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Assassini

Assassini

Titel: Assassini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gifford
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Wir beide haben Val verloren … und jetzt muß ich erst einmal zu überdenken versuchen, was Sie mir heute abend alles erzählt haben. Aber, bitte, seien Sie nicht mehr wütend auf mich, haben Sie ein wenig Verständnis …«
    Das Taxi rollte an den Bordstein. Dunn stieg ein und ließ die Tür für mich offen. Ich wandte mich von Elizabeth ab.
    »Ben«, sagte sie, und es hörte sich an, als hätte sie gerade erst meinen Namen erfahren und würde ihn gern aussprechen.
    »Ja?«
    »Ich kann den Gedanken an Father Governeau nicht loswerden. Wissen Sie inzwischen mehr über ihn? Was ist mit ihm passiert? Warum hat Val am letzten Tag ihres Lebens an ihn gedacht? Wie kann das mit der anderen, viel größeren und komplizierteren Geschichte in Verbindung gebracht werden? Hinter was war Val her?«
    »Das weiß ich nicht«, sagte ich. »Bis jetzt habe ich nicht die leiseste Ahnung.«
    »Und Ihr Vater – wie geht es ihm?«
    »Er ist … ich weiß es nicht. Er kommt wieder auf die Beine. Ich kenne ihn. Er wird wieder gesund. Einen solchen Bastard kann so schnell nichts umbringen.« Ich stieg in die Taxe. Father Dunn faltete seinen Regenschirm zusammen.
    Schwester Elizabeth stand auf dem Gehsteig und schaute uns nach.
    »Was hat sie gesagt?« fragte Dunn.
    »Sie hat nach Father Governeau gefragt. Aber was sollte ich ihr sagen? Vielleicht werden wir niemals mehr erfahren, als wir bisher wissen. Val hatte sich für das Schicksal Governeaus interessiert, aber was spielt das noch für eine Rolle?«
    Father Dunn saß still da und starrte aus dem Fenster in den Nebel und den Regen. Pariser Nächte.
    »Mein rauher Hals bringt mich um«, sagte er.
    Meine Mutter kehrte wieder in meine Träume zurück, so erfolglos wie immer. Sie streckte die Arme nach mir aus, sagte etwas zu mir, ganz leise, und ich mühte mich, ihre Worte zu verstehen. Ich hatte den Eindruck, daß ich sie würde hören können, wenn ich mich ein wenig mehr anstrengte, mich ein bißchen mehr konzentrierte. Es war nicht bloß ein Traum, das wußte ich mit Bestimmtheit. Ich erinnerte mich an irgend etwas, das tatsächlich geschehen war. Warum konnte ich die Botschaft nicht verstehen? Warum nicht?
    Ich erwachte schweißgebadet, schaudernd; mein Rücken war verkrampft und schmerzte. Ich hatte am vergangenen Morgen einen neuen Verband angelegt; er war schweißgetränkt. Im Zimmer war es kalt, die Fenster waren geöffnet. Ich stand auf und legte einen neuen Verband an. Die Wunde war gut verheilt, juckte bereits und schien nicht mehr zu nässen.
    Ich weiß nicht, wieviel Zeit vergangen war, als mir das Trommeln des Regens gegen die Fensterscheiben und das Klingeln des Telefons bewußt wurden.
    Ich nahm den Hörer ab und fragte mich, was Dunn wohl so Dringendes auf dem Herzen hatte, daß er nicht damit warten konnte.
    Aber es war Schwester Elizabeth, und sie hielt sich unten in der Lobby auf. Sie teilte mir mit, daß sie uns nach Avignon begleiten wolle, auf unserer Suche nach Erich Kessler alias Ambrose Calder. Sie sagte, sie habe die älteren Rechte. Sie habe länger als ich versucht, ihn aufzustöbern. Sie werde ein Nein nicht hinnehmen.

2 DRISKILL
    Avignon lag wie in einem Flickenteppich aus Sonnenlicht, das zwischen den weißen Schäfchenwolken hindurchfiel. Es war ein warmer Novembernachmittag, und der Geruch nach Sauberkeit und Frische, wie man ihn nach heftigen Regenfällen antrifft, verstärkte noch die Atmosphäre dieses herrlich klaren Tages.
    Die Hauptstadt der Vaucluse lag dicht am Ostufer der Rhone. Avignon selbst erschien mir irgendwie klein und unbedeutend, weil die Festung mit ihren acht Türmen, welche auf einem mächtigen, fast hundert Meter hohen Felsen errichtet war, die Stadt wie ein allbeherrschendes Merkmal überragte. Das war der päpstliche Palast, der aus der Zeit der babylonischen Gefangenschaft der Kirche stammte. Er kauerte wie ein riesiger, schläfriger Despot auf einem ungeheuren Felsenthron, der seinen trägen Blick über die ergebenen, verängstigten, sich duckenden Untertanen schweifen ließ. Die Mauern schimmerten im Licht der untergehenden Sonne in einem blassen, sandfarbenen Beige.
    Ich hatte Avignon vor vielen Jahren als Tourist besucht. Heute war ich mit gänzlich anderen Dingen beschäftigt gewesen: Seit Tagen dachte ich über die Komplexität von D’Ambrizzis Persönlichkeit nach, die in so krassem Gegensatz zu Horstmanns schlichter Wesensart stand. Außerdem beschäftigten mich meine widerstreitenden Gefühle für Schwester Elizabeth.

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