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Asperger - Leben in zwei Welten

Asperger - Leben in zwei Welten

Titel: Asperger - Leben in zwei Welten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Preißmann
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berücksichtigt werden muss. Andererseits kann auch das Leben in einer überschaubaren Stadt mit ihren kulturellen Möglichkeiten für manche autistische Menschen sinnvoll sein.
Wohnungssuche: Deutlich wird bei der Vorstellung der verschiedenen Wohnungen von Frau Höhlriegel, wie wichtig es ist, bei der Wohnungssuche nicht allein gelassen zu werden. Eine Bezugsperson als Begleitung hätte sicher die eine oder andere Wohnung von vornherein ausgeschlossen und damit manches Chaos verhindert.
Freizeitangebote: Diese können den autistischen Menschen einerseits unterstützen, seine Zeit sinnvoll und angenehm zu nutzen, sie sollten aber auch das Ziel verfolgen, auf Wunsch Kontakte zu anderen Menschen zu knüpfen und am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.
Notwendige Dinge erledigen und einkaufen
    Ein für autistische Menschen oft schwieriger Bereich betrifft notwendige Besorgungen, Erledigungen und Einkäufe. Hier brauchen sie oft Hilfe. Auf der einen Seite besteht die Schwierigkeit, unter dem doch meist recht großen Angebot das Passende herauszusuchen, sodass das Einkaufen oft viel Zeit in Anspruch nehmen kann. Wenn dann das übliche oder erwartete Produkt gerade nicht vorrätig ist, kann das zu ernsten Schwierigkeiten führen. Zudem konnten viele Betroffene noch kein Gespür dafür entwickeln, was zu ihnen passen und welcher Stil für sie geeignet sein könnte. Während andere Menschen sich dies spätestens im Jugendalter durch Imitation oder Ausprobieren meist »nebenher« aneignen, brauchen Menschen mit Autismus oft insbesondere in Fragen von Kosmetika oder Bekleidung Beratung und Hilfestellung. Insgesamt scheint es so, dass sie deutlich später als andere Menschen ihren eigenen Stil entwickeln, was auch Nicole Höhlriegel bei sich beobachtet hat.
    Manches wirkt auf den ersten Blick reichlich ungewöhnlich und bizarr und ergibt erst dann Sinn, wenn man nach den Hintergründen fragt. Dann wird immer wieder deutlich, dass man auch bei erwachsenen Menschen viele Dinge nicht einfach als bekannt voraussetzen darf, die für andere Leute ganz selbstverständlich sind. Aber man darf dann auch die Erfahrung machen, dass sich mit etwas Unterstützung auch noch in späteren Jahren die Kenntnisse und Fertigkeiten deutlich verbessern lassen, wenn man die Betroffenen in Fragen der Lebensgestaltung nicht einfach sich selbst überlässt.
Oft wünsche ich mir einen »Coach« für mein Leben
    Viele Menschen mit Autismus erhoffen sich konkrete Unterstützung bei Alltagsschwierigkeiten, und auch ich stelle mir oft so etwas wie einen »Coach« für mein Leben vor, der mir in verschiedenen Situationen helfen könnte. Viele Dinge sind mir nicht klar, manche Situationen überfordern mich, und oft habe ich das Gefühl, dass ich mit nur geringer Unterstützung in solchen Momenten deutlich besser zurechtkommen könnte. So habe ich innerhalb weniger Monate insgesamt etwa vierzig Kilogramm abgenommen, ohne vorherige Ankündigung, ohne wesentliche Schwierigkeiten und allein deshalb, weil ich es so wollte. Heute weiß ich, ich hätte das viel früher tun können, aber mir war nicht klar, dass ein solcher Gewichtsverlust allein durch eine verringerte Nahrungsaufnahme und mehr Bewegung möglich sein könnte. Andere Menschen reden ja immer von abscheulich klingenden Diätmaßnahmen, und da ich bei der Auswahl der Speisen, die ich zu mir nehme, sehr wählerisch bin, konnte ich mir nie vorstellen, irgendwelche Spezialdiäten auszuprobieren. Und nun ergeben sich für mich immer neue Schwierigkeiten. Sohabe ich jetzt eine Kleidergröße, die es mir ermöglicht, nahezu überall einzukaufen, was mich völlig überfordert.
    Beim Einkaufen gibt es immer wieder schwierige Situationen, die sich im Nachhinein teilweise recht amüsant darstellen. Ich habe lange ausschließlich aus Katalogen bestellt und bin erst kürzlich dazu übergegangen, auch mal ein paar Kleidungsstücke in Fachgeschäften einzukaufen. Ich kenne mich also noch nicht groß aus in diesem Bereich. In einem Kaufhaus fand ich eine Bluse, die mir gefiel, und wollte sie anprobieren. Dann las ich jedoch das Schild «Bitte nur drei Teile mit in die Kabine nehmen« und überlegte einen Moment. Ich interpretierte es falsch und dachte, ich müsste genau drei Teile mitnehmen, nicht maximal drei, auch wenn mir der dahintersteckende Sinn nicht klar war.

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