Assassin's Creed: Renaissance - Der offizielle Roman zum Videogamebestseller Assassin’s Creed 2 (German Edition)
sein Quartier, bewaffnete sich, legte die Kodexwaffen an und entschied sich diesmal für den ursprünglichen Federdolch und nicht für die Giftklinge. Er hatte Leonardos Schierlingsdestillat auf Anraten des Doktors von Monteriggioni durch Bilsenkrautextrakt ersetzt, und das Giftsäckchen im Griff war gefüllt. Er hatte sich entschieden, die Giftklinge mit Bedacht einzusetzen, denn es bestand stets die Gefahr, sich selbst damit tödlich zu verletzen. Aus diesem Grund, und weil seine Finger mit kleinen Narben übersät waren, trug er nun geschmeidige, aber dicke Handschuhe, wenn er eine der Klingen benutzte.
Die Abtei befand sich in der Nähe von Monticiano, einem Bergstädtchen, über dem eine alte Burg thronte. Sie lag auf dem sonnenhellen Absatz eines sanft geschwungenen Hanges, der dicht mit Zypressen bewachsen war. Es handelte sich um ein neues Gebäude, es konnte kaum älter als hundert Jahre sein, und bestand aus teurem importierten gelben Sandstein. Gebaut war es um einen weitläufigen Hof, in dessen Mitte eine Kirche aufragte. Das Tor stand weit offen, und die Mönche des Ordens arbeiteten in ihren braunen Kutten auf den Feldern und Äckern, die man rund um den Bau herum angelegt hatte, sowie in dem Weingarten darüber. Der Wein des Klosters, das zur Abtei gehörte, war berühmt und wurde sogar nach Paris exportiert. Im Zuge seiner Vorbereitungen hatte Ezio sich auch eine Mönchskutte besorgt; sein Pferd hatte er in der Obhut eines Stallknechts des Gasthofs, in dem er sich als Staatskurier einquartiert hatte, zurückgelassen, und die Kutte zog er nun auf dem Weg zur Abtei über, um sich zu tarnen.
Kurz nach seiner Ankunft erblickte er Stefano, der sich angeregt mit dem hospitarius des Abtes unterhielt, ein korpulenter Mönch, der aussah, als habe er die Form eines der Weinfässer angenommen, die er offenbar regelmäßig leerte. Ezio näherte sich den beiden so weit, dass er sie belauschen konnte, ohne bemerkt zu werden.
„Lasst uns beten, Bruder“, sagte der Mönch.
„Beten?“, entgegnete Stefano, dessen schwarze Kleidung einen Kontrast zu all den sonnigen Farben ringsum bildete. Er sah aus wie eine Spinne auf einem Pfannkuchen. „Wofür wollt Ihr denn beten?“, fügte er sardonisch hinzu.
Der Mönch sah ihn überrascht an. „Um den Schutz des Herrn zu erflehen!“
„Wenn Ihr denkt, der Herr würde sich für unsere Angelegenheiten interessieren, Bruder Girolamo, dann denkt noch einmal nach! Aber bitte, wenn es Euch hilft, die Zeit zu vertreiben, dann macht Euch nur weiter etwas vor.“
Bruder Girolamo war entsetzt. „Eure Worte sind Blasphemie!“
„Nein. Ich spreche die Wahrheit.“
„Aber seine Herrlichkeit zu leugnen …!“
„… ist die einzige vernünftige Reaktion auf die Erklärung, es gäbe da einen unsichtbaren Irren im Himmel. Und glaubt mir, wenn uns unsere ach so kostbare Bibel etwas lehrt, dann nur dies – dass er komplett den Verstand verloren hat.“
„Wie könnt Ihr so etwas sagen? Ihr seid doch selbst ein Priester!“
„Ich bin ein Administrator. Ich benutze dieses klerikale Gewand, um näher an die verfluchten Medici heranzukommen, damit ich sie zu Fall bringen kann, und zwar im Dienste meines wahren Herrn. Aber erst einmal müssen wir uns um diesen Assassinen kümmern, diesen Ezio. Er ist uns schon viel zu lange ein Dorn im Auge. Wir müssen ihn endlich entfernen.“
„Da sprecht Ihr die Wahrheit. Dieser unheilige Dämon!“
„Nun“, sagte Stefano mit einem verschlagenen Grinsen, „dann sind wir uns ja zumindest in einem Punkt einig.“
Girolamo senkte die Stimme. „Es heißt, der Teufel hätte ihm übernatürliche Kräfte verliehen.“
Stefano sah ihn an. „Der Teufel? Nein, mein Freund. Diese Fähigkeiten hat er sich über die Jahre selbst angeeignet, durch rigoroses Training.“ Er hielt inne, den dürren Körper nachdenklich vornüber gebeugt. „Wisst Ihr, Girolamo, ich finde es merkwürdig, wie wenig Ihr willens seid, einer Person ihre eigenen Leistungen zuzugestehen. Ich glaube, wenn Ihr könntet, würdet Ihr die ganze Menschheit zu Opfern erklären.“
„Ich verzeihe Euch Euren mangelnden Glauben und Eure spitze Zunge“, erwiderte Girolamo in frommem Ton. „Ihr seid nach wie vor ein Kind Gottes.“
„Ich sagte Euch doch …“, begann Stefano scharf, aber dann breitete er die Hände aus und gab auf. „Ach, was soll’s? Genug damit! Ich spreche ja doch nur in den Wind.“
„Ich werde für Euch beten.“
„Wie Ihr wollt. Aber tut es im
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