Assassin's Creed: Renaissance - Der offizielle Roman zum Videogamebestseller Assassin’s Creed 2 (German Edition)
und Träume nicht ruhen.
* * *
Ezio wusste, wo ungefähr das Haus von Annettas Schwester lag, obwohl er noch nie dort gewesen war oder Paola selbst kennengelernt hatte. Aber Annetta war seine Amme gewesen, und er wusste, wenn er sonst niemandem trauen konnte, ihr konnte er vertrauen. Er fragte sich, ob sie wohl gehört hatte, welches Schicksal seinen Vater und seine Brüder ereilt hatte, und wenn dem so war, ob sie es seiner Mutter und Schwester erzählt hatte.
Er näherte sich dem Haus mit größter Vorsicht, nahm einen Umweg und bewegte sich, wo immer es ging, geduckt über Dächer, um die geschäftigen Straßen zu meiden, wo, dessen war er sicher, Uberto Albertis Männer immer noch nach ihm suchen würden. Über Albertis Verrat kam Ezio einfach nicht hinweg. Von welchen Leuten hatte sein Vater am Galgen gesprochen? Was konnte Alberti dazu getrieben haben, einen seiner engsten Verbündeten zum Tode zu verurteilen?
Paolas Haus lag in einer Straße nördlich der Kathedrale, so viel wusste Ezio. Doch als er dort anlangte, konnte er nicht sagen, um welches es sich handelte. Nur an wenigen Häusern waren Schilder oder sonstige Zeichen befestigt, die sie identifizierten, und Ezio konnte es sich nicht erlauben, sich lange hier herumzutreiben, schließlich bestand die Gefahr, dass ihn jemand erkannte. Er wollte gerade wieder gehen, als er Annetta sah, die aus Richtung der Piazza San Lorenzo kam.
Ezio zog seine Kapuze in die Stirn, sodass sein Gesicht im Schatten lag, dann ging er ihr entgegen, ohne Eile, den Anschein erweckend, er sei nur einer von den vielen Menschen, die hier unterwegs waren. Er passierte Annetta und war dankbar dafür, dass sie mit keiner Regung verriet, ob sie ihn bemerkt hatte. Ein paar Meter weiter machte er kehrt, schloss zu ihr auf und ging dicht hinter ihr her.
„Annetta …“
Sie besaß genug Geistesgegenwart, um sich nicht nach ihm umzudrehen. „Ezio. Ihr seid in Sicherheit.“
„So würde ich das nicht ausdrücken. Sind meine Mutter und meine Schwester …?“
„Sie werden beschützt. Ach, Ezio, dein armer Vater. Und Federico. Und …“, sie schluchzte unterdrückt, „… der kleine Petruccio. Ich komme gerade von San Lorenzo. Ich habe eine Kerze für sie angezündet. Es heißt, der Herzog werde bald hier sein. Vielleicht …“
„Wissen meine Mutter und Claudia, was passiert ist?“
„Wir hielten es für das Beste, dieses Wissen von ihnen fernzuhalten.“
Ezio überlegte kurz. „Ja, so ist es wohl am besten. Ich werde es ihnen zu geeigneter Zeit selbst sagen.“ Er zögerte einen Moment lang, dann fragte er: „Bringst du mich zu ihnen? Ich wusste nicht, welches das Haus deiner Schwester ist.“
„Ich bin gerade dorthin unterwegs. Folge mir einfach.“
Er ließ sich ein wenig zurückfallen, verlor Annetta aber nicht aus den Augen.
Das Gebäude, das sie betrat, wies eine jener trutzigen, festungsartigen Fassaden auf, die so viele größere Bauten in Florenz auszeichnete, doch als er selbst eintrat, stutzte Ezio. Mit dem Anblick, der sich ihm bot, hatte er nicht gerechnet.
Er fand sich in einem reich geschmückten, großen Salon mit hoher Decke wieder. Es war dunkel, die Luft dumpf. Dunkelrote und tiefbraune Samtbehänge bedeckten die Wände. Dazwischen hingen orientalische Wandteppiche, die Szenen eindeutig luxuriöser und sexueller Freuden zeigten. Kerzenlicht erfüllte den Raum, und die Luft war durchsetzt von Weihrauch. Das Mobiliar bestand größtenteils aus gepolsterten Liegesofas mit Kissen aus teurem Brokat und niedrigen Tischen, auf denen Tabletts mit silbernen Weinkaraffen, venezianischen Gläsern und goldenen Schüsseln voller Süßigkeiten standen. Am überraschendsten waren allerdings die Menschen, die sich in diesem Raum aufhielten. Ein Dutzend schöner Mädchen, die Seide und Satin in Grün und Gelb trugen, nach florentinischer Mode geschnitten, jedoch mit Röcken, die bis zum Oberschenkel geschlitzt waren, und tiefen Ausschnitten, die nichts der Fantasie überließen. An drei Wänden des Raumes waren unter den Behängen und Wandteppichen Türen zu sehen.
Ezio schaute sich um, das hieß, er wusste gar nicht, wohin er schauen sollte. „Bist du sicher, dass wir hier richtig sind?“, fragte er Annetta.
„ Ma certo! Und da kommt meine Schwester, um uns zu begrüßen.“
Eine elegante Frau, die Ende dreißig sein musste, aber zehn Jahre jünger wirkte und so schön war wie jede principessa und besser gekleidet als die meisten, kam von der Mitte des
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