Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ashford Park

Ashford Park

Titel: Ashford Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Willig
Vom Netzwerk:
warm für September und noch wärmer in dem überladenen Zimmer mit den schweren Brokatvorhängen. Addie spürte, wie sich unter ihren Schulterblättern der Schweiß sammelte.
    ‹Kleine Schwätzchen› nannte Tante Vera diese wöchentliche Tortur.
Nur um zu hören, wie du vorankommst
.
    Seit Addie zu Bea gezogen war, legte Tante Vera eine ganz ungewohnte Fürsorglichkeit an den Tag. Addie konnte das nicht täuschen. Nicht ihr Leben interessierte sie, sondern allein Beas. Sie wollte wissen, wo und mit wem Bea und Marcus speisten, wen sie einluden, wie sie lebten und, das Wichtigste, ob sich bei Bea Anzeichen einer Schwangerschaft zeigten.
    Natürlich fragte sie nicht rundheraus. Nein, sie pirschte sich auf indirektem Weg heran, mit Fragen, die ganz planlos zu sein schienen, bis man plötzlich merkte, worauf sie hinausliefen. Immer war da irgendetwas, eine Kleinigkeit, die man für absolut harmlos hielt, bis Tante Vera sich ruckartig vorbeugte und Addie mit dem gleichen Blick durchbohrte wie damals, als Addie ihr erklärt hatte, sie wolle später einmal ein Igel werden.
    Addie hatte hinterher jedes Mal ein schlechtes Gewissen und war sicher, dass sie Bea in den Rücken gefallen war, obwohl sie gar nicht wusste, welche Geheimnisse sie vor Beas Mutter hüten sollte.
    Tante Vera nahm sich einen der kleinen Kuchen vom Tablett und leckte sich mit der Unbekümmertheit derer, die überzeugt waren, die Formen zu kennen und sie deshalb verletzen zu dürfen, den Guss von den Fingern. «Wann reisen sie nach Haddleston?»
    Haddleston war einer der Landsitze, die Marcus’ Familie gehörten. «Ich weiß nicht. Das heißt, ich glaube, sie haben gar nicht vor, dorthin zu fahren», ergänzte sie. «Jedenfalls weiß ich nichts davon.»
    Ihr Korsett und der Sessel ächzten, als Tante Vera sich vorbeugte. «Lady ffoulkes hat mir erzählt, dass ihre Töchter hinfahren.»
    Wenn Lady ffoulkes das gesagt hatte, würde es wohl stimmen. Bea würde nicht begeistert sein. Sie hatte für Lavinia ffoulkes und ihre jüngere Schwester Bunny nicht viel übrig. Und hatte noch weniger für sie übrig, seit Marcus angefangen hatte, sie zu diesen Gesellschaften nach Haddleston einzuladen, die sich über Tage hinzogen, gewöhnlich von Samstag bis Montag, manchmal aber auch von Freitag bis Dienstag oder sogar Mittwoch.
    Manchmal kam Bea mit dem Automobil nach. Zu anderen Zeiten hörte Addie aus Beas Boudoir Füßestampfen und laute Stimmen, wenn Marcus nach Hause kam. Tante Vera brauchte davon nicht zu wissen und auch nicht von den leise geführten Telefongesprächen, dem Geruch von Zigarettenrauch und der Grammophonmusik aus dem Garten, wenn das ganze Haus längst schlief.
    «Vielleicht haben sie mich nur nicht eingeladen», meinte Addie, bemüht, einen Scherz daraus zu machen.
    «Das sollte mich nicht wundern», versetzte Tante Vera gereizt. «Sitz gerade, Kind. Du bekommst noch einen Buckel.»
    Addie setzte sich so ruckartig aufrecht, dass ihre Teetasse in der Untertasse klirrte.
    Tante Vera seufzte.
    «Dodo war letzte Woche zu Besuch da», sagte Addie entgegenkommend. Das war doch sicher unverfänglich genug. «Sie brauchte Verschiedenes von Fortnum’s, deswegen ist sie selbst gekommen.»
    «Ich weiß», erwiderte Tante Vera unwirsch. «Ich habe sie getroffen. Sie ist braun wie ein Mohr. Und diese Kreatur, die sie geheiratet hat …» Sie brach ab, als sie sich ihrer eigenen gesellschaftlichen Verhaltensregeln besann. Er war immerhin ein Graf, wenn auch ein irischer.
    «Sie machen einen sehr glücklichen Eindruck», sagte Addie. Der betreffende Graf war zehn Jahre älter und einen Kopf kleiner als Dodo, aber das fiel nicht auf, wenn er im Sattel saß. Dodo jedenfalls schien sich nicht daran zu stören. Sie liebte ihren Mann wie nie jemanden zuvor, soweit Addie das beurteilen konnte.
Der beste Sitz, den ich je bei einer Frau gesehen habe
lautete das etwas derbe Urteil des Grafen über seine Angetraute, aber jeder konnte sehen, dass er sie anbetete. Sie lebten die eine Hälfte des Jahres in Irland und die andere in Melton, und Dodo schien auf ihre eigene, nie auf Wirkung bedachte Art glücklicher, als Addie sie je erlebt hatte.
    Es war ein wenig peinlich gewesen, als sie in der letzten Woche zum Tee gekommen war, so strahlend glücklich, wo Bea und ihr Marquis doch so offensichtlich gar nicht glücklich waren.
    «Von wegen ‹glücklich›», sagte Tante Vera spöttisch. «Was bist du doch für ein Kind.»
    Wenigstens, dachte Addie, schien der Spott

Weitere Kostenlose Bücher