Assassin's Creed Bd. 5 - Forsaken - Verlassen
werden?“
Er schüttelte den Kopf. Dafür beugte Charles sich vor. „Benjamin Church weiß es sicher. Er versteht sich darauf, Dinge in Erfahrung zu bringen und als Mittelsmann zu fungieren. Er steht auch auf Eurer Liste.“
Ich lächelte ihm zu. Gute Arbeit , dachte ich. „Und ich habe mich schon gewundert, wen wir als Nächsten anwerben könnten.“
II
Benjamin Church war ein Arzt, und sein Haus war leicht zu finden. Als auf unser Türklopfen niemand antwortete, vergeudete Charles keine Zeit – er trat sie ein, und wir eilten ins Haus, konnten jedoch nur noch feststellen, dass es verwüstet worden war. Man hatte jedoch nicht nur die Möbel umgeworfen und Papiere über den Boden verstreut – alles Hinweise auf eine hastige Durchsuchung des Hauses. Wir fanden darüber hinaus auch Blutspuren auf dem Fußboden.
Wir sahen einander an. „Scheint, als seien wir nicht die Einzigen, die nach Mr Church suchen“, sagte ich, das Schwert gezogen.
„Verdammt!“, platzte es aus Charles heraus. „Er könnte überall sein. Was machen wir jetzt?“
Ich wies auf ein Porträt des guten Doktors, das über dem Kaminsims hing. Es zeigte einen Mann Ende zwanzig, der trotzdem einen distinguierten Eindruck machte. „Wir werden ihn finden. Kommt, ich zeige Euch, wie.“
Und damit begann ich, Charles in die Kunst des Beobachtens einzuweihen, wie man eins wurde mit seiner Umgebung, untertauchte, Routinen und Gewohnheiten erkannte, die Bewegung um einen herum studierte und sich daran anpasste, wie man mit allem ringsum verschmolz und Teil der Szenerie wurde.
Ich stellte fest, wie sehr mir meine neue Rolle als Tutor gefiel. Als Junge war ich von meinem Vater und dann von Reginald unterrichtet worden, und ich hatte mich immer darauf gefreut, hatte es genossen, mir neues Wissen zuteilwerden zu lassen – verbotenes Wissen, Wissen von jener Art, das nicht in Büchern zu finden war.
Als ich nun Charles unterrichtete, fragte ich mich, ob mein Vater und Reginald sich so gefühlt hatten wie ich jetzt: abgeklärt, weise und weltgewandt. Ich brachte ihm bei, wie man Fragen stellte, wie man lauschte, wie man sich einem Geist gleich durch eine Stadt bewegte und Informationen sammelte und auswertete. Und danach trennten wir uns, führten unsere Ermittlungen unabhängig voneinander durch und trafen uns eine Stunde später wieder, beide mit ernstem Gesicht.
Wir hatten in Erfahrung gebracht, dass man Benjamin Church im Beisein anderer Männer gesehen hatte, drei oder vier an der Zahl, die ihn aus seinem Haus getragen und weggebracht hatten. Einige der Zeugen hatten angenommen, Benjamin sei betrunken gewesen, anderen war aufgefallen, dass er Schwellungen und blutende Verletzungen aufwies. Einem Mann, der ihm zur Hilfe eilte, hatte man zum Dank ein Messer in den Bauch gestoßen. Was auch dahinterstecken mochte, es lag auf der Hand, dass Benjamin in Schwierigkeiten war – aber wo hatte man ihn hingeschafft? Die Antwort erhielten wir von einem Herold, der lauthals die Neuigkeiten des Tages verkündete.
„Habt Ihr diesen Mann gesehen?“, fragte ich ihn und zeigte ihm das Porträt.
„Das ist schwer zu sagen …“ Er schüttelte den Kopf. „Es gehen so viele Leute über diesen Platz, ich weiß nicht …“
Ich drückte ihm ein paar Münzen in die Hand, und sofort änderte sich sein Verhalten. Er beugte sich mit Verschwörermiene vor und raunte: „Man hat ihn zu den Lagerhäusern am Wasser gebracht, gleich östlich von hier.“
„Vielen Dank für Eure Hilfe“, sagte ich.
„Aber beeilt Euch“, riet er uns. „Das waren Silas’ Männer. Und Begegnungen mit denen nehmen für gewöhnlich ein schlechtes Ende.“
Silas , dachte ich, während wir uns durch die Straßen drängten und den Lagerhausbezirk ansteuerten. Wer mochte dieser Silas sein?
Als wir unser Ziel erreichten, hatte das Gedränge deutlich nachgelassen. Wir befanden uns weitab der Hauptverkehrsstraße. Ein schwacher Fischgeruch hing in der Luft. Das Lagerhaus, das wir suchten, befand sich mitten in einer Reihe fast gleichartiger Gebäude, die alle riesig waren und einen abgenutzten, baufälligen Eindruck erweckten, und ich wäre wohl kurzerhand daran vorbeigegangen, hätte keine Wache vor dem Haupteingang gestanden. Der Mann saß auf einem Fass, die Füße gekreuzt, und kaute vor sich hin, keineswegs so wachsam, wie er es hätte sein sollen, und deshalb war es mir ein Leichtes, Charles hinter die Ecke des Gebäudes zu ziehen, bevor der Wächter uns erblickte.
Es gab
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