashford aus. Ich vermute, sie dachte, auf dem Land wäre es weniger peinlich. Dodo», sagte Granny Addie in vertraulichem Ton, «war nämlich nicht gerade der Liebreiz in Person.»
    «Mit einem Namen wie Dodo …», murmelte Clemmie.
    «Ihr richtiger Name war Diana, aber ich glaube, kein Mensch hat sie so genannt. Außer Tante Vera natürlich. Sie hatte für Spitznamen nichts übrig.»
    «Du bist also auf den Ball gegangen …», erinnerte Clemmie sie.
    Granny Addie schüttelte den Kopf. «Bea und ich durften nicht. Wir waren, wie alt waren wir? Ich dreizehn, fast vierzehn, und Bea fünfzehn, aber sie hielt sich für absolut erwachsen. Sie hat getobt.»
    «Wenn du gar nicht auf dem Ball warst, wie hast du dann Grandpa kennengelernt?»
    Granny Addies Mundwinkel zuckten amüsiert. «Das war die Schuld von Binky, der Kinderzimmermaus …»

Kapitel  5
Ashford, 1914
    D as ist gemein», rief Bea und ließ sich so heftig aufs Sofa fallen, dass aus den

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