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Assassine - Hüterin des Drachenbaums (German Edition)

Assassine - Hüterin des Drachenbaums (German Edition)

Titel: Assassine - Hüterin des Drachenbaums (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wunder
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Körper verwachsen war. Auf den einzelnen, stachelbewehrten Stahlplatten waren Reste eines goldenen Kettenhemdes zu sehen. Den Gesichtszügen nach zu urteilen war es ihr Geliebter, nur dass er narbiger und härter wirkte. Seine Augen strahlten eisige Kälte aus und bohrten sich förmlich in die der Dunklen. Wärme und Geborgenheit, die sie immer in ihnen gefunden hatte, waren daraus verschwunden. Der Kopf war kahl und mit Eiterbeulen und Geschwüren übersät, was ihn grotesk unförmig erscheinen ließ. In seiner gepanzerten Hand trug er einen rostigen Streitkolben, der mit scharfen Kanten und Stacheln besetzt war. Diese schreckliche Waffe war weitaus wuchtiger als üblich. Ein Hieb damit konnte einen Ritter sicher in einen blutigen Haufen Fleisch verwandeln. So stand ihr einstiger Liebster vor der Assassine. Eiter und Blut sickerte aus den Spalten und Ritzen zwischen den Rüstungsteilen. Es musste höllische Schmerzen bereiten, diese Rüstung zu tragen.
    Einige Augenblicke standen sich beide schweigend gegenüber. Sai durchbrachals Erster die Stille. »Ari, ich freue mich, dich wiederzusehen. Ich habe dich vermisst.«
    Die Dunkle wusste nicht so recht, was sie tun sollte, und versuchte Zeit zu gewinnen. »Ich freue mich auch, aber – was ist mit dir geschehen?«
    »In der Schlacht um den Rubinhorst wurde ich schwer verwundet, aber Anzbachers Ritter haben mich gerettet. Ich habe mit ihm gesprochen und muss dir sagen, dass wir alle falsch lagen. Nicht er ist das Ungeheuer – sondern wir. Unser Krieg gegen ihn bedroht die Existenz der Menschen. Die anderen Völker sind schwach, aber in der Natur ist es eben so, dass die Minderwertigen untergehen und verschwinden und die Starken sich weiterentwickeln. Wir dürfen uns nicht in diesen Kreislauf einmischen und müssen den Dingen ihren Lauf lassen. Das kopflose Handeln des Ordens schadet Tiro. Haben wir denn nicht alle geschworen, es zu verteidigen, zu schützen und vor Übel zu bewahren? Genau das tut Anzbacher, er kämpft, um den Kreislauf der Natur nicht zu unterbrechen. Die Schwachen müssen ausgemerzt werden, damit sich die Starken frei entfalten können. Er hat mir die Augen für das Schöne und Richtige geöffnet. Das Einzige, was mir zu meinem Glück jetzt noch fehlt … bist du. Komm zu mir und wir dienen gemeinsam Anzbacher und Tiro. Zusammen sind wir unschlagbar und können es mit dem Rest der Welt aufnehmen.«
    Aris Gedanken überschlugen sich. Ein Teil von ihr wollte »Ja« rufen und ihm in die Arme fallen, so tief war ihre Liebe zu Sai. Aber der andere Teil in ihr wollte nur laut schreiend weglaufen. Sie bebte am ganzen Leib und brachte kein Wort heraus. Sai kam einige Schritte auf sie zu und breitete die Arme aus. Sie sah ihm fest in die eisigen, gefühlskalten Augen. Das Zittern ließ langsam nach, als ihr die Wahrheit bewusst wurde. Sie hörte auf sich zu wehren und akzeptierte einfach, was als Nächstes geschah. Sie wusste, dass es richtig war und der einzige Weg, mit ihm für immer Frieden zu schließen. Also ging sie auf ihn zu, umarmte ihn und küsste ihn zärtlich auf den Mund. Sie leckte sein schwarzes Blut, das nun nach Fäulnis schmeckte.
    »Ich liebe dich«, hauchte sie ihm zu und lächelte ihn an. Sai verzog sein Gesicht zu einem eiskalten Grinsen, das allerdings schlagartig gefror, als Ari ihre Unterarmklinge mit aller Kraft in seinen Hals trieb. Mit einem gurgelnden Geräusch brach Sai in die Knie und die Assassine trat mit Tränen in den Augen einige Schritte zurück. Das dicke, dunkle Blut sprudelte aus der Halswunde, der verunstaltete Vampir presste verzweifelt seine Pranken auf die Verletzung, um den Strom zu stoppen. Wut und Unverständnis zeichneten sich auf seinem Gesicht ab, doch sein Leben rann binnen Sekunden auf die Teppiche des kaiserlichen Refugiums. Ari zog eine ihrer Handarmbrüste und machte sie schussbereit. Sie zielte, so gut sie es mit ihrer verschwommenen Sicht konnte. Sie zögerte und wischte sich die Tränen mit ihrem Ärmel ab.
    Ein letztes Mal trafen sich ihre Blicke. Die Kälte war aus seinen Augen verschwunden und eine letzte Bitte lag darin. Ari wusste genau, was ihr Liebster von ihr verlangte, und drückte den Abzug. Fünf Mal klickte es und die Bolzen verließen in schneller Folge die Waffe. Die ersten vier prallten von seinem dämonischen Schädel ab und hinterließen nur kleine Kratzer. Der Fünfte jedoch fand sein Ziel und bohrte sich tief bis in das Gehirn. Ein Seufzen der Erleichterung drang aus Sais Kehle, er

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