Assassine - Hüterin des Drachenbaums (German Edition)
zurückzulassen. Die Gruppe tat, wie ihr geheißen, und nach kurzer Zeit fanden sich alle vor dem Portal ein. Ari stockte der Atem und sie drehte sich langsam um. Dort stand etwas, was sie nicht in ihren Rucksack packen konnte – Mirx. Der Falke legte den Kopf schief und sah sie mit seinen warmen Augen voller Hingabe, aber auch mit Schalk und Freude an.
Eriel sah, wie die Dunkle mit sich rang, und nahm ihr die Entscheidung ab. »Nun sag ihm schon, dass er mitkommen kann.« Ari drehte sich zu dem Magier um und sah in verständnislos an. Mit einem Achselzucken und einem ärgerlichen Blick gab sie ihm zu verstehen, dass Mirx nicht durchkonnte, da er zu groß war. Der Zauberer trat kopfschüttelnd vor Ari, beugte sich zu ihr und flüsterte ihr ins Ohr: »Was bringen sie euch heutzutage eigentlich noch bei? Sag ihm einfach, er kann mit, wenn er sich ein bisschen kleiner macht.«
Ari runzelte die Stirn, tat aber, wie ihr geraten wurde. Mirx stieß einen Freudenschrei aus. Augenblicke später verschwammen seine Konturen und eine Lichtaura erstrahlte um den Vogel. Er wurde kleiner! Mit geweiteten Augen sah Ari dem Schauspiel zu. Als Mirx nur noch so groß wie ein Spatz war, flog er auf ihre Schulter und ließ einen mickrigen Schrei hören. Es klang irgendwie jämmerlich, aber dennoch trieb es der Dunklen ein Lächeln ins Gesicht.
Eriel nickte beiden zu und begab sich zum Tor, wo die anderen schon warteten. »Wer geht zuerst?«, fragte Wolfgar in die Runde.
Yasden trat wortlos vor und baute sich vor dem schimmernden Blau auf. Er zog seine beiden Waffen und stocherte mit dem Schwert in die Wand aus sich kräuselnder Energie, dann zog er es wieder heraus und begutachtete es. Der Stahl war nicht beschädigt oder verändert worden. Er atmete tief ein undschritt durch das Tor. Die anderen sahen sich wortlos an und Wolfgar ging als Nächster, dann folgten Eriel und Sai. Mirx hatte es sich auf Aris Schulter bequem gemacht und zupfte an ihrer Kapuze herum. Die Assassine deutete das als eine Aufforderung, nicht so herumzutrödeln, und begab sich langsam durch das Tor. Als sie vollkommen darin eingetaucht war, explodierten Lichter vor ihren Augen. Hunderte von Farben umgaben sie, auch solche, die sie nicht kannte und die Unbehagen in ihr auslösten. Eine unsichtbare Macht zog an ihr und sie fühlte sich, als ob sie in tausend Stücke gerissen würde.
Sie wollte schreien, aber es gab keine Luft, die sie atmen konnte. Sie wurde mit unglaublicher Geschwindigkeit vorwärts getrieben. Manchmal glaubte sie Wesen mit Tentakeln zu erkennen, die sie zu greifen versuchten, aber sie waren so schnell vorbei, dass es auch Trugbilder sein konnten. Ein Ruck ging mit einem Mal durch ihren Körper und alles wurde schneeweiß. Eine unendliche Stille umgab sie. Noch nie in ihrem Leben hatte sie Ähnliches wahrgenommen. Sie schien zu schweben und fühlte, wie ihr Körper, der nur noch aus Regenbogenfarben zu bestehen schien, aus allen Richtungen auf sie zugeströmt kam und sich langsam wieder zusammensetzte – Stück für Stück. Es war äußerst unangenehm und sie glaubte, den Verstand zu verlieren. Die bunten Lichter zogen sich wieder zurück und es wurde schlagartig pechschwarz. Ihr Körper wurde schwerer und schwerer, bis ein gewaltiger Ruck sie durchschüttelte. Ari schloss die Augen und dachte, ihr Ende wäre gekommen.
Meeresrauschen drang an das Ohr der Dunklen und sie öffnete ihre Augen. Über ihr war nur fahle Finsternis. Vertraute Gerüche umspielten ihre Nase und ihr wurde gewahr, dass sie auf Sand lag. Mit ihrer Hand griff sie danach und drückte fest zu. Sie hörte das Knirschen der Körner und drehte sich zur Seite. Das wenige Licht reichte ihr, um ihre Umgebung wahrzunehmen. Sie lag an einem schwarzen Sandstrand und dunkles Wasser umspülte einen großen Findling, der nicht weit von ihr halb im Sand, halb in den Wellen lag. Sie kannte diesen Ort. Hier hatte sie ihre Kindheit verbracht und der Hüter war ihr hier erschienen. War das ein weiterer Traum oder war sie tot?
Eine warme, vertraute Stimme drang an ihr Ohr: »Schön, dass du diesen Platz gewählt hast, er gefällt mir besser als das blutige Schlachtfeld.«
Ari rappelte sich hoch und blickte in die Richtung, aus der das Gesprochene kam. Hinter ihr stand eine berobte Gestalt – der Hüter. »Bin ich tot, oder ist das ein Traum?«, stammelte sie, während sie versuchte, ihre Gedanken zu ordnen.
Der Kuttenträger kam mit einem leisen Kichern auf sie zu. Er machte eine
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