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Assassini

Assassini

Titel: Assassini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gifford
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dieselben.« Seine Stimme war kaum mehr verständlich, und die Bilder, die D’Ambrizzi mit solcher Leidenschaft beschrieben hatte, bewegten, ja erschütterten Elizabeth. Higgins beugte sich vor, lauschte angestrengt der leisen Stimme D’Ambrizzis.
    Später standen sie im kühlen Schatten eines kleinen Gartens, von dem aus sie die mächtigen, kahlen Ruinen des Forum Romanum durch den Dunst und den Smog sehen konnten. Higgins sprach leise auf D’Ambrizzi ein, und Elizabeth hörte den Satzfetzen: »… hat mich schon immer interessiert, das Paradoxon, die Widersprüche in sich … das Böse, das Gute, im Einklang. So ähnlich wie Ihr Interesse an den heidnischen Vorläufern des Christentums.«
    Sandanato stand ein Stück abseits von ihnen und roch an den Blumen, die im hellen Sonnenlicht all ihre Schönheit erstrahlen ließen. »Widersprüche in sich«, sagte D’Ambrizzi. »Genau sie sind es, mit denen sich auch die Kirche auseinandersetzen muß. Zwei Seiten, zwei widersprüchliche, sich bekämpfende Auffassungen vom Leben, die ständig kommunizieren, um überleben zu können … Ich habe versucht, die verschiedenen Komponenten in Einklang zu bringen. Wir Kirchenleute sind ja schließlich keine Vereinigung von Asketen, nicht wahr? Ja, gewiß, in der Kirche gibt es natürlich Menschen, die nur dem Gebet und der Askese leben, beispielsweise in den Klöstern. Nun, diese Menschen beten so viel, daß es für uns alle reicht, meinen Sie nicht auch? Ich habe nie mehr Zeit im Gebet verbracht, als es mein Amt erfordert hat.« Kräuselnd stieg Rauch von der Zigarette auf, die er zwischen seinen nikotingelben Wurstfingern hielt. »Schwester Elizabeth, Sie neigen doch auch nicht dazu, an die wundertätige Wirkung des Gebets zu glauben, nicht wahr?«
    »Ich fürchte, nein. Nicht an eine wundertätige Wirkung.« Sie lächelte.
    »Ich wußte es«, sagte er zufrieden. »Sie und ich, wir haben die gleiche Geisteshaltung, Schwester. Schauen Sie sich unseren Monsignore Sandanato an. Er ist Fachmann, was Klosterbauten und das klösterliche Leben betrifft, er liebt Klöster, verfallene Klöster, verlassene Klöster, von Ungläubigen oder anderen Heimsuchungen zerstörte, bis auf die Grundmauern niedergebrannte Klöster. Er sieht es nicht gern, daß einer wie ich so viel Gewicht auf weltliche Dinge legt. Auf Geld und Macht.« Er bedachte jeden der Anwesenden mit einem strahlenden Lächeln.
    Kaum hatten sie die angenehme Kühle des Schattens verlassen, überflutete sie das grelle Sonnenlicht. Sandanato wartete geduldig am Wagen, eine schlanke schwarze Gestalt.
    »Auch im Interesse der Kirche muß jemand um Macht und Geld kämpfen«, sagte Elizabeth und nahm den schweren, süßen Duft des Gartens in sich auf. »Oder die Welt verschlingt uns. Das Böse könnte triumphieren und die rote Farbe und die purpurne Toga tragen.«
    D’Ambrizzi nickte heftig. »Einige Menschen sind vielleicht der Ansicht, daß die Welt uns bereits verschlungen hat. Jedenfalls ist es eine Schlacht, die nach den weltlichen Regeln geschlagen wird, nicht nach den unseren. Und genau das versuche ich, und ich überlasse es anderen wie meinem getreuen Pietro, sich vollkommen den geistigen Dingen zuzuwenden. Die Kirche ist groß genug für uns alle.« Seine Augen funkelten unter den schweren Lidern.
    Später führte ihr Weg eine steile, antike römische Straße hinauf, den Clivus Argentarius, vorbei an der Basilika Argentaria, wo sich einst das Handelszentrum der römischen Welt befunden hatte. Die Sonne stand inzwischen so tief, daß die Gruppe sich die meiste Zeit im Schatten von Gebäuden befand. Als sie auf die Via del Tulliano einbogen, fragte Elizabeth sich, welche Gründe D’Ambrizzi zu dieser Besichtigungstour bewogen haben mochten. War es ein Versuch, dem Amerikaner – und auch ihr – Schauer über den Rücken zu jagen? Oder hatte er tatsächlich die Absicht gehabt, den Rundgang als eine Art Lehrstunde abzuhalten, die zeigen sollte, daß die heidnische und christliche Welt auf immer und unlösbar miteinander verbunden waren? Nein, vermutlich ging es ihm, wie er ja selbst gesagt hatte, bei dieser Tour nur darum, über sein Verhältnis zur Ewigen Stadt nachzudenken. Doch was immer D’Ambrizzis Absicht sein mochte – in Elizabeth’ Hirn wirbelten die Bilder und Einblicke, die der Kardinal wachgerufen hatte, wild durcheinander.
    »Die Kirche dort an der Ecke«, sagte er und blieb stehen, um Atem zu holen, »ist San Giuseppe dei Falegnami. An sich nichts

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