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Ashford Park

Ashford Park

Titel: Ashford Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Willig
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waren zwei geworden und dann ein Jahr. Sie deponierte eine Zahnbürste in seinem Bad und ihre Kontaktlinsenflüssigkeit im Schränkchen unter seinem Waschbecken. Als er ihr einen Heiratsantrag machte, überreichte er ihr einen Süßigkeitenring, einem großen mit Kirschgeschmack.
    Und das ist es jetzt?, hatte sie gedacht und nicht den Ring gemeint, sondern Dan und das ganze Drumherum. Müsste sie nicht mehr empfinden? Vielleicht nicht die ganz große Leidenschaft, die in Liebesromanen versprochen wurde, aber doch so etwas wie eine tiefe Freude und Gewissheit.
    Manchmal fragte sie sich, ob die anderen alle nur Theater spielten und in Wirklichkeit fühlten wie sie und es nur besser verbargen, vor sich und den anderen. Aber dann dachte sie an ihre Großeltern, und auch wenn man die rosarote Brille und einen Hang zu selektiver Erinnerung berücksichtigte, war Grannys Gesichtsausdruck, wenn sie von Grandpa Frederick sprach, von Grandpa Frederick und dieser albernen Maus, eindeutig. Das war kein Theater.
    Wie fand man die wahre Liebe? Vorausgesetzt, es gab sie überhaupt. Alles andere in ihrem Leben hatte sie durch Arbeit oder Lernen erreichen können, aber die Liebe nicht. Sie fiel einem offenbar zu – oder auch nicht.
    Irgendwo in der Wohnung schlug eine Uhr, achtmal, dünn und blechern.
    Clemmie schob behutsam den Stuhl zurück. Ihre Großmutter schlief fest auf ihrem weißen Kopfkissen. Clemmie zog die Decke hoch und deckte ihre Großmutter zu, wie diese sie früher zugedeckt hatte.
    «Gute Nacht, Granny», sagte sie leise. «Schlaf schön.»
    Ihre Großmutter lächelte im Schlaf. Clemmie hätte gern gewusst, ob sie von Grandpa Frederick träumte.
    Vielleicht brauchte Clemmie eine Maus.

Ashford, 1914
    W enn das kein Knalleffekt war», sagte Bea mit Genugtuung. «Hast du Tante Agathas Gesicht gesehen?»
    Addie hatte nicht Tante Agathas Gesicht in Erinnerung, sondern Tante Veras. Ihr Blick hatte Mord versprochen oder zumindest grausige Vergeltung. Addie war froh, dass Folterbank und Daumenschrauben abgeschafft waren.
    Die Dienstboten hatte eine ganze Weile dazu gebraucht, wieder Ordnung herzustellen. Sie hatten nicht nur die Glasscherben auffegen, sondern auch die Damen, die in Ohnmacht gefallen waren, mit Hirschhorngeist beleben müssen. Tante Vera war mit dem Zwischenfall ganz wie die Gemahlin eines Viceroys umgegangen. Nicht einen Moment außer Fassung, hatte sie die versammelte Gesellschaft im Handumdrehen in den großen Salon getrieben, der den hinteren Teil des Hauses einnahm. Zum Tanzen war er nicht das Ideale, dazu war er zu schmal, aber dank der raschen Entfernung unnötiger Möbelstücke und der Abwanderung einiger Gäste in den Park gelang es ihr, den Eindruck zu vermitteln, alles wäre von Anfang an so geplant gewesen. Mit lächelnder Miene hatte sie hohe Amtsträger umgarnt, lästige junge Männer in Richtung Dodo geschoben und immer wieder bestätigt, ja, das sei wirklich eine höchst amüsante Einlage gewesen.
    Sie hatten das alles von Edward erfahren, der auf einen Sprung ins Spielzimmer kam, um zu berichten und sie ein wenig zu bedauern. Obwohl, ‹bedauern› war vielleicht nicht das richtige Wort.
Heilfroh, dass ich nicht in eurer Lage bin
, so hatte er es formuliert.
    Addie hätte jetzt auch lieber in fremden Schuhen gesteckt.
    «Die arme Dodo», sagte sie. «Wo sie doch so schön ausgesehen hat.»
    «Quatsch», widersprach Bea. «Es war doch ein Glück für sie. Jetzt reden die Leute bestimmt monatelang von ihrem Ball. Vielleicht sogar Jahre.»
    «Ja, aber nicht so, wie sie es sich sicher wünschen würde.» Die Tatsache, dass die arme Dodo selbst überhaupt nichts mit dem Desaster zu tun gehabt hatte, würde keine Rolle spielen. Man würde die Geschichte endlos weitererzählen, und sie würde dabei die wildesten Blüten treiben. Dodo würde bis in alle Ewigkeit die Debütantin mit der wild gewordenen Maus bleiben. Addie verknotete ihre Finger. «O Gott, ich darf mir gar nicht vorstellen, was Tante Vera jetzt mit mir macht.»
    Beas Gesicht wurde weich. «Du Arme», sagte sie. «An dich habe ich überhaupt nicht gedacht. Ich sage ihnen, dass ich schuld bin. Das stimmt ja auch.»
    Addie schüttelte den Kopf. «Das glauben sie nie. Für deine Mutter bin ich doch immer noch das Kuckucksei.»
    «Ein Kuckucksei, auf das man stolz sein kann», sagte Bea aufmunternd.
    «Im Moment nicht», entgegnete Addie bedrückt. «Deine Mutter wird sagen, ‹da sieht man’s mal wieder›. Sie wartet doch ständig

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