Assassin's Creed: Die Bruderschaft (German Edition)
alten Freund kaum zu. „Niemand ist jemals aus dem Kerker in Florenz entkommen“, sagte er. „Nicht aus diesen Zellen.“
„Warum töten sie ihn nicht?“
„Weil sie immer noch glauben, er könnte ihnen etwas verraten, auch wenn ich persönlich es bezweifle“, erwiderte Leonardo. „Wie auch immer, die Borgia sind erledigt. Ihr solltet Euch ausruhen. Warum nehmt Ihr nicht Eure arme Schwester und kehrt nach Monteriggioni zurück?“
„Es gefällt ihr sehr in Rom, und sie würde heute nie mehr in so einen kleinen Ort ziehen. Außerdem ist dies nun die neue Heimat der Bruderschaft.“
Es gab einen weiteren Grund zur Traurigkeit in Ezios Leben. Seine Mutter Maria war an den Folgen einer Krankheit gestorben. Claudia hatte nach ihrer Entführung durch die Borgia-Anhänger die Rosa in Fiore aufgegeben, und jetzt unterstand das Bordell Julius’ eigenem Netz von Spionen, die andere Mädchen einsetzten. La Volpe hatte mit seinem Kollegen Antonio in Venedig ausgehandelt, Rosa zu schicken, die inzwischen älter und stattlicher war als zu der Zeit, da Ezio sie in La Serenissima kennengelernt hatte, aber noch ebenso hitzig. Jetzt leitete sie also die Rosa in Fiore .
Dann gab es da noch das Problem mit dem Apfel.
So vieles hatte sich geändert, und als Ezio zu einem Gespräch mit dem Papst in den Vatikan bestellt wurde, war er nicht gefasst auf das, was er zu hören bekam.
„Mich interessiert dieses Ding, das Ihr in Eurem Besitz habt“, kam Julius wie immer direkt auf den Punkt.
„Wovon sprecht Ihr, Eure Heiligkeit?“
Der Papst lächelte. „Spart Euch mir gegenüber die Ausflüchte, mein lieber Ezio! Ich habe meine eigenen Quellen, und ihnen zufolge besitzt Ihr etwas, das Ihr als den Apfel bezeichnet und vor einigen Jahren unter der Sixtinischen Kapelle gefunden habt. Ihm scheint eine große Macht innezuwohnen.“
Ezios Gedanken überschlugen sich. Wie hatte Julius von dem Apfel erfahren? Hatte Leonardo ihm davon erzählt? Leonardo konnte bisweilen furchtbar arglos sein, und er war dringend auf der Suche nach einem neuen Gönner gewesen. „Er wurde mir auf eine Weise anvertraut, die ich Euch kaum erklären kann – von einer Macht aus einer alten Welt, um uns zu helfen. Und das Artefakt hat uns geholfen, aber sein Potenzial ängstigt mich. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Menschheit bereit dafür ist, dieses Ding zu besitzen, das als Stück von Eden bekannt ist. Es gibt noch weitere Stücke, von denen einige auf ewig verloren und andere vielleicht noch versteckt sind.“
„Das klingt sehr nützlich. Wozu ist dieser Apfel in der Lage?“
„Er kann die Gedanken und Wünsche eines Menschen steuern. Aber das ist nicht alles. Er vermag Dinge zu offenbaren, die unvorstellbar sind.“
Darüber dachte Julius nach. „Das hört sich an, als könnte er mir von großem Nutzen sein. Von sehr großem Nutzen sogar. Aber in den falschen Händen könnte dieser Apfel auch gegen mich eingesetzt werden.“
„Die Borgia missbrauchten den Apfel in ihrem Versuch, sich zur Allmacht aufzuschwingen. Zum Glück verschwieg ihnen Leonardo, dem sie ihn zur Untersuchung gaben, seine dunkelsten Geheimnisse.“
Abermals hielt der Papst inne. „Dann ist es vielleicht besser, wenn wir ihn in Eurer Obhut belassen“, sagte er schließlich. „Wenn er Euch von einer solchen Macht, wie Ihr sie beschreibt, anvertraut wurde, wäre es unbesonnen, ihn Euch abzunehmen.“ Er schwieg wieder einen Moment lang. „Ich finde, Ihr solltet ihn – wenn Ihr keine weitere Verwendung mehr dafür habt – an einem sicheren Ort verstecken. Und hinterlasst, wenn Ihr wollt, irgendeinen Hinweis für einen würdigen Nachfolger – möglicherweise einen Nachfahren Eurerseits –, der den Apfel vielleicht als Einziger verstehen wird, auf dass er einer zukünftigen Generation dieser Welt ein weiteres Mal von Nutzen sein kann. Denn ich glaube, Ezio Auditore – und vielleicht werde ich in dieser Sache von Gott geleitet –, dass in unserer Zeit niemand außer Euch der Hüter des Apfels sein sollte. Möglicherweise verfügt Ihr über eine besondere Eigenschaft oder einen Sinn, der Euch befähigt, der Versuchung zu widerstehen, ihn in unverantwortlicher Weise zu verwenden.“
Ezio verneigte sich und sagte nichts, aber insgeheim begrüßte er Julius’ Weisheit, und er hätte mit seinem Urteil nicht eindeutiger übereinstimmen können.
„Übrigens“, sagte Julius, „ich halte nicht viel von Leonardos Freund. Wie heißt er noch gleich? Salai? Er kommt
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