Assassini
ihren Anteil an der Beute – als Gegenleistung für ihre Zusammenarbeit mit den Nazis.«
»Wie sah diese Zusammenarbeit denn aus? Worauf lief sie hinaus? Und wie eng war sie?«
Sie schüttelte den Kopf. »In Kriegszeiten – wer weiß?«
»Aber Sie sind sicher, daß alles andere, was Sie mir gesagt haben, der Wahrheit entspricht?«
»Ich bin ziemlich sicher, ja. Mein Vater hat nie verwinden können, daß er mit den Nazis kooperiert hat. Es hat ihm seit vierzig Jahren zu schaffen gemacht. Es kann keinen anderen Grund dafür geben, daß er zu einem gebrochenen Mann wurde.«
»Wie können Sie so sicher sein?«
»Weil ich es miterlebt habe! Weil ich gesehen habe, was Vater durchgemacht hat!« Sie senkte den Kopf. »Ich habe versucht, zu vergessen, was er getan hat, zu vergeben, aber jetzt haben Sie und Ihre Schwester die alten Wunden wieder aufgerissen. Ich schäme mich für das, was mein Vater getan hat …«
»Gaby, daß die Kirche und die Nazis im Krieg unter einer Decke gesteckt haben, ist zwar eine ziemlich schlimme Vorstellung, aber kaum eine Sensation. Im Krieg hat die Kirche vieles getan, auf das sie alles andere als stolz sein kann. Sie dürfen mit Ihrem Vater nicht zu hart ins Gericht gehen. Damals war Krieg. Wer weiß, welchem Druck er ausgesetzt war. Vermutlich mußte er um sein Leben fürchten, und er war ein noch junger Mann …«
Aber ich dachte: War es das, was Val entdeckt hatte? Nein, es lag einfach zu lange zurück. Wen kümmerte das heute noch? Val war nicht wegen Kunstschiebereien im besetzten Paris vor vierzig Jahren ermordet worden.
»Aber nach dem Krieg gingen diese Geschäfte weiter«, sagte Gabrielle. »Darum geht es! Das ist ja das Furchtbare. Mein Vater wurde ihre willenlose Kreatur. Sie haben ihm nach dem Krieg die beiden Galerien in Kairo und Alexandria aufgebaut, um ihn als Werkzeug benutzen zu können, um dieses schmutzige Geschäft weiter betreiben zu können, ohne daß jemand Notiz davon nimmt!«
»Sie? Wer? Der Krieg war vorüber …«
»Für euch Amerikaner ist alles so einfach. Aber nicht für uns, nicht hier. Wir können uns euer naives Weltbild nicht leisten. Denn hier, hier sind die Deutschen wieder aufgetaucht, zuerst in Kairo. Reich, mächtig. Berater der Regierung. Die Nazis, Ben, die Nazis – sie hatten Kunstschätze im Wert von Abermillionen Dollar versteckt: Juwelen, Gold … Aber all das Raubgut war wertlos für sie. Was also tun? Die Beute zu Geld machen, ganz einfach. Oh, die alten Nazis gab es überall – die Legion Condor in Madrid. Die Spinne, all die alten SS-Männer, die sich aus Europa nach Südamerika abgesetzt haben, nach Afrika, nach Ägypten, in eure so hehren Vereinigten Staaten, diese alte Garde, die von einem Vierten Reich geträumt hat – es waren nicht nur Mengele und Barbie und Eichmann, es waren Aberhunderte von Männern, von denen man noch nie gehört hat, und sie alle brauchten Geld. Und die geraubten und gehorteten Schätze zu verkaufen, war eine der Möglichkeiten, sich dieses Geld zu beschaffen, sehr viel Geld. Das größte Problem bestand darin, einen vertrauenswürdigen und verschwiegenen Abnehmer zu finden – also mußte man diese Geschäfte in eine Art Erpressung umwandeln. Und wen konnte man wohl am einfachsten erpressen?«
»Wollen Sie damit sagen, diese Leute haben das Zeug an die Kirche verkauft?«
»Die überlebenden Nazis hatten die Kirche im Würgegriff. Kauft uns dieses Zeug ab, oder …« Sie blickte mich an, wartete darauf, daß der Groschen fiel.
»… oder wir werden aller Welt berichten, daß wir euch während des Krieges mit Raubgut unterstützt haben. So also sah die Erpressung aus. Aber die Kirche hat tatsächlich diesen schmutzigen Handel mit ihnen betrieben. Seit vierzig Jahren!« Ich seufzte, ließ mich auf dem Sofa zurücksinken. »Großer Gott! Die Kirche hat einen Pakt mit dem Teufel geschlossen.«
»Es war – ist – ein schwieriger Balanceakt«, sagte sie. »Die Kirche ist nicht machtlos. Sie könnte die Verstecke vieler Kriegsverbrecher preisgeben. Darum fürchten auch die überlebenden Nazis die Kirche – es ist ein Pakt, der auf gegenseitige Angst gründet. Und mein Vater war zwischen die Mühlsteine geraten. Aber auch er hat von diesem Pakt profitiert. Seine Sünden haben ihn zu einem reichen Mann gemacht. Ich weiß nicht, wie diese Geschäfte technisch abgewickelt wurden, aber sie benutzten meinen Vater als Ankäufer, Verkäufer, Schmuggler. Er verkaufte die Ware nach Übersee und schließlich
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