Assassine - Hüterin des Drachenbaums (German Edition)
dazugehörigen Balkon. Dort befanden sichauch die Privatgemächer des Kaisers. Wieder machte sie sich klein und verkroch sich in den Schatten. Ein seltsamer Singsang drang aus der Thronhalle. Die Entscheidung über ihr weiteres Vorgehen war schnell getroffen: Sie schlich sich vorsichtig auf die Empore, verbarg sich zunächst in der Dunkelheit und schlich sich katzengleich langsam nach vorne. Schließlich sah sie in die Halle hinunter. Pracht und Pomp schlugen ihr förmlich entgegen. Geschmückt mit Tapeten aus Seide und mit Gold und Edelsteinen besetzt, funkelte alles in einem warmen Licht. Die Fenster waren mit Buntglas besetzt, auf dem die einstigen Herrscher der Menschen detailgetreu dargestellt waren. Edle Teppiche verbargen den gesamten Boden. Möbelstücke waren keine zu sehen. Nur auf einem Podest stand der Thron der Menschenkönige und späteren Kaiser.
Ari stutzte, denn was sie erblickte, war fast das Gegenteil dessen, was sie erwartet hatte. Dort stand kein riesiger Sessel aus Elfenbein, der mit seltenen Metallen beschlagen und mit Diamanten, Rubinen und Smaragden verziert war, wie sie es aus anderen Thronsälen kannte. Nur ein normaler handgeschnitzter, wackliger Stuhl in einer altertümlich anmutenden Form stand da! Die Lehnen zierte jeweils ein schlecht gearbeiteter Drachenkopf. Kein Protz – nur schlicht und einfach. »In ihren Anfängen schienen die Menschen bescheidener gewesen zu sein«, dachte Ari. Ihr Blick fiel auf die gigantischen Lüster aus Gold, die an der Decke baumelten und die oberen Etagen nur spärlich beleuchteten. Hunderte Kerzen brannten in silbernen Wandhalterungen und spendeten Licht, das jede Ecke im unteren Geschoss ausleuchtete. Gut, dass sie den Balkon gewählt hatte, sonst wäre sie bereits in Stücke gerissen worden, denn mitten im Thronsaal standen zwei Dutzend Am Ri im Kreis, die sich an den Händen hielten und einen fremdartigen Gesang intonierten. Ihre Körper waren nackt und die weiße Haut glänzte vom Schweiß ihrer Extase. Hörner verschiedener Größen wuchsen aus ihren Köpfen oder bei manchen auch aus den Schultern. Ihre Gesichter waren Raubtieren sehr ähnlich, und doch strahlten sie eine exotische Erotik aus. Die Arme endeten in klauenartigen Händen mit überlangen Fingern und die Füße erinnerten an Vogelkrallen.
Trotz ihres dämonischen Wesens strahlten die perfekt geformten Körper eine ungeheure Anziehungskraft aus. Selbst in Ari stieg bei ihrem Anblick die Hitze der Lust auf und sie spürte, wie die Knospen ihrer Brüste hart wurden. Ihr Atem ging schwer und heftig und der Drang, sich einfach in die Arme dieser wunderbaren Geschöpfe zu werfen, wurde unerträglich. Doch sie musste sich zusammenreißen. Lautlos atmete sie tief ein und schüttelte ihren Kopf, um diese wunderbaren Gedanken der Lust zu vertreiben. Als sie klarer sah, nahm sie bewusst den verführerischen Duft wahr, der die ganze Halle erfüllte. Sie erkannte, dass ihre Gefühle entweder vom Geruch selbst herrührten oder Magie im Spiel war.
Sie kämpfte gegen die sexuelle Anziehungskraft der Am Ri an und sondierte weiter die Halle. Bis auf einige Dämonenritter, die als Wachen dienten und mit schweren Hellebarden und Streitkolben bewaffnet waren, war der Thronsaal leer. Der Kaiser musste also in seinen Gemächern sein. Wieder rief sie sich die Pläne des Palastes vor ihr geistiges Auge und suchte den besten Weg in die kaiserlichen Räumlichkeiten. Das Ziel fest vor Augen schlich sie zurück und nahm die gewundene Treppe, die nach oben führte. Sie befand sich in dem großen Seitenturm der Residenz und rechnete mit Widerstand am oberen Ende. Doch außer einer schweren Eisentür war der Turm leer. Keine Wachen, nur die Pforte war verschlossen. Polternde Geräusche waren dahinter zu vernehmen. Es musste jemand anwesend sein. Ari versuchte mittels ihrer Magie den Raum zu sehen, aber die Tür war noch ein Originalstück und deshalb vor Zauberei geschützt. Der Grundriss des Palastes tauchte wieder vor ihrem geistigen Auge auf: Der einzige Weg in die Gemächer war der Weg außen herum. Also schwang sie sich auf das nächste Fenstersims und blickte in die Tiefe. Der Turm war hier bereits so hoch, dass sie bei einem Absturz wenigstens den Aufschlag nicht spüren würde.
An den groben Mauern fand sie jedoch genug Halt und so beschloss sie, es zu wagen. Bevor sie sich jedoch aus dem Fenster wagte, sah sie kleine leuchtende Kugeln, die in der Dämmerung auf die Stadt zuflogen. Sie kamen aus allen
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