Assassine - Hüterin des Drachenbaums (German Edition)
am Nacken kratzte, platzte eines der Geschwüre, begleitet von einem widerlich schmatzenden Geräusch, auf und grüngelber Eiter bespritzte die Umstehenden. Ari bekam etwas davon auf ihren schwarzen Drachenlederanzug und wischte das Sekret angewidert weg. Der Mann drehte sich zu ihr um, sein ganzes Gesicht war von Pusteln und Beulen übersät. Er grinste sie frech und schwachsinnig an, dabei lief ein Speichelfaden aus seinem Mund. Seine Zähne erinnerten eher an ein abgebranntes Bauerndorf als an Schneide- und Mahlwerkzeuge, um damit Nahrung zu zerkleinern. Nett lächelte Ari zurück. »Es lebe unser Fürst! Hoch Anzbacher!«, schrie sie dem Mann ins Gesicht. Die Menge stimmte sofort ein und alle wandten sich dem Geschehen auf dem Platz zu. Auch der Entstellte ließ von Ari ab und kümmerte sich wieder darum, einige flüchtige Blicke auf seinen Fürsten und vor allem die nackten Schönheiten zu erhaschen.
Vor dem Scheiterhaufen blieb die kleine Prozession des falschen Fürsten stehen und Anzbacher erhob sich in all seiner selbstherrlichen Pracht. Wie ein Geistlicher breitete er die Arme aus und begann die Menge zu segnen. Einige wollten auf die Sänfte klettern, aber seine Sklavinnen wussten sich zu wehren. Sie kratzten und traten um sich. Einige gaben auch unmenschliche Laute von sich und erbrachen ätzenden Schleim auf die Menge. Diejenigen, die mit den Sekreten in Berührung kamen, schrien erbärmlich auf und Ari sah zu, wie ihnen das Fleisch dampfend von den Knochen geschält wurde. Die Gerüsteten nahmen dann die toten Körper und warfen sie mit auf den Scheiterhaufen – mit einer Gleichgültigkeit, als gehörten solche Zwischenfälle zum bevorstehenden Spektakel. Anzbacher setzte zu einer Predigt über die Güte Narronds an. Er pries seine Taten für das Volk von Donnerstein und dass sie alle durch seine »Gabe«, er meinte wohl eher die Seuche, gesegnet worden seien. Die Lobpreisungen nahmen kein Ende und die Assassine wollte schongehen. Ihr wurde langsam übel von den Lügen und der Lobhudelei, die dieses Scheusal von sich gab, als der Fürst ein Zeichen gab und in seltsamen Lauten einen Sprechgesang anstimmte. Seine Leibwache entzündete den Scheiterhaufen und die arme Seele auf dessen Spitze wimmerte, da dem Manne bewusst wurde, dass das schmerzhafte Ende kurz bevorstand. Die Flammen loderten immer höher und die Schmerzensschreie wurden schriller. Auch das hysterische Lustkreischen der Hofschranzen erreichte bald seinen Höhepunkt. Der Körper des Opfers wurde nun vollkommen von den Flammen eingehüllt, aber er verbrannte nur sehr langsam. Die Haut warf Blasen und die Haare brannten ab. Das Gesicht verformte sich wie Kerzenwachs in der Sonne und das Fleisch sickerte langsam zwischen die brennenden Holzscheite. Dennoch starb er nicht. Irgendein unheiliger Zauber erhielt ihn am Leben. Das Feuer änderte seine Farbe und wechselte über Grellgelb zu Grün.
Nach endlos langen Minuten war es endlich vorbei. Die Schmerzensschreie erstarben und an der Stelle, wo gerade noch der Körper des Gepeinigten an einem Pfahl gehangen hatte, erschien ein Loch. Grünliches Licht schimmerte daraus hervor. Es war ein unnatürliches Schauspiel, als ob jemand mitten in der Luft ein Fenster geöffnet hätte und man nun in die Unendlichkeit sehen könnte. Eine Gestalt in einer langen Robe manifestierte sich und schritt aus dem Riss auf den Scheiterhaufen. Dahinter schloss sich der Wirbel aus grünem Licht. Alle, selbst Anzbacher, sanken auf die Knie. Ari hätte diesen Moment fast nicht wahrgenommen, so angewidert und fasziniert zugleich war sie. Die Anwesenden hatten ihr Haupt gebeugt und starrten zu Boden.
Ari riskierte einen Blick aus den Augenwinkeln und erkannte das Wesen, das mehr über den Leichenberg schwebte, als dass es ging. Es war einer der Akolythen. Einer der letzten sieben, die noch am Leben waren und die die direkten Untergebenen Narronds in Tiro waren. Es hieß, sie setzten seinen Willen mit allen nötigen Mitteln durch. Sie schienen auch der Herd der Seuche zu sein. Als Ari auf den Schlachtfeldern Hardaks den ersten der Akolythen getötet hatte, waren ihr damals schon die Anzeichen der Krankheit bei dem Diener Narronds aufgefallen. Sie mussten sie verbreitet haben und sie waren auch der Ausgangspunkt allen Übels. Ari fragte sich, ob sie das Wesen sofort töten sollte. Mit ein bisschen Glück konnte sie auch Anzbacher in die Ewigkeit schicken. Doch sie verwarf diesen törichten Gedanken sofort wieder, denn
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