Assassin's Creed: Die Bruderschaft (German Edition)
enthusiastisch fort. „Selbst der jetzige Papst hat sie im Frühstadium. Ich therapiere ihn. Natürlich handelt es sich um eine Epidemie. Wir gehen davon aus, dass sie durch Kolumbus’ und wahrscheinlich auch Vespuccis Seeleute eingeschleppt wurde. Vor etwa sieben oder acht Jahren, als sie aus der Neuen Welt zurückkehrten.“
„Warum bezeichnet Ihr sie dann als die Französische Krankheit ?“, wollte Leonardo wissen.
„Nun, die Italiener möchte ich gewiss nicht beleidigen, und die Portugiesen und die Spanier sind unsere Freunde. Aber sie brach auch zuerst unter französischen Soldaten in Neapel aus. Sie beginnt mit Wunden an den Genitalien und kann die Hände, den Rücken und das Gesicht entstellen, sogar den ganzen Kopf. Ich behandle sie mit Quecksilber, das entweder getrunken oder auf die Haut aufgetragen werden muss, aber ein Heilmittel ist das noch nicht.“
„Das ist natürlich alles sehr interessant“, sagte Ezio. „Aber wird Cesare an dieser Krankheit sterben?“
„Das weiß ich nicht.“
„Dann muss ich ihn trotzdem finden.“
„Faszinierend“, meinte Leonardo, der diese neue Entdeckung aufregend fand.
„Es gibt da noch etwas anderes, woran ich gearbeitet habe“, sagte Torella, „und das dürfte Euch noch mehr interessieren.“
„Und das wäre?“, fragte sein Kollege in Sachen Wissenschaften. „Folgendes: Die Erinnerungen der Menschen sind von Generation zu Generation vererbbar, sie werden konserviert, im Blut sozusagen. Ganz ähnlich wie manche Krankheiten. Ich würde gern glauben, dass es mir gelingen wird, ein Heilmittel für morbus gallicus zu finden, aber ich habe das Gefühl, dass uns diese Krankheit noch einige Jahrhunderte lang begleiten wird.“
„Wie kommt Ihr darauf?“, fragte Ezio, den die Bemerkung des Mannes, dass Erinnerungen vererblich seien, seltsam verstört hatte.
„Weil ich glaube, dass sie in erster Linie durch Geschlechtsverkehr übertragen wird – und wenn wir ohne den auskommen müssten, würden wir aussterben.“
Ezio wurde allmählich ungeduldig. „Ich danke Euch für Eure Zeit“, sagte er.
„Keine Ursache“, erwiderte Torella. „Und übrigens – wenn Ihr meinen früheren Herrn wirklich finden wollt, wärt Ihr wahrscheinlich nicht allzu schlecht beraten, wenn Ihr Euch in Spanien umschautet.“
„In Spanien? Wo in Spanien?“
Der Doktor breitete die Hände aus. „Ich bin Spanier, genau wie Cesare. Warum hätte man ihn nicht nach Hause schicken sollen? Ist nur so eine Ahnung. Tut mir leid, dass ich keine genaueren Angaben machen kann.“
Ezio dachte: Das wäre wie die Suche nach einer Nadel im Heuhaufen …
Aber es wäre zumindest ein Anfang.
54
Ezio hielt nicht mehr geheim, wo er wohnte, dennoch wussten nur wenige, wo er logierte. Einer von ihnen war Machiavelli. Eines Nachts wurde Ezio von ihm um vier Uhr morgens mit drängendem Türklopfen geweckt.
„Niccolò! Was macht Ihr denn hier?“ Ezio war augenblicklich hellwach wie eine Katze.
„Ich war ein Narr.“
„Was ist passiert? Ihr hattet doch in Florenz zu tun. Warum seid Ihr schon wieder zurück?“ Ezio ahnte bereits, dass etwas Ernsthaftes geschehen sein musste.
„Ich war ein Narr“, wiederholte Machiavelli.
„Was ist los?“
„Es war dumm von mir, Micheletto am Leben zu lassen, um ihn zu verhören“, seufzte Machiavelli. „Obgleich er in einer sicheren Zelle saß.“
„Jetzt sagt mir endlich, was los ist!“
„Er ist entkommen! Am Vorabend seiner Hinrichtung!“
„Aus der Signoria? Wie das?“
„Über das Dach. Borgia-Anhänger kletterten in der Nacht hinauf, töteten die Wachen und ließen ein Seil hinab. Der Priester, der ihm die letzte Beichte abnahm, war ein Borgia-Sympathisant – er wird heute auf dem Scheiterhaufen verbrannt –, und er schmuggelte eine Feile in die Zelle. Micheletto brauchte nur einen der Gitterstäbe vor seinem Fenster durchzusägen. Er ist ein großer Mann, aber er konnte sich trotzdem hindurchzwängen und nach oben klettern. Ihr wisst ja, wie stark er ist. Bis Alarm geschlagen wurde, war er schon nirgends in der Stadt mehr zu finden.“
„Wir müssen ihn suchen und …“ Ezio hielt inne, weil er plötzlich einen Vorteil in diesem Unglück erkannte. „… und wenn wir ihn finden, folgen wir ihm, um zu sehen, wo er hingeht. Vielleicht führt er uns ja doch noch zu Cesare. Er ist unglaublich loyal, und ohne Cesares Unterstützung ist seine eigene Kraft nutzlos.“
„Ich lasse das Land gerade von leichter Kavallerie nach
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