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Assassini

Assassini

Titel: Assassini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gifford
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Namen aufgeschrieben …«
    »Aber das paßt doch nicht mit dem Foto zusammen, sehen Sie das denn nicht? Es ist ein Name zuviel!«
    »Nein, es paßt. Der fünfte Mann hat die Aufnahme gemacht.«
    Wir standen uns gegenüber, starrten uns an, beide erstaunt, verwirrt, verständnislos. Sie sagte: »Sollen wir ein bißchen am Strand Spazierengehen, Mister Driskill? Vielleicht sorgt die frische Luft dafür, daß wir einen klaren Kopf bekommen.«
    »Warum sagen Sie nicht Ben zu mir?«
    Sie griff nach ihrer Lederjacke, die über einer Sessellehne hing, »Dann müssen Sie Gaby zu mir sagen. Okay?« Ich lächelte, nickte. »Kommen Sie.« Sie öffnete eine gläserne Schiebetür. Kalte Luft und der Geruch nach Salz drangen ins Zimmer.
    Wir gingen über eine hölzerne Treppe direkt zum Strand hinunter. Der Sand war hart und feucht. Die anrollende Brandung schimmerte silbern im Mondlicht. Im Osten strahlten die Lichter Alexandrias. Eine Zeitlang redeten wir über private Dinge, über mein Leben als Anwalt in New York, über den Tod des Mannes, den sie 1973, während des Krieges gegen Israel, hatte heiraten wollen, über meinen vergeblichen Versuch, mich mit der Kirche im allgemeinen und den Jesuiten im besonderen anzufreunden, über ihr Leben als Einzelkind, das nach dem frühen Tod der Mutter beim Vater aufgewachsen war.
    Der Wind hatte aufgefrischt und wehte uns Meerwasser ins Gesicht, als wir schließlich kehrtmachten und zurück zum Haus gingen.
    Ich fragte, ob ihr Vater, falls er das Bedürfnis gehabt hatte, nach meinem gestrigen Besuch mit jemandem zu reden, vielleicht seinen Freund Richter angerufen habe.
    Sie lachte rauh und ohne eine Spur von Humor. »Richter? Er ist kein Freund meines Vaters, das können Sie mir glauben. Er ist sein Kerkermeister!«
    »Was soll das heißen?«
    »Gehen wir ins Haus. Mir ist kalt. Ich koche uns einen Kaffee und erzähle ihnen alles über Richter und die Familie LeBecq.«
    Nachdem wir in einem Zimmer mit Wandbehängen und alten Perserteppichen, niedrigen Sitzmöbeln und schweren, gedrungenen Lampen, die gedämpftes Licht verbreiteten, Platz genommen hatten, erzählte sie mir eine bemerkenswerte Geschichte, die sie im Lauf der Jahre aus bruchstückhaften Informationen rekonstruiert und noch nie jemandem anvertraut hatte.
    Jean Paul LeBecq, der Vater von Guy und Etienne, war ein sehr konservativer Katholik gewesen und hatte während des Krieges mit der Marionettenregierung der Nazis in Vichy und deren Galionsfigur, Marschall Petain, sympathisiert. Guy war Priester. Etienne arbeitete in der Galerie seines Vaters, die er einst übernehmen sollte. Er stand vollkommen unter der Knute des alten LeBecq und hatte keine andere Wahl, als dessen politische Überzeugungen auch als die seinen auszugeben. Anfang der vierziger Jahre erlitt Jean Paul einen Schlaganfall und konnte das Geschäft nicht mehr weiterführen. Etienne, damals Mitte Zwanzig, übernahm die Leitung der Galerie. Und fand heraus, daß sein Vater als eine Art Diplomat ohne Auftrag versucht hatte, die Beziehungen zwischen der deutschen Besatzungsmacht und der katholischen Kirche in Paris zu verbessern. Der junge Etienne erkannte, daß es wichtig war, die Verbindung zwischen diesen beiden großen Blöcken – Nazis und Kirche – nicht abreißen zu lassen, denn: Sie brauchten einander. In jenen Tagen mußte Etienne Klaus Richter kennengelernt haben, der das gleiche Ziel verfolgte: Verständigung zwischen Besatzungsmacht und Kirche.
    Alles, was Gabrielle sagte, paßte in das lückenhafte Bild, das LeBecq mir vermittelt hatte. Sie wußte jedoch nur sehr wenig darüber, wie tief Pere Guy LeBecq während der Kriegsjahre in diese Sache verwickelt gewesen war, wiederholte nur immer wieder, daß er den ›Heldentod‹ gestorben sei. Mehr nicht.
    Indem sie als engste Mitarbeiterin ihres Vater die Ohren offenhielt – und weil sie ihn einmal, als er eine seiner depressiven Phasen durchlitt, unverblümt danach gefragt hatte –, erfuhr Gabrielle schließlich, daß der alte Jean Paul für die Nazis Beute verschoben hatte, Kunstwerke aus Privatsammlungen, zumeist aus jüdischem Besitz. Als Jean Paul aufgrund seiner Krankheit diese ›Geschäfte‹ nicht mehr abwickeln konnte, hatte Etienne diese Aufgabe übernommen.
    »Aber wozu brauchten die Nazis einen Hehler?« fragte ich. »Sie haben sich doch einfach genommen, was sie wollten, und sie haben damit gemacht, was sie wollten …«
    »Ja«, sagte sie, »aber vergessen Sie die Kirche nicht. Sie wollte

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