Assassino
Haut.« Sie deutete auf seinen Kopf. »Und für deine Haare gibt es Shampoo.«
Ilyas sah sie verständnislos an. Seamus fasste ihn beim Arm. »Komm, ich zeig dir alles. Kein Grund, sich Sorgen zu machen.«
Die beiden verschwanden aus dem Raum. Chris fragte sich, was im Kopf des Jungen vorgehen mochte. Verstand er überhaupt etwas von dem, was um ihn herum vorging, wenn er nicht einmal die einfachsten Alltagsdinge kannte?
Er stöhnte demonstrativ. »Der Junge ist überhaupt nicht lebensfähig.Was willst du mit ihm in Istanbul anfangen? Der braucht doch jede Minute einen Babysitter.«
»Nun fang nicht wieder damit an. Soll er vielleicht allein hierbleiben?«
Wieso regte Kati sich so auf? Seitdem Ilyas aufgetaucht war, war sie wie verändert. Sie nahm ihn für alles in Schutz, während er eine Breitseite nach der anderen abbekam. Dabei waren seine Einwände doch vernünftig, und die alte Kati hätte sie ohne Probleme nachvollzogen.
»Er ist auch allein hergekommen«, sagte Chris. »Wer weiß, vielleicht hat er Angehörige oder Freunde, die ihn bereits suchen. Aber bestimmt nicht in der Türkei.«
»Hmmm. Daran habe ich noch nicht gedacht«, erwiderte Kati nachdenklich.
Sollte sie endlich Vernunft annehmen?
»Andererseits … «, fuhr sie fort, und sofort zerschlug sich Chris’ zaghafte Hoffnung wieder. »Wenn wir ihn hierlassen und niemand sucht ihn, dann landet er über kurz oder lang wieder in Haft und wird irgendwohin abgeschoben.«
»Trotzdem … « Chris fuhr sich durch die Haare, die verschwitzt und vom Kampf im Garten verschmutzt waren und nach allen Seiten abstanden. »Ich habe gar kein gutes Gefühl dabei.«
Von irgendwo aus dem Gebäude hörten sie einen gedämpften Schrei. Chris sprang auf. »Ich hab’s doch gesagt!«
Kati rührte sich nicht. »Bleib ruhig. Seamus weiß sich schon zu helfen.«
»Ich weiß nicht, woher du immer dein Vertrauen in Menschen nimmst, die du eben erst kennengelernt hast.« Er lehnte sich gegen seinen Sessel. »Ich würde auch gern duschen«,wechselte er das Thema.
Heute war kein guter Tag für Kati gewesen. Wenn sie erst einmal ausgeschlafen hatte, würde sie die Dinge sicher etwas anders sehen.
»Ich auch. Warten wir einfach, bis die beiden wieder da sind.«
Es dauerte nicht lange, und Seamus und Ilyas kehrten zurück. Der Junge war kaum wiederzuerkennen. Mit seinem T-Shirt , über dem er ein kariertes offenes Hemd trug, den ausgefransten Jeans und den blauweißen Segelschuhen sah er auf den ersten Blick aus wie ein x-beliebiger Jugendlicher, und nur, wer näher hinschaute, entdeckte in seinem Gesicht seine nur mühsam verborgene Wildheit, die so gar nicht in die Gegenwart passen wollte. Er hatte seine Mähne im Nacken zusammengebunden, aber das unterstrich nur noch die Energie, die von ihm ausging. Um seinen Hals hing eine Lederschnur, an der wahrscheinlich der Anhänger baumelte, von dem der Polizeibeamte gesprochen hatte.
»Ein Körper wie ein junger Gott«, seufzte Seamus neidvoll. »Fürwahr, die Vorteile der Jugend.«
Er lotste Ilyas in einen Nebenraum, der wie ein professionelles Fotostudio eingerichtet war. Der Ire postierte den Jungen vor eine weiße Leinwand und machte mehrere Fotos von ihm.
Beim ersten Blitz war Ilyas aufgesprungen, aber Seamus hatte ihn beruhigen können, und bei den folgenden Aufnahmen war er sitzen geblieben. Fasziniert beobachtete er, wie die Fotos aus dem Drucker kamen.
»So, und jetzt machen wir einen schönen Briten aus dir«, sagte der Ire. »Ich habe da noch eine Handvoll sehr glaubwürdigerReisepässe, von denen einer bestimmt zu dir passen wird.«
Ire? Fälscherwerkstatt? Auf einmal wusste Chris, woran er mit Seamus war. Er hatte schon die ganze Zeit darüber nachgegrübelt. Irgendwie kam ihm ihr neuer Freund etwas zu lässig daher. Dahinter musste mehr stecken.
»IRA!«, rief er laut.
Seamus zog fragend die Augenbrauen hoch.
»Die Terrororganisation, die mit Bomben und Waffengewalt für die Unabhängigkeit Nordirlands von Großbritannien gekämpft hat. Du bist einer von ihnen, stimmt’s?«
Kati, die neben Chris im Türrahmen lehnte, verzog das Gesicht. »Kannst du es nicht endlich gut sein lassen? Wieso bist du nur so besessen davon, was Seamus macht?«
»Weil ich einfach wissen will, mit wem wir es zu tun haben.«
»Weiß man das je?«, lächelte der Ire vielsagend. »Aber ich kann dich beruhigen: Es war lediglich eine kleine Jugendsünde, die schon lange vergessen ist.«
»Und wegen der du deine Heimat
Weitere Kostenlose Bücher