Asperger - Leben in zwei Welten
Also schnappte ich mir noch zwei weitere Blusen, die in der Nähe hingen, nahm sie mit hinein und hängte sie neben das Kleidungsstück, das ich anprobieren wollte. Ich war ganz zufrieden, die Situation so für mich gelöst zu haben. Die Bluse gefiel mir, und so wollte ich damit zur Kasse gehen. Allerdings kam mir eine Verkäuferin entgegen und fragte, ob etwas gepasst hätte. Ich antwortete ihr leider mal wieder viel zu ehrlich und erklärte, eine Bluse hätte gepasst, die wollte ich nehmen, über die beiden anderen jedoch könnte ich nichts sagen, die hätte ich sowieso nicht gewollt. Es kam also so, wie es wohl kommen musste. Sie fragte, weshalb ich sie denn dann probiert hätte, ich erwiderte, ich hätte das nicht getan. Sie fuhr fort, aus welchem Grund ich sie dann mit in die Kabine genommen hätte, sodass ich es ihr erklärte. Dann sah sie mich eine Weile an und hielt mich vermutlich für blöd, aber immerhin erklärte sie mir, wie die Worte auf dem Schild tatsächlich gemeint waren. Ich schämte mich und trottete hinter ihr her zur Kasse. Dort wollte ich mit meiner EC-Karte bezahlen, dummerweise jedoch ist hier mein Name mit Doktortitel aufgeführt. Die Verkäuferin sah mich wieder an und verlangte einen Ausweis. Ich gab ihn ihr und konnte dann endlich meine Bluse mitnehmen. In der letzten Zeit jedoch vermied ich es sicherheitshalber, dieses Geschäft erneut zu betreten.
Gesellschaftliche Integration autistischer Menschen
Viele Menschen mit Autismus fühlen sich »fremd auf dieser Welt«, sie gehören nicht dazu. Die schulische und mit Abstrichen auch die berufliche Integration der Betroffenen sind in der letzten Zeit zunehmend Themen bei Fachveranstaltungen, die gesellschaftliche Teilhabe dagegen wird bislang in der Regel noch sehr wenig betrachtet.
Die Einbeziehung in die Gesellschaft stellt vermutlich die gröÃte Herausforderung dar im Hinblick auf eine Integration autistischer Menschen. Es sind viele verschiedene Punkte zu berücksichtigen, in denen die Betroffenen in jeweils unterschiedlichem Ausmaà beeinträchtigt sind. Dazu gehören Mobilität, Zugang zu Medien, Wissenschaft, Politik und dem Gesundheitssystem oder Angebote zur Entwicklung der eigenen Persönlichkeit.
Desinteresse oder Ablehnung sind häufig
Auf die speziellen Vorlieben autistischer Menschen und ihre oft skurrilen Ausnahmebegabungen reagieren andere oft im besten Fall mit Gleichgültigkeit und Desinteresse, häufiger jedoch mit Unverständnis und Ablehnung. Dies erhöht nicht nur das Ausmaà an sozialer Isolation, sondern führt auÃerdem auch zu mangelnder Akzeptanz. Im Freizeitbereich kommt insgesamt die Andersartigkeit autistischer Menschen besonders zum Ausdruck, vieles an ihnen erscheint fremd und rätselhaft, weshalb sich soziale Ablehnung durch Altersgenossen vor allen Dingen auf diesem Gebiet zeigt.
Es braucht Informationen und Aufklärung
Der Mensch aber braucht neben Schutz und Rückzugsmöglichkeit auch die Gemeinschaft mit anderen und den sozialen Austausch. Wichtig sind daher Information und Aufklärung. Die Ãffentlichkeitsarbeit muss verstärkt werden, um in Schulen, Betrieben und der Gesellschaft Informationen zu bieten über die Vielfalt der autistischen Störungen und die speziellen Bedürfnisse der betroffenen Menschen, aber auch über ihre Schwierigkeiten, insbesondere im sozialen Kontakt, über häufige Auffälligkeiten und die mögliche Wirkung auf das Gegenüber. Informationen darüber, dass es in der Regel kein böser Wille ist, der die Betroffenen auf ihre spezielle Art und Weise mit der Umgebung in Kontakt treten lässt, sondern dass sie oftmals gar nicht in der Lage sind, diese ihre Verhaltensweisen zu reflektieren und den jeweiligen Erfordernissen anzupassen.Daraus folgt, dass es ihnen häufig nicht auf Anhieb gelingt, auf andere Menschen freundlich und liebenswürdig zu wirken.
Genauso wichtig ist es, im jeweiligen Umfeld Lehrer, Mitschüler, Arbeitskollegen, Vorgesetzte, Nachbarn, Freunde usw. zu informieren, um ein Verständnis zu ermöglichen und gemeinsam nach Lösungen für schwierige Situationen zu suchen. Dabei ist natürlich vorher zu überlegen, wie sinnvoll es ist, wahllos alle auch nur flüchtigen Bekannten einzuweihen. Diese Erfahrung musste auch Simone Pinke machen, als sie der Hausgemeinschaft von der Diagnose berichtet hatte, wie sie in ihrem
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