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Assassino

Assassino

Titel: Assassino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
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können Sie Ihren Retter gleich mitnehmen.«
    Kati unterzeichnete die drei Formulare und sie verabschiedeten sich von Sebec. Dann wurden sie erneut zum Zellentrakt im Keller geführt.
    »Willst du ihn etwa zu uns einladen?«, fragte Chris, der sich zuvor nur mühsam zurückgehalten hatte.
    »Wir können ihn wohl schlecht auf die Straße zurückschicken.« Die ständigen Einwände ihres Freundes nervten sie.
    »Dann bringen wir ihn in ein Hotel.«
    »Und dann? Drücken wir ihm hundert Euro in die Hand und verabschieden uns? Ist das wirklich dein Ernst?«
    »Schon gut.« Er machte einen Rückzieher. »Wenn du darauf bestehst   … « Aber Kati merkte genau, dass das lediglich ein vorübergehendes Zugeständnis war, um weiteren Streit zu vermeiden.
    Sie erreichten die Zelle. Der wachhabende Beamte öffnete die Tür und winkte dem Häftling zu. »Du wirst abgeholt.«
    Auch wenn er die Sprache nicht verstand, die Geste verstand er. Langsam erhob er sich und kam zur Tür. Erst als er Kati erblickte, änderte sich sein misstrauischer Blick. Er machte eine leichte Verbeugung, sagte aber kein Wort.
    Sie hatte zum ersten Mal Gelegenheit, ihn genauer zu betrachten. Sein einstmals sicher weißes Leinenhemd war von dunklen Flecken übersät. Seine blaue Hose wies eine Handvoll Löcher auf, und auch seine Sandalen hatten schon bessere Zeiten gesehen.
    Trotz seiner abgerissenen Kleidung und der Umstände strahlte er eine Würde aus, eine souveräne Ruhe. Er war zwar von schmaler Statur, aber Kati hatte seine Kräfte in der letzten Nacht selbst erlebt und konnte sich die Muskeln, die unter dem abgenutzten Stoff spielten, gut vorstellen. Er war braun gebrannt und seine schwarzen Haare fielen ihm bis auf die Schultern. Über den hohen Backenknochen funkelten diese tiefbraunen Augen, die sie so verwirrten. Sie schienen bis auf den Grund ihrer Seele vorzudringen, ohne dass sie etwasdagegen tun konnte. Zugleich verbargen sie mehr über ihren Besitzer, als sie verrieten. Auch seine vollen Lippen gaben keine Auskunft über seinen Gemütszustand. Offenbar hatte er früh gelernt, seine Gefühle zu beherrschen, denn er konnte nicht viel älter sein als sie.
    Sie musste sich Mühe geben, seinem Blick standzuhalten. »Ich bin Kati, das ist Chris«, erklärte sie ihrem neuen Schützling auf Farsi.
    »Ich heiße Ilyas«, erwiderte er. »Ist das dein Mann?« Er deutete auf Chris.
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein, das ist nur ein Freund von mir.«
    »Ein Freund?« Sein Gesicht nahm einen missbilligenden Ausdruck an. »Er sollte dich nachts nicht allein durch die Stadt gehen lassen.«
    »Ich bin alt genug, das selbst zu entscheiden«, entfuhr es ihr. Die Auseinandersetzung mit Chris hatte sie reizbar gemacht, und es klang schärfer, als sie beabsichtigt hatte.
    Er zögerte einen Moment, dann nickte er wortlos.
    »Wo bin ich hier?«
    »In Dubrovnik.«
    »Ist das ein Land? Eine Stadt? Und was ist das hier für ein Ort?«
    »Dubrovnik ist eine Stadt in Kroatien und wir befinden uns   … « Sie musste nach dem passenden Wort suchen. »Wir befinden uns im Haus der Polizei.«
    Sein Gesicht veränderte sich kaum, aber sie spürte, dass er mit diesen Worten nichts anfangen konnte. Da, wo er herkam, kannte man offenbar weder Kroatien noch ein Polizeirevier.Merkwürdig. Aber danach konnte sie ihn später immer noch befragen.
    »Wir nehmen dich mit in unser Haus«, erklärte sie ihm. Ilyas nickte erneut. Er folgte ihnen bis zum Ausgang des Zellentrakts.
    »Mir wäre es lieber, wenn
Sie
seine Habseligkeiten nehmen würden«, sagte der Polizist, der dort mit einer Metallschachtel auf sie wartete. Er öffnete den Deckel und holte ein Messer und eine kleine Holzstatue heraus. Sofort griff Ilyas nach dem Messer, aber Kati kam ihm zuvor.
    »Das bekommst du zurück, wenn wir das Gebäude verlassen«, sagte sie und ließ das Messer vorsichtig in ihre Umhängetasche gleiten. Sie hatte erlebt, wie perfekt er damit umgehen konnte – und dass er ohne Zögern bereit war, jemanden zu töten.
    Wieder dieser unergründliche Blick, der jetzt unverkennbar etwas Wildes, Ungezähmtes ausdrückte, das er nur mühsam unterdrücken konnte. Er war es offenbar nicht gewohnt, dass ihm jemand Vorschriften machte, schon gar nicht eine Frau. Aber Kati ließ sich nicht beirren. Sie unterschrieb das Formular, das ihr der Beamte hinschob.
    »Sie sollten Ihren Freund mal unter die Dusche stellen«, riet ihr der Mann grinsend. »Der ist schon so verdreckt, dass wir seinen Anhänger nicht

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