Assassini
extremsten Ansichten im gesamten Kardinalskollegium betrachtet, aber er war ein Mann, dessen ausgeprägter Jähzorn ihm Einfluß und Überzeugungskraft verliehen. Mit anderen Worten, man fürchtete ihn. Dann war da Gianfranco Kardinal Vezza, einer der ältesten der Alten im Klerus, ein Mann, der sorgsam darauf bedacht war, seinen Ruf als zunehmend milder Kirchenmann aufrechtzuerhalten, weil er auf diese Weise die Unvorsichtigen um so leichter zwischen die stählernen Kiefer seiner intriganten Fallen locken konnte; weiterhin Carlo Kardinal Garibaldi, ein rundlicher Bonvivant, der geborene Politiker, der vieles von dem, was er am besten beherrschte, von Kardinal D’Ambrizzi gelernt hatte; und schließlich Federico Kardinal Antonelli. Diese Herren saßen in dunkelroten, ledernen Sesseln, umgeben von hohen Bücherwänden – einige der Werke in den Regalen stammten aus Kardinal Polettis Feder. Garibaldis Frage nach der Herkunft der Bänder blieb unbeantwortet im Raum stehen. Statt dessen erklangen wieder die Stimmen aus dem Lautsprecher.
Aber was hatte er mit dieser schmutzigen Geschichte zu tun?
Schwester Valentine hat ihn in Paris besucht, im Rahmen ihrer Nachforschungen. Und jetzt, kurze Zeit später, wurde er ermordet. Vielleicht gibt es eine Verbindung …
Sie werden sicher Besseres zu tun haben, als wilde Vermutungen anzustellen, Giacomo. Ich werde jemanden nach Paris schicken, der dieser Sache nachgeht.
Dann wünsche ich diesem Jemand viel Glück. Vielleicht war es ein reiner Zufall. An einer Straßenecke erstochen. So was soll ja vorkommen.
Unsinn. Die Kirche wird angegriffen, und Heywood war ein Opfer. Das ist offensichtlich.
Kardinal Poletti beugte sich über den Couchtisch und drückte auf die Stop-Taste. Er ließ den Blick langsam von einem Gesicht zum anderen schweifen.
»Das war der entscheidende Punkt«, sagte er. »Haben Sie es gehört? ›Die Kirche wird angegriffen‹ Darum, meine Herren, habe ich Sie zu mir gebeten. Damit Sie diese Aussage Indelicatos mit eigenen Ohren hören. Er betrachtet es als das, was es ist. Als Angriff.« Poletti verzog das Gesicht, als er einen Schluck von seinem inzwischen kalten Kaffee trank. »Es ist besser, unsere Pläne jetzt schon in die Tat umzusetzen, als bis zur letzten Minute zu warten, wenn wir bis über beide Ohren von Ausländern umgeben sind – Polen und Brasilianern und Amerikanern. Geben Sie diesen Leuten ein Seil, das lang genug ist, und sie werden uns alle damit aufhängen. Sie werden die Kirche aufhängen! Sie, meine Herren, wissen, daß ich recht habe.«
Kardinal Garibaldi meldete sich zu Wort; seine wulstigen Lippen bewegten sich beim Sprechen fast unmerklich, wie bei einem Bauchredner. »Sie behaupten also, dies wären die Stimmen von Calixtus, D’Ambrizzi und Indelicato, ja? Nun, das ist ein Geniestreich, Antonio, aber mit einem häßlichen Beigeschmack. Wie haben Sie sich die Bänder verschafft? Wo hat dieses Gespräch stattgefunden?«
»Im Büro seiner Heiligkeit.«
»Wie interessant. Sie haben eine Wanze ins Büro des Papstes geschleust. Oh, schauen Sie nicht so verdutzt drein. Ich bin mit den modernen Techniken durchaus vertraut.«
»Das muß am Einfluß ihres Herrn Bruder liegen«, murmelte Kardinal Vezza. Er rieb sich über die weißen Bartstoppeln am Kinn. In letzter Zeit vergaß er des öfteren, sich zu rasieren.
»Stellt sich nur die Frage, welchen Bruder Sie meinen«, sagte Ottaviani mit einem verzerrten Lächeln. »Den Diplomaten oder den Pornographen?« Er kicherte leise vor sich hin, als er den Unmut auf Polettis Gesicht sah.
»Sie erinnern mich von Tag zu Tag mehr an ein altes Waschweib«, sagte Poletti verächtlich.
Kardinal Vezza, ein hochgewachsener Mann, der genauso langsam sprach, wie er sich bewegte, beugte sich mühsam im Sessel vor. Wie üblich hatte er Schwierigkeiten, sein Hörgerät richtig einzustellen. »Was diesen Diplomaten betrifft – ich hatte selbstverständlich schon einmal Kontakte zu ihm. Werden Botschaften nicht immer von dem einen oder anderen ausspioniert? Also dürfte er sich doch mit solchen Dingen auskennen.«
Garibaldi wiederholte seine Frage. »Nun? Wie haben Sie das mit den Bändern gemacht?«
»In der medizinischen Abteilung des Vatikans arbeitet ein entfernter Vetter von mir. Er hat eine auf die menschliche Stimmfrequenz eingestellte Apparatur unter dem Wägelchen befestigt, mit dem das Sauerstoffgerät seiner Heiligkeit transportiert wird.« Poletti zuckte beiläufig die Achseln, als
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