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Assassini

Assassini

Titel: Assassini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gifford
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hatte. Denn die geballte Faust der Erkenntnis hatte sie hart getroffen, mit einem wuchtigen Schlag: Val war tot. Ermordet, als hätte die Wahrheit, die sie gesucht hatte, sich gegen sie gewandt und sie vernichtet.
    Angst. Sie hatte Angst um sich selbst, falls sie Vals Nachforschungen weiter verfolgte, Angst um Ben, falls er so entschlossen blieb, den Mörder aufzuspüren. Ihre beste Freundin war tot, und ihr war übel von der eigenen Feigheit; sie haßte sich dafür. Ja, sie war ein Feigling gewesen, aber … aber sie hatte es einfach nicht glauben können, nicht glauben wollen, daß die Kirche ihre Hand im Spiel gehabt und Val getötet hatte, um sich selbst zu schützen. Sie traute der alten, narbigen, von zahllosen Kriegen gezeichneten Kirche viel Schlechtes und Unrechtes zu, aber nicht so etwas.
    Aber sie war auch nie eine artige, zahme, linientreue Fürsprecherin der römisch-katholischen Kirche gewesen, ihre Apologetin. Genausowenig wie Val. Sie war nie ein solcher Mensch gewesen, wie Ben es ihr zum Vorwurf gemacht hatte. Seine Beschuldigungen waren aus der Luft gegriffen. Es war ungerecht, wenn er so über sie dachte … ungerecht!
    Und dann war Daphnes kleiner Kopf über dem Sitz aufgetaucht, und sie hatten ihr kurzes Schwätzchen gehalten, und nun hatte Elizabeth ihren Moralischen. Aber das hatte nichts mit Val zu tun, wirklich nicht, und auch nichts mit der Kirche. Zumindest nicht direkt.
    Daphne. Daffy. Ihretwegen mußte Elizabeth jetzt an kleine Mädchen denken – und an die Liebe. Als sie in die großen, strahlenden Augen der Kleinen geblickt hatte, hatte sie sich selbst darin gesehen – voller Neugier, voller Hoffnung und Erwartung, wie damals vor vielen Jahren in Illinois, als das Leben noch wie eine immerwährende bunte Zirkusvorstellung vor ihr zu liegen schien. Sie hatte in die Augen des Kindes geblickt und gespürt, wie ihr Pulsschlag sich beschleunigte, wie sie Herzklopfen bekam; sie hatte den Schimmer der Liebe gesehen, wie es die Schnulzentexter in Schlagern beschrieben. Daphne. Die kleine Hand vor dem kichernden Mund. Mom hatte einen leichten Schlaf, und Daphne wünschte sich, Elizabeth hätte eine kleine Tochter …
    Liebe.
    Liebe war ein Problem für Elizabeth. Denn wenn sie nicht auf der Hut war, konnte die Liebe sie überfallen wie aus dem Hinterhalt, ihr Herz erfüllen, Tränen der Sehnsucht in ihre Augen treten lassen. Das Schlimme war, daß diese Gefühle immer aus dem Nichts kamen, wenn es passierte – aber es passierte nicht oft; sie verstand es geschickt, sich abzulenken, sich zu beschäftigen, auf Trab zu bleiben, sich gegen diese Gefühle zur Wehr zu setzen, sich selbst zu sagen, daß solche Empfindungen nur Komplikationen hervorriefen, die sie weder wollte noch gebrauchen konnte … aber wenn es passierte, war es wie eine Krankheit, wie ein Fieber, das ihre Lebenskraft schwächte und tagelang andauern konnte. O ja, sie schmerzte, diese Sehnsucht nach Wärme, nach Berührung, nach Hinwendung und Vertrauen zu einem anderen menschlichen Wesen. Und was war das anderes als der Wunsch nach Liebe, dessen Erfüllung ihr schlicht und einfach ihres Berufes, ihres Gelübdes wegen untersagt war?
    Es gab Zeiten, da diese Sehnsucht Besitz von ihr ergriff. Wie jetzt, zum Beispiel. Da ihr bewußt wurde, nie eine kleine Tochter haben zu können wie Daphne. Oder am Küchentisch zu sitzen und Ben Driskill zu betrachten, wie er ihr gegenübersaß und sie ansah.
    Ben Driskill betrachten, wie er sie ansah.
    O ja, es war schön gewesen, als sie damals den verschneiten Abend im Gramercy Park mit ihm verbracht und in Pete’s Tavern ein Bier mit ihm getrunken hatte. Und es war auch in den zurückliegenden paar Tagen schön gewesen, bei ihm zu sein, mit ihm gemeinsam die Zeit zu verbringen, ungeachtet der tragischen Begleitumstände. Unter einem Dach mit ihm zu wohnen, ihn zu hören – seine Schritte, seine Stimme – selbst wenn er sich in einem anderen Zimmer befand; gemeinsam mit ihm am Kamin zu sitzen, gemeinsam den alten Polizisten aufzusuchen, miterlebt zu haben, wie Ben das alte Foto in Vals Trommel gefunden hatte … seine Ironie und seine Bitterkeit zu spüren, wenn die Katholiken und die Kirche zur Sprache kamen, ja, sogar den Zorn zu verspüren, der ihr, Elizabeth, gegolten hatte … Er war Leben, er war dort draußen, auf dem Schlachtfeld und kämpfte, er war bereit, Risiken auf sich zu nehmen, sich Gefahren auszusetzen …
    Ach, verdammt. Ihre Phantasie ging mit ihr durch, aber … aber

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