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Asperger - Leben in zwei Welten

Asperger - Leben in zwei Welten

Titel: Asperger - Leben in zwei Welten
Autoren: Christine Preißmann
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Arbeitsstelle zu finden, sehr gering.
    Diese schwierige Situation erklärt die Tatsache, dass die meisten autistischen Menschen Unterstützung im Bereich Arbeit und Beruf für sich als sehr wichtig erachten (Preißmann 2007). In diesem Kapitel kommen exemplarisch zwei Menschen mit Asperger-Syndrom zu Wort, die über sehr unterschiedliche Berufswünsche und -vorstellungen berichten, ein junger Mann mit mittlerem Bildungsabschluss und eine Frau mit abgeschlossenem Hochschulstudium. Ihre Berichte sollen die Vielfalt an Möglichkeiten auch für autistische Menschen aufzeigen, aber sie sollen auch dokumentieren, wie viele unterschiedliche Faktoren zu beachten sind und wie wichtig es ist, die Hilfsmaßnahmen individuell anzupassen, um zum Erfolg zu kommen.
    Autistische Menschen erhoffen sich insbesondere Unterstützung beim Knüpfen von Kontakten zu potenziellen Arbeitgebern und beim Finden einer für sie geeigneten Arbeitsstelle. In mancher Hinsicht sind sie auch nahezu perfekte Arbeitnehmer. Sie sind in der Regel pünktlich und zuverlässig, legen keinen großen Wert auf häufige gemeinsame Pausen mit Arbeitskollegen, sondern bleiben lieber an ihrer Arbeit.
    Oft wollen sie dabei ein akkurates und bestmögliches Ergebnis erzielen. Häufig werden aber ihre Fähigkeiten durch die bestehenden Defizite z. B. im sozialen und kommunikativen Bereich überlagert, sodass es oft gar nicht gelingt, die bestehenden Ressourcen zu erkennen und zu fördern.
    Die Tatsache, nicht gebraucht zu werden, bedeutet für viele Menschen, die von Arbeitslosigkeit betroffen sind, Frustration und Depression. Für Menschen mit Autismus verschärft sich diese Situation noch, da sie nicht über adäquate Kompensationsmöglichkeiten in Freizeit oder Privatleben verfügen. Sie haben meist keine Möglichkeit, Verständnis und Unterstützung in einer funktionierenden Partnerschaft zu erhalten. Ein Leben ohne äußere Struktur durch die tägliche Arbeit ist für sie oft mit Langeweile verbunden, die in der Regel dazu führt, dass sie sich verstärkt ihren Spezialinteressen widmen und in Stereotypien verfallen, da ihnen die Anregung fehlt, was sie stattdessen tun könnten. Dies beschreiben sowohl Nicole Höhlriegel als auch Kilian Sterff in ihren Texten.
    Mein Weg zum Mediengestalter in Bild und Ton
    Kilian Sterff
    Meine Suche nach einer Berufsausbildung war ein sehr langwieriges Unterfangen, bei dem ich viel Glück hatte. Ich habe mehrmals die richtigen Leute zur richtigen Zeit getroffen, die mir weiterhelfen konnten, bis ich schließlich einen Ausbildungsplatz bekam. Es waren allerdings auch viel Unsicherheit und Angst vor der Zukunft dabei, weil es lange Zeit keine feste Perspektive für mich gab, sondern nur viele Empfehlungen für diverse Praktika.
    Zu Beginn der zehnten Klasse im Gymnasium war abzusehen, dass ich es bis zum Abitur nur mit extremem Aufwand meinerseits und meiner Eltern schaffen würde. Intelligent genug wäre ich gewesen, aber ich hatte große Probleme mit »sozialen« Fächern wie Geschichte, Sozialkunde und auch Wirtschafts- und Rechtslehre, weil ich all die Zusammenhänge nicht einordnen und nachvollziehen konnte. Ich war zudem noch recht verträumt in meiner eigenen Welt und zeigte nicht immer von mir aus Interesse für neue, mir unbekannte Dinge. Textverständnis war schon immer eine gewisse Schwäche von mir, weil ich einen Text als solchen zwar lesen kann, ihn aber inhaltlich oft nicht verstehe, wenn ich nichts damit verbinde. Meine Eltern und ich hätten auf jeden Fall sehr viel Mühsal gehabt, bis ich vielleicht das Abitur erreicht hätte.
    Mein Spezialinteresse war seit meinem siebten Lebensjahr alles, was mit der Bearbeitung von Bild und Ton zu tun hatte. Es kamen also nur Berufe wie Cutter, Kameramann oder Tontechniker infrage.
    Wir hatten aber schon vorher den Entschluss gefasst, dass ich nach der Mittleren Reife die Schule verlassen würde. Ich war fasziniert von Videoschnitt und Tonbearbeitung, kurzum allem, was irgendwie mit der Bearbeitung von Bild und Ton zu tun hatte. Das war seit meinem siebten Lebensjahr mein Spezialinteresse, dem ich mich mit autismuseigener Ausschließlichkeit hingab. Ich besaß eine digitale Videokamera und einen Computer mit Schnittsoftware und beschäftigte mich mit der Erstellung und Bearbeitung von Videos. Bei der Frage nach dem Berufswunsch kamen wir daher immer mehr zu
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