Assassin's Creed: Der geheime Kreuzzug (German Edition)
jedem Mal, da er es sah.
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Altaïr stattete der Kirche einen Besuch ab, und ihm wurde ganz flau beim Anblick des Aufruhrs. Templerwachen hatten einen Kordon gebildet und hielten marodierende Bürger zurück, die man daran gehindert hatte, sich aus dem unmittelbaren Umkreis der Kirche zu entfernen. Diese Leute zertrümmerten nun alles, was ihnen vor die Augen kam. Man hatte Kisten und Fässer zerschlagen, und hier und da brannten Feuer in den Straßen. Am Straßenrand stehende Buden waren niedergerissen worden, und der Geruch von zertrampeltem Obst vermischte sich mit dem Rauch. Menschen hatten sich zu Gruppen zusammengefunden und intonierten zu Trommelschlag und Beckenscheppern Sprechchöre, während sie versuchten, die Reihen der Tempelritter aufzustacheln, die sie hinter provisorischen Barrikaden und umgekippten Karren und Marktständen hervor aufmerksam beobachteten. Ab und an unternahmen kleine Trupps von Soldaten einen raschen, unbarmherzigen Vorstoß in die Meute hinein, zerrten um sich tretende und schreiende Menschen heraus und schlugen entweder mit dem Knauf ihrer Schwerter auf sie ein oder warfen sie hinter die Barrieren, von wo aus sie in Zellen verbracht wurden. Aber auch damit konnten sie den Randalierern weder Angst einjagen noch ihre Wut dämpfen.
Altaïr beobachtete das alles aus der Höhe, wo er geduckt am Rand eines Daches hockte und Verzweiflung ihn plagte. Hier war etwas furchtbar schiefgelaufen. Und wenn der Bulle beschloss, ihn als den Mörder zu verkünden, dann würde alles noch schlimmer werden.
Er traf seine Entscheidung. Der Bulle musste sterben.
Als er wieder im Unterschlupf eintraf, suchte er vergeblich nach Barnabas, der nirgends zu sehen war. Jetzt war sich Altaïr sicher, dass es ein Fehler gewesen war, ihm zu vertrauen, und er verfluchte sich dafür. Er hatte auf seinen Instinkt gehört. Nur hatte er nicht gut genug hin gehört.
Markos war jedoch da, genau wie Maria, die man in eine Zelle gesteckt hatte, die sehr viel stabiler war als die behelfsmäßige Lösung, mit der sie sich in Limassol begnügen mussten. Die Tür zwischen Trockenkammer und Lagerraum stand offen, sodass sie Maria sehen konnten. Sie saß mit dem Rücken an die Wand gelehnt hinter den Gitterstäben, trat gelegentlich mit den Füßen in die Binsen, die auf dem Boden lagen, und verfolgte alles, was vorging, mit hasserfüllter, sardonischer Miene. Altaïr betrachtete sie und dachte an all den Ärger, den sie verursacht hatte.
Er erfuhr, dass sie, Markos und mehrere andere Widerständler den Unterschlupf bei ihrem Eintreffen verlassen vorgefunden hatten. Barnabas war bei ihrer Ankunft schon verschwunden gewesen.
„Was ist da draußen los?“, hatte Markos gerufen. „Die Stadt ist in Aufruhr. Ich habe Tumulte gesehen.“
„Die Leute beklagen sich über den Tod eines Bürgers, eines Mannes namens Jonas. Sagt Euch der Name etwas?“
„Mein Vater kannte ihn. Er war ein guter Mann. Wie ist er gestorben?“
Altaïr fühlte sich schlagartig noch elender. Er mied Markos’ Blick, als er erwiderte: „Tapfer ist er gestorben. Hört zu, Markos, die Sache ist kompliziert geworden. Bevor ich zu Bouchart gehe, muss ich den Bullen ausschalten und seinen Gewalttätigkeiten ein Ende bereiten.“
„Ihr wisst wirklich, wie man Chaos heraufbeschwört, Altaïr“, rief Maria aus ihrer Zelle.
Es gefiel ihm, wie sein Name aus ihrem Mund klang. „Der Bulle ist ein Mann, der für die Unterjochung Tausender verantwortlich ist. Nur wenige werden um ihn trauern.“
Sie setzte sich anders hin. „Und wollt Ihr etwa nach Kantara hineinfliegen, ihn erstechen und unbemerkt wieder verschwinden? Er umgibt sich mit Verehrern, die ihm treu ergeben sind.“ Ihre Stimme hallte zwischen den steinernen Mauern wider.
„Kantara … “, griff Altaïr ihren unfreiwilligen Hinweis auf. „Das liegt im Osten, nicht?“
„Ja, und es ist die am besten verteidigte … ach, vergesst es. Ihr werdet es ja mit eigenen Augen sehen.“
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Und Altaïr sah es in der Tat mit eigenen Augen. Die Burg Kantara wurde von Kreuzfahrersoldaten und von den fanatischen Anhängern Molochs bewacht. Altaïr kletterte an der Mauer empor, pirschte über die Wehrgänge und blieb gelegentlich stehen, um die Wachen zu belauschen und die eine oder andere Information über den Mann, den sie den Bullen nannten, aufzuschnappen. So erfuhr er, dass der Bulle ein Zelot war, der eine gleichgesinnte Gefolgschaft um sich geschart hatte. Fanatiker, die entweder als
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