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Assassini

Assassini

Titel: Assassini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gifford
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Papst verraten … und jetzt deutet D’Ambrizzi an, daß Archduke ihm den Papstthron kaufen wird. Das kann ich nur als ausgesprochen schmutzig bezeichnen.«
    »Und ich als brillante Ausnutzung menschlicher Ressourcen«, sagte Dunn. Er blinzelte mir zu.
    Ich war nicht ganz sicher, wie ich mich von Elizabeth verabschieden sollte. Ich würde sie vermissen, aber die Tür zwischen uns blieb geöffnet. Das war die Hauptsache. Ich rief sie kurzerhand an.
    »Ich muß Ihnen noch einiges erzählen, bevor ich abreise«, sagte ich. »Wichtige Dinge. Haben Sie den Kardinal schon gesehen oder gesprochen?«
    »Ja, ja, hab’ ich.« Sie war seltsam hektisch. »Sagen Sie jetzt nichts mehr, Ben. Ich weiß nicht, ob jemand zuhört – wir müssen uns treffen. Wann reisen Sie ab?«
    Ich sagte es ihr.
    »Also gut.« Ich hörte, wie sie ihren Terminkalender durchblätterte. »Also, ich könnte mir die nächsten beiden Stunden freinehmen. Haben Sie Zeit? Sind Sie im Hotel?«
    »Ja. Ich habe Zeit, was immer Sie auch …«
    »Ich erwarte Sie unten an der Spanischen Treppe. In einer Viertelstunde.«
    Und dann stand ich unten an der Spanischen Treppe. Und wartete. Und dann hörte ich sie meinen Namen rufen. Sie war völlig außer Atem. Ich legte ihr die Hände auf die Schultern. »Keine Bewegung«, sagte ich. Sie blickte mich erwartungsvoll an. »Es kommt mir so vor, als hätte ich Sie seit einem Monat nicht mehr gesehen.« Sie lächelte, und ich küßte sie zärtlich auf den Mund. Es schien die natürlichste Sache der Welt zu sein. Obwohl sie einen Blazer mit dem Rosettenemblem des Ordens am Revers trug.
    »Kommen Sie«, sagte sie und zog mich am Ärmel hinter sich her. »Wieviel wissen Sie?«
    »Mehr, als ich glauben kann«, sagte ich.
    »Wissen Sie schon, daß Indelicato tot ist?«
    »Wissen? Elizabeth – D’Ambrizzi und ich, wir haben seine Leiche … auf den Rücken gedreht. Und dann haben wir das Messer gesehen …«
    »Messer? Was für ein Messer? Wovon reden Sie?«
    »Von einem florentinischen Dolch, um genau zu sein.«
    Sie starrte mich an wie einen Verrückten. Sie blieb für einen Augenblick stehen und führte mich in einen kleinen Park. Eine Gruppe Kinder hatte sich um eine winzige Puppenspielbühne versammelt. Es war eine seltsame Vorstellung. Pinocchio war in ein Priestergewand gekleidet und spielte die Rolle eines lügnerischen Geistlichen, der sich einem hübschen Mädchen gegenüber brüstete, was für ein tapferer Kerl er doch sei. Während er von seinen vernichtenden Siegen über das Böse schwafelte, tauchte in seinem Rücken ein riesiger schwarzer Ritter in schimmernder Rüstung auf einem Pferd auf. Das schöne Mädchen mit dem blonden Haar wußte nicht, wie sie den Redefluß ihres Helden unterbrechen oder ihn warnen sollte. Für mich hatte es ganz den Anschein, als hätte Pinocchios letztes Stündchen geschlagen. Für die Kinder offenbar auch, denn ihre schrillen, warnenden Schreie machten jede vernünftige Unterhaltung unmöglich. Wir schlenderten ein Stück weiter und setzten uns auf eine Bank unter Bäumen, in deren kahlen Kronen der Wind wisperte.
    »Ben, Kardinal Indelicato ist an einer Herzattacke gestorben.« Sie bedachte mich mit einem ernsten Blick. »D’Ambrizzi hat mich heute morgen angerufen. Er hat mir gesagt, daß Indelicato einen tödlichen Herzinfarkt erlitten hat, als er mit Calixtus gesprochen hat. Er ist noch im päpstlichen Schlafzimmer gestorben. Man will die Nachricht allerdings erst morgen an die Medien freigeben …«
    »Hat er erwähnt, wie Calixtus es aufgenommen hat?«
    »Nein, aber …«
    »Elizabeth, diesmal müssen Sie mir vertrauen. Indelicato ist erstochen worden. Von – glauben Sie mir, ehrlich – von Calixtus.«
    »Sie wollen doch nicht etwa behaupten …«
    In dieser Weise verlief das Gespräch noch eine Zeitlang. Nicht, daß Elizabeth die Geschichte anzufechten versuchte; schließlich wußte sie auch sehr vieles, und sie hätte nicht die Zeit damit verschwendet, sich gegen die Wahrheit zur Wehr zu setzen. Aber es ist wohl müßig zu erwähnen, daß sie die Neuigkeiten nur schwer verdauen konnte.
    Am Ende meines Berichts waren Pinocchio und der schwarze Ritter verschwunden, und die Kinder – teils Schüler in Uniformen, teils kleinere Kinder – zerstreuten sich, schlenderten mit ihren Müttern oder Kindermädchen langsam davon. Der sonnige Himmel hatte sich mit einer grauen Wolkendecke überzogen. Der Wind wehte kalt aus rasch wechselnden Richtungen. Weihnachten war nicht mehr

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