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Assassin's Creed: Der geheime Kreuzzug (German Edition)

Assassin's Creed: Der geheime Kreuzzug (German Edition)

Titel: Assassin's Creed: Der geheime Kreuzzug (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bowden
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durchschaut.“
    Altaïrs Gedanken kehrten zurück zu jenem Nachmittag, als Al Mualim ihm den Schatz zum ersten Mal gezeigt hatte. Da hatte er dessen verlockende Anziehungskraft verspürt, das stimmte. Genauso wie es stimmte, dass er der Versuchung widerstanden hatte. Er fragte sich, ob ihm das auf ewig gelingen würde. Die tückische Macht des Apfels schien auf alle zu wirken, die mit ihm in Kontakt kamen. Selbst auf Al Mualim, den Altaïr einst vergöttert hatte, der wie ein Vater zu ihm und ein guter Mensch gewesen war, fair, gerecht, besonnen und nur besorgt um das Wohl des Ordens und all jener, die ihm dienten. Aber auch er war der üblen Kraft des Schatzes erlegen. Das Leuchten des Apfels verlieh seinem Gesicht einen grausigen Ton. Und dasselbe hatte er mit Al Mualims Seele getan.
    „Illusion?“, sagte Altaïr, in Gedanken immer noch bei jenem Nachmittag, der so viele Monate zurücklag.
    Al Mualim lachte. „Mehr hat er nie bewirkt. Dieser Templerschatz. Dieser Edensplitter. Dieses Wort Gottes. Verstehst du nun? Das Rote Meer wurde nie geteilt. Wasser nie in Wein verwandelt. Es waren nicht die Ränke der Eris, die den Trojanischen Krieg entfachten, sondern das.“ Er hielt den Apfel hoch. „Illusionen, samt und sonders.“
    „Was Ihr vorhabt, ist auch nichts weiter als eine Illusion“, beharrte Altaïr. „Menschen zu zwingen, Euch gegen ihren Willen zu folgen.“
    „Ist das weniger real, als es die Phantome sind, denen die Sarazenen und die Kreuzfahrer jetzt folgen? Jene feigen Götter, die sich von dieser Welt zurückziehen, auf dass sich die Menschen in ihrem Namen gegenseitig abschlachten? Sie leben längst inmitten einer Illusion. Ich schenke ihnen nur eine andere. Eine, die weniger Blut fordert.“
    „Wenigstens haben sie sich für diese Phantome selbst entschieden“, argumentierte Altaïr.
    „Haben sie das? Abgesehen von ein paar Bekehrten und Ketzern?“
    „Es ist einfach nicht rechtens“, fuhr Altaïr auf.
    „Ah, hat die Logik dich also im Stich gelassen. An ihrer statt verfällst du nun deinen Emotionen. Ich bin enttäuscht.“
    „Was soll dann geschehen?“
    „Du wirst mir nicht folgen, und ich kann dich nicht zwingen.“
    „Und Ihr weigert Euch, Eure finsteren Pläne aufzugeben.“
    „Es scheint, wir sind an einem toten Punkt angelangt.“
    „Nein. Wir sind am Ende angelangt“, sagte Altaïr. Vielleicht hatte Al Mualim recht, denn er rang in der Tat mit einer Welle von Emotionen, in der sich das Gefühl, verraten worden zu sein, mit Traurigkeit und noch etwas anderem mischte, das er zunächst nicht einzuordnen wusste, dann aber doch erkannte. Es war Einsamkeit.
    Al Mualim zog sein Schwert. „Du wirst mir fehlen, Altaïr. Du warst mein allerbester Schüler.“
    Altaïr konnte förmlich sehen, wie die Jahre von Al Mualim abfielen, als er in Position ging, sein Schwert zum Kampf bereit hob und Altaïr zwang, es ihm gleichzutun. Er sprang zur Seite, prüfte Altaïrs Deckung. Er konnte sich nicht erinnern, dass der Meister sich schon einmal so schnell bewegt hätte, jedenfalls nicht vor seinen Augen. Der Al Mualim, den er kannte, schritt gemächlich durch sein Studierzimmer, ging ohne Eile über den Hof, vollführte langsame, weit ausholende Gesten. Dieser Al Mualim hingegen bewegte sich wie ein Schwertkämpfer.
    Jetzt griff er an und führte einen Streich, den er, als Altaïr parieren wollte, in einen Stoß verwandelte. Altaïr wurde auf die Fußspitzen gezwungen und musste den Arm schier verbiegen, um Al Mualims Attacke mit seiner Klinge abzuwehren. Die Bewegung brachte ihn aus der Balance, seine Deckung war auf der linken Seite offen. Al Mualim erkannte seine Chance und brachte einen zweiten, kurzen Hieb an, der sein Ziel traf.
    Altaïr zuckte zusammen. Er spürte, wie aus der Wunde an seiner Hüfte Blut quoll, wagte aber nicht hinzusehen. Weil er es nicht wagte, seinen Blick auch nur für eine Sekunde von Al Mualim abzuwenden. Der stand ihm gegenüber und lächelte. Ein Lächeln, das bedeutete, dass er dem jungen Welpen eine Lektion erteilt hatte. Er trat zur Seite, dann täuschte er einen Angriff vor, indem er das Schwert erst in die eine und dann in die andere Richtung stieß, in der Hoffnung, Altaïr zu überrumpeln. Altaïr kämpfte gegen Schmerz und Erschöpfung, unternahm aber trotzdem selbst einen Vorstoß, und damit überraschte er Al Mualim, was ihn innerlich aufjubeln ließ. Doch obwohl er ihn traf  – zumindest glaubte er, ihn getroffen zu haben  – , schien der

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