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Asperger - Leben in zwei Welten

Asperger - Leben in zwei Welten

Titel: Asperger - Leben in zwei Welten
Autoren: Christine Preißmann
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seine Missachtung ihm gegenüber zum Ausdruck bringt. Manche Lehrkräfte bestärken zudem die mobbenden Schüler eher in ihrem Verhalten, als dem Opfer zu helfen. So berichteten die Eltern eines Jungen mit Asperger-Syndrom von einem Mitschüler, der ihren Sohn mit einem brennenden Feuerzeug bedrohte. Der autistische Junge erzählte seinen Eltern später, er habe gedacht, nun sterben zu müssen. Die befragte Lehrerin kommentierte auf Nachfrage, das sei doch nur ein harmloser Schülerstreich gewesen… (Weber u. Bülow 2009, 195). Demütigungen durch Lehrer schließlich sind ein besonders erschreckendes Kapitel der Pädagogik und können weitreichende Folgen für den Schüler haben. Ich musste beispielsweise im Fach Deutsch oder auch in den Fremdsprachen meine Aufsätze laut vorlesen, allerdings nicht, weil sie als Vorbild dienen sollten, sondern als »abschreckende Beispiele«. Das hat mich selbstverständlich gekränkt.
Mobbing erkennen
    Für Eltern und Lehrer von Schülern mit Autismus-Spektrum-Störung ist Mobbing oft noch schwerer zu erkennen als bei anderen Kindern. Meist berichten die Kinder von selbst nur wenig von ihren Erlebnissen, auch deswegen, weil ihr Tag ausgefüllt ist mit verwirrendenEindrücken und sie nicht einschätzen können, was davon für die Umgebung interessant sein könnte.
    Man muss daher sehr aufmerksam beobachten, auch auf Kleinigkeiten achten und aktiv nachfragen. Mögliche Hinweise können sein:
kleinere Verletzungen;
zerrissene oder stark verschmutzte Kleidung;
Resignation, Verzweiflung oder Zeichen einer Depression;
speziell bei Schülern mit Asperger-Syndrom bemerkten Experten außerdem in vielen Fällen eine Änderung der Spezialinteressen, auffällig erschien ihnen hierbei besonders die sich entwickelnde Vorliebe für Waffen, Kampfkunst oder Gewaltfilme, insbesondere für solche Filme, bei denen Vergeltung und Rache im Vordergrund stehen;
das Nachahmen des Verhaltens der Klassenkameraden, wenn die betroffenen Kinder beispielsweise mit ihren Geschwistern spielten. Es war ihnen dabei nicht bewusst, dass dieses Verhalten nicht akzeptabel war, sie wiederholten einfach nur das, was sie in der Interaktion mit Gleichaltrigen erlebt hatten (Attwood 2008, 130).
Mögliche Folgen und Maßnahmen
    Die psychosozialen Folgen eines regelmäßigen Mobbings können oft jahrelang andauern. Sie stellen einen entscheidenden Faktor dar für die Entstehung von Angststörungen und Depressionen mit teils erheblicher Suizidalität. Menschen mit Asperger-Syndrom sind häufig bis ins Erwachsenenalter hinein mit der Frage beschäftigt, warum sie so oft zur Zielscheibe für andere Kinder wurden. Oftmals gehen sie die erlebten Situationen immer wieder in Gedanken durch, weil sie sich dadurch Antworten erhoffen, und durchleiden die Kränkungen und Demütigungen somit immer wieder aufs Neue. Sie benötigen dann nicht selten therapeutische Unterstützung, um die Erlebnisse verarbeiten und damit abschließen zu können.
Therapie
    Eine Therapiemaßnahme ist eine Möglichkeit der Unterstützung von betroffenen Schülern. Es kann dann versucht werden, beispielsweise mithilfe von Comic-Geschichten (Gray 1998) Zugang zu den Gedanken, der Gefühlswelt und den Interaktionsmustern des Betroffenen zu gewinnen und auf diese Weise alternative Strategien zur Problemlösung zu finden.
Mitschüler als »Pate«
    Vielleicht ist es außerdem möglich, einen Mitschüler, der über ein gutes Gefühl für soziale Gerechtigkeit und ein natürliches Selbstbewusstsein verfügt, als »Paten« für den autistischen Klassenkameraden zu gewinnen. Es wäre sehr hilfreich, wenn der Betroffene auf diese Weise einen Ansprechpartner für seine Fragen und Nöte finden könnte. Diese Erfahrung beschreibt auch Marco Hoppe in seinem Bericht.
Landkarte der sicheren Orte
    Sinnvoll kann auch das Erstellen einer «Landkarte der sicheren Orte« (Gray 2004) sein. Hierbei soll der Schüler mit Asperger-Syndrom zunächst die Orte identifizieren, an denen erbesonders stark der Gefahr des Mobbings ausgesetzt ist, um diese künftig meiden zu können, und anschließend Orte benennen, die ihm Schutz und Sicherheit bieten und an denen er sich bevorzugt aufhalten sollte. Häufig ist Mobbing in der Schule an abgelegenen Stellen des Schulhofes anzutreffen, in Fluren, im Sportunterricht und
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