Asperger - Leben in zwei Welten
Operation nicht he rumkommen würde. Meine Eltern wollten von meinen ganzen neuen Erkenntnissen leider nichts hören. Es wurde zu meinem Spezialinteresse und beanspruchte zu diesem Zeitpunkt wirklich fast jede Minute meines Tages. Und andere Leute können einfach so viel »Spezialinteresse« nicht gut verkraften.
Ein Aufsägen meines Kopfes war unausweichlich. Ich fand es ehrlich gesagt extrem spannend. Meine Mutter bekam einen Schreck.
Kurze Zeit darauf meldete sich das Krankenhaus, zu dem ich inzwischen einmal selbst hingefahren war, um mir die Ãrtlichkeit anzusehen â ich will das ja vorher wissen. Alles was nicht mehr ganz fremd ist, macht nicht mehr so viel Angst. Ich bekam also einen Termin für die stationäre Aufnahme und kam dann in ein Zweibettzimmer. Die Betten funktionierten elektrisch, was auf einer neurologischen Station durchaus sinnvoll ist. Dort lernte ich als Erstes, dass man nachts Ohrenstöpsel braucht, weil es völlig gleichgültig ist, wie jung oder alt die Zimmergenossin ist â nachts schnarchen sie alle. Ich lernte, nachts mit meinen Eigengeräuschen (Atmung, Herzschlag, Blutfluss) einzuschlafen, aber alle fremden Geräusche per Ohrenstöpsel auszuschlieÃen. Ohrenstöpsel waren dort für mich überlebenswichtig.
Ich war nur enttäuscht, dass die Operation nicht bei Bewusstsein gemacht würde, da ich doch gerne währenddessen meine Reaktionen getestet hätte.
Zuerst wurde eine diagnostische Darstellung der HirngefäÃe dieses Kopfbereiches gemacht. Das war spannend. Unangenehmer war die Untersuchung per Ultraschall, weil ich diesen irgendwie hören konnte und die Töne nicht angenehm waren. Nach den Tagen der Diagnostik erfuhren wir, dass vor der endgültigen Operation vier Embolisationen (Verklebungen der zuführenden GefäÃe) per Katheter geplant seien. Jetzt bekam meine Mutter einen Schreck: Da sie von mir nicht alles wissen wollte, was ich herausgefunden hatte, wusste sie natürlich auch das nicht, was mich nichtmehr schrecken konnte, dass nämlich ein Aufsägen des Kopfes unausweichlich war. Ich fand es sogar ehrlich gesagt extrem spannend, da ich mich mit diesem Gedanken schon die ganze Zeit über vertraut gemacht hatte. Ich war nur enttäuscht, dass die Operation nicht bei Bewusstsein gemacht würde, da ich doch gerne währenddessen meine Reaktionen getestet hätte und all das, wovon ich schon mal irgendwann gelesen hatte. Also wurden in der nächsten Zeit Embolisationen gemacht. Was mir am Anfang ganz arg geholfen hat, war, dass ich zu jedem Wochenende nach Hause gehen durfte, und dass nach jedem Heim-Wochenende für mich dasselbe Bett im selben Zimmer wieder bereitstand. Nach der dritten Embolisation war das leider nicht mehr möglich. Als ich nach diesem Eingriff erwachte, fand ich mich in einem Raum wieder, der durch Vorhangwände in viele Nischen unterteilt war und wo â wenn ich mich richtig erinnere â bestimmt zehn solcher Nischen waren. Ich war völlig verwirrt und fragte, wo ich denn sei. Auf der Stroke-Unit, da es eine Komplikation gegeben habe. Natürlich wollte ich sofort wissen, welche Art von Komplikation. Man sagte mir, dass eine Ader geplatzt sei und ich während der Embolisation eine Hirnblutung erlitten hätte. Jetzt erwachte mein medizinisches Interesse: »Intracerebral oder subarachnoidal?« fragte ich die nächste Person in Reichweite und wurde dafür mit einem ziemlich belämmerten Gesichtsausdruck (ja, das habe ich erkannt, dass die Person völlig baff war) belohnt, und danach mit einem Lächeln. Anscheinend wurde nach dieser meiner Frage angenommen, dass nicht sonderlich viel kaputtgegangen sein könne durch die Blutung. Information ist eben alles.
Ich landete auf der Stroke-Unit und bekam noch eine Lungen entzündung
SchlieÃlich war der Zeitpunkt für die groÃe Operation gekommen. Diese dauerte sieben Stunden â was mir gut gefiel.
Leider entwickelte sich, noch während ich auf der Stroke-Unit war, eine schwere atypische Lungenentzündung und ich wurde verlegt auf die Intensivstation. Dort waren ein ständiges Piepsen und viele andere Geräusche, die nicht gerade zu meiner Beruhigung beitrugen, aber die Schwestern und Pfleger waren supernett und halfen mir bei allem, was ich in meinem wirklich sehr geschwächten Zustand nicht allein hinbekam. SchlieÃlich war der Zeitpunkt für die groÃe Operation
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