Assassini
erinnern können, an einem Baum im Obstgarten der Driskills erhängt aufgefunden.«
»In der Tat, ich kann mich noch gut daran erinnern. Ich glaube, ich war damals der erste, den Hugh angerufen hat. Schließlich war ich sein Anwalt und sein Berater.« Ein frostiges Lächeln legte sich auf sein Gesicht. »So was wie sein unverschuldeter, vor dem Gesetz nicht strafbarer Mitverschwörer.«
»Hat jemals irgendjemand eine Erklärung zu liefern versucht, warum Father Governeau sich das Leben genommen hat?«
»Aus Gründen, die in solchen Fällen immer wieder zu beobachten sind«, sagte Summerhays. »Depressionen, Glaubenskrise, Alkoholismus. Ein Teufelskreis.«
»Dann haben Sie also auch an die Selbstmordgeschichte geglaubt?«
»Was soll das heißen, Father Dunn?«
»Daß Sie damit zufrieden waren, daß der Fall als Selbstmord zu den Akten gelegt wurde.«
»Ich verstehe nicht. Der Mann hatte sich offenkundig erhängt, und …«
»Warum habe ich bloß das Gefühl, daß Sie sehr wohl wissen, daß Father Governeau ermordet wurde?«
»Das weiß ich nicht, Father. Vielleicht haben Sie eine meiner Äußerungen falsch interpretiert.«
»Nein. Sie sind ein viel zu erfahrener, einflußreicher und kenntnisreicher Mann, und darum kennen Sie die Wahrheit. Father Governeau wurde ermordet und anschließend aufgehängt. Und weil Hugh Driskill eben Hugh Driskill war und immer noch ist, kam die Wahrheit nie ans Licht. Ich habe mit dem Polizeibeamten gesprochen, der diesen Fall untersucht hat. Es besteht kein Zweifel daran, daß es Mord war. Als Schwester Valentine nach Hause kam, nach Princeton, an dem Tag, als sie getötet wurde, hat sie den jetzigen Polizeichef angerufen und ihn mit Fragen über die Governeau-Geschichte bestürmt. Bedenken Sie, Mr. Summerhays: Sie hat monatelang Nachforschungen in Europa betrieben, sie hat den Kopf voll mit tausend anderen Dingen, sie ist gerade erst nach Hause gekommen – und es sind nur noch ein paar Stunden bis zu ihrer Ermordung –, und da ruft sie wegen Governeau bei der Polizei an! Seltsam, nicht wahr? Warum hat sie das getan? Ich werde Ihnen sagen warum. Ich gehe jede Wette ein, daß auch Schwester Valentine nicht an die Selbstmordgeschichte geglaubt hat. Also, Sie sind viel zu genau im Bilde, als daß Sie immer noch auf der alten Selbstmordtheorie herumreiten könnten …«
»Gut, dann lassen Sie uns vorerst davon ausgehen, Father, daß Sie recht haben, was die Umstände von Father Governeaus Tod betrifft«, sagte Summerhays mit einem schmalen Lächeln. »Ich habe das Gefühl, daß wir andernfalls keinen Schritt weiterkommen, was unser Gespräch betrifft. Lassen Sie uns also zunächst einmal wieder das Umfeld von Schwester Mary Angelina zur Sprache bringen.«
»Zehn Jahre nach Father Governeaus Tod«, fuhr Dunn fort, »nach Ende des Zweiten Weltkrieges, als Mary Driskill zwei nette, aufgeweckte Kinder hatte und einen Mann, der es bis auf die Titelseite der Time gebracht und bestimmte Leute dazu angeregt hatte, einen Film über seine Kriegserlebnisse zu drehen, als Mary Driskills Leben also seinen absoluten Höhepunkt erreicht haben sollte, was Glück und Zufriedenheit betrifft, hat sie sich Abend für Abend in den Schlaf getrunken, sie hat höchstwahrscheinlich einen furchtbaren Nervenzusammenbruch erlitten. Können Sie sich auch daran erinnern?«
Summerhays legte den Kopf ein wenig schief. »Gewiß. Hugh hat sich große Sorgen um sie gemacht. Mary war so empfindsam. Für die Kinder war es hart – sie hatten ein Kindermädchen nach dem anderen, und die arme Mary, sie hat nur noch unzusammenhängendes Zeug geredet, hat Val und Ben Furcht eingejagt. Sie war nach dem Zusammenbruch psychisch sehr labil, und kurze Zeit später …« Er zuckte fast unmerklich die Achseln. »Ist sie gestorben.«
»Ich wette, das war wirklich ein Selbstmord«, sagte Dunn.
»Die Wette würden Sie verlieren. Sie war volltrunken, Alkoholvergiftung, sie ist gestürzt, und der arme junge Ben hat sie gefunden. Er war damals vierzehn oder fünfzehn, glaube ich. Es war ein Unfall. Es bestand kein Grund, ihr ein Grab in geweihter Erde zu versagen.«
»Sie meinen damit die Kirche?«
»Wen sonst?«
»Also gut, kommen wir noch einmal auf Mary Driskill zu sprechen. Sie hatte schwere Depressionen durchgemacht, sie hatte einen Nervenzusammenbruch erlitten, und sie war nicht imstande, sich an die Kirche zu wenden. Jedenfalls nicht offiziell. Sie brachte es einfach nicht über sich, bei einem Priester die Beichte
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