Assassini
befand.
»Zwei Revolver?« fragte sie auf englisch.
Dunn nickte.
»Möchten Sie auch eine Schachtel Platzpatronen?«
»Ach, wissen Sie, wir wollen eigentlich keinen Lärm machen. Oder, Driskill?«
»Ich bestimmt nicht.«
»Also«, sagte er zu dem Mädchen. »Nur die Waffen. Keine Munition.« Er lächelte, als hätte er einen guten Witz gemacht.
Als wir das Geschäft verließen, war der Regen stärker geworden. Dunn reichte mir meine Spielzeugwaffe. »Stecken Sie den Ballermann in die Tasche. Für alle Fälle.« Er blinzelte mir zu. Ich schob den Revolver in die Tasche meines Regenmantels. »Fein. Fühlen Sie sich jetzt besser?«
»Sie sind mir ein Rätsel, Sie Mann Gottes«, murmelte ich. Er schob eine Hand in die Tasche seines Burberry. Ich hörte, wie der Schlagbolzen leise klickte. Ein kindliches Grinsen legte sich auf sein rosiges Gesicht. Er hatte sich das Mundstück seiner Pfeife verkehrt herum zwischen die Lippen geschoben, so daß der Pfeifenkopf nach unten wies, damit der Regen nicht hineintropfen konnte.
»Der Pistolero-Padre. Gefällt mir. Vielleicht bin ich doch aus dem Stoff, aus dem Mythen entstehen.«
»Es ist nur ein Plastikspielzeug.«
»Ach, junger Freund, die Grenzen zwischen Illusion und Wirklichkeit sind verschwommen.« Dunn warf einen Blick auf seine Uhr. »Es ist gleich vier. Kommen Sie, wir müssen uns auf den Weg zu Clive machen.«
Das Taxi, ein alter Peugeot, kämpfte sich mühsam und mürrisch den Hügel zur Place de la Contrescarpe hinauf. Der Platz stand beinahe unter Wasser, doch die Clochards hockten, wie schon ein paar Tage zuvor, um ihr Lagerfeuer. Durch die Fensterscheiben des Tabbycats fiel weiches, warmes Licht.
Clive Paternoster hatte es sich an einem Tisch am Fenster gemütlich gemacht. Die Brille schwankte bedenklich auf seiner Maulwurfsnase, als er sich kräftig in ein Taschentuch schneuzte. Die Erkältungssaison hatte Hochkonjunktur. Clives schäbiger, alter Mackintosh hing an einem Haken neben dem Fenster, und als wir zu ihm traten, erhob er sich halb aus dem Stuhl und schüttelte uns die Hände.
Wir bestellten eine Runde Cognac. Die beiden pafften mit ihren Pfeifen um die Wette und hüllten den Tisch in eine dichte Nebelwolke aus Tabaksqualm.
»Sie haben ihn also in Irland aufgestöbert«, sagte Paternoster zu Father Dunn.
»Und ihn lebend zurückgebracht«, sagte Dunn.
»Erzählen Sie«, wandte Paternoster sich an mich. »Haben Sie Bruder Leo gefunden? Geht’s ihm gut?«
»Oh, ja«, sagte ich. »Ich habe ihn gefunden …« Ich hielt inne, plötzlich unschlüssig geworden, was ich auf Clives Frage antworten sollte. »Es geht ihm gut«, sagte ich schließlich. »Na ja, einigermaßen gut.« Die Lüge war einem wiedererwachten Schutzbedürfnis entsprungen, das ich Paternoster gegenüber empfand. Ich wollte ihn nicht noch tiefer in die ganze Sache hineinziehen.
»Und?« fragte Father Dunn. »Hatten Sie ebenfalls Glück bei Ihrer Suche?«
»Manchmal geschehen noch Zeichen und Wunder, würde ich sagen.« Paternoster blickte stolz zwischen Dunn und mir hin und her. »Es sieht so aus, als hätte ich meine Verbindungen doch noch nicht verloren. Der Vikar wäre stolz auf mich gewesen. Ich habe alte Kontakte geknüpft und so viel Druck gemacht, bis die Drähte zu glühen anfingen. Nein, nein, kein Grund zur Sorge – das sind die verschwiegensten Menschen der Welt. Ich habe ihnen eine wüste Geschichte aufgetischt, sämtliche Informationen zusammengekratzt … ja, Father, ich weiß, wo Erich Kessler sich befindet.«
»Gute Arbeit, mein Freund.« In Dunns sonst so kalten irischen Augen lag ein Lächeln. »Und? Lassen Sie hören.«
»Ich weiß, wo er ist und wer er geworden ist.«
Erich Kessler hatte den Namen Ambrose Calder angenommen.
Er lebte in der Nähe von Avignon.
Er war bereit, sich mit uns zu treffen, da er sich an Artie Dunn erinnern konnte.
Er hatte genaue Anweisungen erteilt, wie wir uns verhalten sollten.
Ambrose Calder ging nicht das kleinste Risiko ein.
Father Dunn war in New York der Gedanke gekommen, daß Curtis Lockhardt vielleicht eine Wohnung oder ein Haus in Paris besaß, das er Val möglicherweise zur Verfügung gestellt hatte, als sie dort ihre Nachforschungen betrieb. Ich wußte auch nicht, warum ich nicht selbst auf diesen Gedanken gekommen war. Aber ich war davon ausgegangen, daß Val im Pariser Ordenshaus ein Zimmer bewohnt hatte. Glücklicherweise hatte Dunn sich noch in New York mit Lockhardts Büro in Verbindung gesetzt und die
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