Ashton, der Heißbluetige
gewesen, als die Mitleid erregende Dankbarkeit für den verschlissenen Tartan seiner Mutter sie ihren natürlichen, mehr als gerechtfertigten Abscheu vor ihm hatte vergessen machen und sie ihm flüsternd gedankt und ihn am Arm berührt hatte. Er konnte die Berührung immer noch so deutlich spüren, als hätten sich ihre Finger dort in sein Fleisch gebrannt.
Wie ein Fieber, das nicht sinken wollte, lebte sie in ihm, untergrub seinen Entschluss und verspottete seine Absichten. Seine ganze Aufmerksamkeit sollte allein der Aufgabe gewidmet sein, genug Geld zu gewinnen, um seinen Bruder auslösen zu können. Aber er war hier, auf der Suche nach Hinweisen, warum Carr ihn geschickt hatte, sie herzubringen.
„Nicht Fia. Mein neues Mündel.“
„Donne hat um Rhiannon Russell angehalten?“ fragte Ash undeutlich, die Weinflasche in Augenhöhe haltend und untröstlich den nur noch drei Finger hoch stehenden Inhalt betrachtend.
„Noch nicht“, antwortete Carr. „Aber er verfolgt das Mädchen auf Schritt und Tritt, sagte man mir. Hat man dir nicht davon erzählt?“
Nein, das hatte man nicht, und dabei hätte er es erfahren sollen. Er zahlte gutes Geld für Informationen über Rhiannon Russell und erhielt ausführliche Berichte für seine Münzen: um welche Stunde sie aufwachte, welche Kleider sie trug, welche Bücher sie las. Aber nicht, dass Donne ihr den Hof machte. Ash zuckte unverbindlich mit den Schultern.
„Warum solltet Ihr Rhiannon Russell loswerden wollen?“ erkundigte er sich, als wäre ihm der Gedanke gerade erst gekommen. „Ihr habt mir doch eben erst einen Sack voll Geld dafür gezahlt, dass ich sie herbringe. Das ergibt keinen Sinn.“
„Man kann nie zu vorausschauend sein“, bemerkte Carr mit seidenglatter Stimme. „Ich gehe lediglich alle Möglichkeiten durch, die mir offen stehen.“
„Ihr habt nie einen Brief begonnen, von dem ihr nicht schon wusstet, wie die letzten Worte lauten“, erwiderte Ash. „Darum frage ich mich, was hattet Ihr vor, als Ihr mich geschickt habt, Rhiannon Russell zu holen?“
Ihre Blicke trafen sich. „So viel Nachdenken, Merrick? Wie kommt das?“
Aber Ash hatte einen Riss in Carrs Hülle gefunden. Er kannte dessen Taktiken, er würde sich nicht durch seine Fragen ablenken lassen. „Was wollt Ihr mit Rhiannon Russell?“ hakte er, seinen Vorteil verfolgend, nach.
Carr nahm gelassen Platz, strich umständlich den Seidenstoff seiner Culottes glatt, bevor er zu einer Antwort ansetzte. „Bis vor kurzem wusste ich wirklich nicht, wo sie war“, erklärte er mit gelangweilter Stimme. „Ein Mann hat ihren Namen erwähnt und sagte, sie lebe in seinem Dorf. Ich habe ihn wieder erkannt und fragte ihn nach ihr. Es stellte sich heraus, dass sie das Mädchen war, das mein Kammerdiener vor Jahren von der Türschwelle meines Stadthauses in London verwiesen hatte.“
Ash stieß ein hässliches Lachen aus. „Versucht nicht, mir weiszumachen, Euer Gewissen habe Euch deswegen geplagt.“ „Natürlich nicht“, versetzte Carr mit kurz aufflackerndem Ärger. „Man sagte mir, sie sei hübsch. Ich wusste, sie war die Letzte einer einst wohlhabenden Familie. Ich vermutete, dass sie die Erbin des Familienschmuckes und des Geldes, das ihre Familie rechtzeitig auf die Seite bringen konnte, wäre. Ich habe darauf spekuliert.“
„So einfach?“ Ash nahm einen weiteren Schluck Wein. „Faszinierend. Bitte fahrt fort.“
„Der Rest ist im Nachhinein uninteressant. Aber zu meiner eigenen Verteidigung, bedenke, dass ich mich gezwungen sah, rasch etwas zu unternehmen. In der Hoffnung, irgendeinen Burschen vom Land daran zu hindern, sich ihre Erbschaft anzueignen, indem er das Mädchen heiratet, habe ich dich nach ihr geschickt. Und Merrick . ..“ Er blickte von seinen üppig beringten, blassen Händen auf. „. . . wären die Umstände anders gewesen und Miss Russell tatsächlich eine reiche Erbin, dann wäre ich alles andere als begeistert gewesen, wärest du mit den Neuigkeiten hierher zurückgekehrt, dass sie geheiratet hätte.“
Doch Ash war mehr daran interessiert, wie viel Carr ihm soeben verraten hatte. Zu viel. Der Earl erklärte niemals irgendjemandem etwas. Was davon waren Lügen und was einfach Irreführung?
„Leider“, fuhr Carr fort, „besitzt die Kleine keinen Heller. Sie ist völlig mittellos. Wie du sicher weißt.“
„Ja.“ Ash wischte sich mit dem Ärmel den Wein von seinem Mund. „Wer, sagtet Ihr, war es, der Euch erzählt hat, dass sie in Fair Badden
Weitere Kostenlose Bücher