Assassino
die Kehle durchzuschneiden, als er die Frau etwas rufen hörte. Er sah zu ihr hinüber. Sie schüttelte entsetzt den Kopf. Er zögerte, dann zog er das Messer zur Seite und schlug seinem Gegner den Knauf gegen den Schädel, und der Mann brach bewusstlos zusammen.
Ilyas atmete ein paar Mal durch und wandte sich dann der Frau zu, die immer noch an die Hauswand gepresst stand.
Sie starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an.
Zweifel
Alles war so schnell gegangen. Im einen Augenblick wurde sie von den drei Männern bedrängt, im nächsten lagen sie vor ihr am Boden.
Über ihnen stand, das Messer in der Hand, der Junge, der sie ohne große Mühe ausgeschaltet hatte. Sein schwarzes Haar glänzte im Schein der Laterne wie das Fell eines Panthers. Er sah Kati wortlos an. Seine dunklen Augen strahlten eine Intensität aus, die sie erschauern ließ.
»Danke«, stieß sie auf Kroatisch hervor. Ihr Herz raste, und sie hatte Mühe, das Wort überhaupt herauszubringen.
Er erwiderte etwas in einer Sprache, die sie nicht erkannte.
»Wie bitte?«, fragte sie.
Er wiederholte seine Worte. Hatte sie richtig gehört? Er sprach einen persischen Dialekt. Sie hatte vor einem Jahr einige Monate bei einer Ausgrabung im nördlichen Iran verbracht und sich dabei gewisse Kenntnisse in Farsi angeeignet. Wenn sie sich darauf verlassen konnte, dann hatte er sie soeben gefragt: »Was machst du hier alleine auf der Straße? Wo ist dein Mann?«
Sie war so verblüfft, dass sie ihn einfach nur anstarrte.
Er starrte zurück.
»Vielen Dank«, sagte sie noch einmal, jetzt auf Persisch.
Er nickte wortlos. Dann beugte er sich über einen der Männer und hob das Messer. Kati fürchtete, er wollte den Bewusstlosen erstechen.
»Nicht!«, rief sie.
Er beachtete sie gar nicht, sondern wischte die Klinge an der Jacke des Mannes ab. Dann ließ er das Messer in einer Tasche seiner weiten Leinenhose verschwinden. Ohne ein Wort machte er kehrt und lief die Treppenstufen nach oben.
»Warte!«, rief sie ihm hinterher, doch er verschwand bereits um die Ecke. Sie sprang hinter ihm die Treppe hinauf, aber als sie oben ankam, war von ihm schon nichts mehr zu sehen. Es war, als hätte er sich in Luft aufgelöst.
Sie lehnte sich an die nächste Wand und schloss die Augen. Was war das gerade gewesen? Ein einfacher Straßenraub? Das konnte sie nicht glauben. Das war ein vorbereiteter Überfall gewesen. Die Männer hatten sie gleichzeitig vor Tadics Tür erreicht, so als hätten sie gewusst, dass sie da herauskommen würde.
War das der Grund, warum der alte Branko ihr nicht die Tür geöffnet hatte? War er es, der die Männer informiert hatte? Aber wie? Laut Seamus besaß er kein Telefon.
Und was hatten die Angreifer von ihr gewollt? Sie trug nichts Wertvolles bei sich, abgesehen von ihrem Notizbuch, das aber nur für sie eine Bedeutung hatte. Und wer war der Unbekannte, der sie gerettet hatte und sofort wieder verschwunden war?
Die Fragen wirbelten in ihrem Kopf herum, doch sie fand keine Antworten. Nur eines wusste sie jetzt sicher: Ihre Vorahnung gestern hatte sie nicht getäuscht.
Kati gab sich einen Ruck. Sie blickte in die Gasse zurück. Die drei Männer lagen noch immer so da, wie ihr Retter sie niedergeschlagen hatte, aber es konnte nur noch eine Frage der Zeit sein, bis sie sich wieder aufrappelten. Dann wäre es besser für sie, nicht mehr in der Nähe zu sein. Noch immer war in der Gasse kein Mensch zu sehen, alle Fenster und Türen waren verriegelt. Wo waren die Leute? Hatte niemand das, was soeben geschehen war, mitbekommen? Oder
wollte
es niemand sehen?
Sie lief nach links, wo sich der nächste Ausgang aus der Altstadt befand. Auf halbem Weg klingelte ihr Telefon. Chris war aus seiner Klausur wieder aufgetaucht und hatte ihre Nachricht gehört. Ohne anzuhalten, berichtete sie in knappen Worten von dem Überfall.
»Wo bist du jetzt genau?«, fragte er.
»Kurz vor dem Buža-Tor«, erwiderte sie.
»Ich hole dich am Parkplatz ab«, sagte er. »In fünf Minuten bin ich da.«
Kati atmete auf, als sie den Durchgang in der Stadtmauer erreichte. Hier war sie wieder unter Menschen, die zu einem späten Restaurantbesuch in die Altstadt kamen oder sie verließen, um nach Hause zu fahren oder zu gehen. Sie ließ sich auf einen Steinpoller sinken. Wenig später hielt ein Auto vor ihr und Chris sprang heraus.
»Alles in Ordnung?«, fragte er besorgt. »Ich habe die Polizei angerufen. Sie müssen gleich hier sein.«
Während sie warteten, löcherte
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