Ashton, der Heißbluetige
„Aber ich versichere Euch, ich bin es, der um Verzeihung bitten muss. Ob Ihr es glaubt oder nicht, ich habe es mir nicht zur Gewohnheit gemacht, hübsche junge Damen, die mich wecken, zu erwürgen.“
„Ihr hattet. . .“
„Es gibt keine Entschuldigung für mein Verhalten. Selbst im Schlaf sollte man seine Manieren nicht vergessen, und ich denke mir, eine Dame zu erdrosseln würde ganz gewiss als ein Verstoß gegen die guten Sitten angesehen werden. Meint Ihr nicht auch?“
Sie runzelte leicht die Stirn. „Ja“, sagte sie. „Vermutlich schon.“
„Wo ist Euer Verlobter?“ Er wich dem verführerischen Braun ihrer Augen aus.
„Er ist gegangen.“ Sie begann sich so unbekümmert, als wäre nichts geschehen, Gras und Zweige von ihren Röcken zu klopfen.
„Ohne Euch zu Mrs. Fraiser zurückzubringen?“
„Phillip wusste, dass Ihr hier wart“, erwiderte sie. „Und ein paar seiner Freunde wollten sich mit ihm im ,The Ploughman's Inn‘ treffen. Er wollte sie nicht warten lassen.“ Nur ein Narr, dachte er, würde sie zurücklassen, um die Gesellschaft aufgeblasener junger Männer zu suchen.
„Oh?“ Der Anblick ihrer schmalen, gebräunten Finger, mit denen sie sich Blätter aus den Haaren kämmte, fesselte seine Aufmerksamkeit. Ihr Haar hatte sich gelöst und fiel ihr in sanften Wellen auf die Schultern. Hatten es seine Hände zerzaust? Oder Phillips?
„Sie wollen Karten spielen“, fuhr sie fort. „Oh, ja. Er hat mich gebeten, Euch auszurichten, dass Ihr eingeladen seid, Euch ihnen anzuschließen.“
Kartenspiel? Fieberhaft bemühte sich Ash, seine Gedanken zu sammeln. Reiche, gelangweilte junge Männer trafen sich, um ihre Monatswechsel zu verspielen. Sie wünschten seine Gesellschaft. War es nicht genau das, worauf er gehofft hatte? Sie konnten sich gewiss leicht dazu verleiten lassen, um höhere Einsätze zu spielen, und er konnte vielleicht doch noch diesem Ausflug etwas abgewinnen . . . außer unerwünschter Leidenschaft.
7. Kapitel
„Mir fehlt London schrecklich“, erklärte Edward St. John gedehnt. „Es steht völlig außer Zweifel, dass ich zur Saison dorthin zurückgehen werde. Ein Jahr scheint mir eine verflucht lange Zeit auf dem Lande. Du hattest deine Saison doch schon, Phillip. Hast eine ganz schöne Packung abbekommen, glaube ich. “ Er gab sich freundlich, aber seine Worte waren nicht ohne Spitze.
Phillip errötete leicht und stürzte den Rest seines Ale hinunter. Er wischte sich den Mund an seinem Ärmel ab und bedeutete Andrew, dem Sohn des Wirtes, seinen Krug wieder aufzufüllen. „Ja.“
Edward wandte sich zu Ash um. „Ich habe Euren Vater kennen gelernt, müsst Ihr wissen“, sagte er. „Genauer gesagt, habe ich vor ein paar Jahren zwei Wochen auf Wanton's Blush verbracht. Ein faszinierender Mann, Euer Vater.“
Sie saßen alleine im einzigen Privatzimmer, dessen sich „The Ploughman's Inn“ rühmen konnte. Die anderen Mitglieder ihrer Gruppe waren bereits gegangen. Nur Phillip Watt, John Fortnum, St. John und Ash waren geblieben.
„Tatsächlich“, murmelte Ash unverbindlich. Er war nicht überrascht, dass St. John seinen Weg nach Wanton's Blush gefunden hatte. Er wettete auffallend unvorsichtig und hemmungslos. Ein Einfaltspinsel mit einer derart prall gefüllten Börse wie St. John war gewiss nicht Carrs weit umherschweifendem Blick entgangen.
„Was für ein würdiges Ende einer großartigen Saison.“ St. John sah sich um, um sich zu vergewissern, dass seine Zuhörerschaft geziemend beeindruckt war. Als keiner antwortete, strich er das Geld von der Mitte des Tisches in seine Tasche.
Ash streckte ein Bein von sich, während er im Geist die Juwelen zählte, mit denen St. Johns ausgezeichnet gearbeiteter grüner Seidenrock über und über besetzt war. Es war bemerkenswert, dass St. John seinen Besuch auf McClairen's
Isle anscheinend unbeschadet überstanden hatte. Das gelang nur wenigen.
„Leider weiltet Ihr bedauerlicherweise zu jener Zeit nicht ebenfalls dort.“ Das bösartige Funkeln in seinen Augen verriet Ash, St. John war sich der Tatsache nur zu bewusst, dass er während dieser Zeit in einem französischen Kerker gesessen hatte.
„Ich war an anderer Stelle unabkömmlich. Oder besser gesagt, man hatte mich unabkömmlich gemacht.“
St. John brach in lautes Gelächter aus, und Phillip runzelte die Stirn, verärgert darüber, von dem Scherz ausgeschlossen zu sein. Männern wie St. John gefiel es immer, andere auszuschließen. Müde wartete Ash
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