Assassin's Creed: Revelations - Die Offenbarung (German Edition)
Verborgenen, obwohl wir für jedermann zu sehen sind!“
Ezio trat einen Schritt auf ihn zu.
„Bleibt stehen und denkt kurz nach!“, sagte Manuel, eine beringte Hand erhoben. „Denkt nach über diejenigen, deren Leben Ihr heute zerstört habt … über die Anarchie, die Ihr hier gesät habt! Ihr! Ihr nutzt ein armes, verschlepptes Volk aus, Ihr benutzt uns, um Eure vergebliche Suche voranzutreiben! Doch wir kämpfen für Würde, Assassine! Wir kämpfen um die Wiederherstellung des Friedens in diesem geplagten Land!“
„Von Frieden reden die Templer gern und schnell“, erwiderte Ezio, „nur sind sie langsam, wenn es darum geht, Macht aufzugeben.“
Manuel winkte ab. „Weil Macht Frieden schafft. Idiot! Umgekehrt geht es nicht. Diese Menschen würden untergehen ohne eine feste Hand, die sie oben hält und für Ordnung sorgt!“
Ezio lächelte. „Und ich hielt Euch für ein Ungeheuer, das zu töten ich herkam.“
Manuel schaute ihm in die Augen, und Ezio hatte den beunruhigenden Eindruck, dass der Mann sich seinem Schicksal ergab. Die plumpe, geckenhafte Gestalt mit den blitzenden Edelsteinen und dem schön gepflegten Schnurrbart strahlte eine sonderbare Würde aus. Ezio ließ seine Klinge hervorschnellen, stach sie Manuel tief in die Brust und stützte ihn, als er niedersank, jedoch nur auf die Knie, ohne ganz zu stürzen, weil er sich an der Lehne einer steinernen Bank abstützte und Ezio ruhig ansah. Als er sprach, klang seine Stimme erschöpft. „Ich hätte Konstantins Nachfolge antreten sollen. Ich hatte so viele Pläne. Wisst Ihr, wie lange ich gewartet habe?“
„Eure Träume sterben mit Euch, Manuel. Euer Reich existiert nicht mehr.“
Obgleich er sichtlich Schmerzen litt, gelang Manuel ein belustigter Ton. „Mag sein, aber ich bin nicht der Einzige mit dieser Vision, Assassine. Der Traum unseres Ordens ist universell. Osmane, Byzantiner … das sind nur Namen, Kostüme und Fassaden. Dahinter gehören alle Templer zur selben Familie.“
Ezio verlor die Geduld. Die Zeit verging, und er war selbst noch nicht in Sicherheit. „Genug geschwafelt. Ich bin wegen des Masyaf-Schlüssels hier.“ Er bückte sich und nahm die Tasche, die Manuel noch immer um die Schulter geschlungen hatte. Auf einmal wirkte Manuel viel älter als Ende fünfzig.
„Dann nehmt ihn Euch“, sagte er, noch immer unter Schmerzen und noch immer amüsiert. „Nehmt ihn und sucht Euer Glück! Wir werden sehen, ob Ihr auch nur bis auf hundert Meilen an das Masyaf-Archiv herankommt, ehe Euch einer von uns den Garaus macht.“
Dann versteifte sich sein ganzer Körper, er streckte die Arme, als erwachte er aus dem Schlaf, und kippte schließlich nach vorn, hinein in eine Schwärze ohne Dimension und Laut.
Ezio blickte noch einen Moment lang auf den Toten und hing seinen Gedanken nach, dann durchwühlte er schnell Manuels Tasche. Er entnahm ihr nur den Schlüssel, den er in seine eigene steckte, und ließ Manuels Tasche neben dessen Leichnam fallen.
Dann wandte er sich zum Gehen.
64
Die oberen Ebenen der unterirdischen Stadt waren abgeriegelt worden von den Soldaten der Templer und der Byzantiner, die ihren vorgesetzten Offizieren treu ergeben waren und nicht wussten, was als Nächstes geschehen mochte. Es würde nicht lange dauern, bis Manuels Leiche entdeckt wurde, und Ezio befand, dass seine beste – und vielleicht einzige – Chance zur Flucht in dem unterirdischen Flussnetz bestand, das die elfte Ebene der Anlage einnahm.
Die unteren Ebenen von Derinkuyu waren wie die Hölle auf Erden. Rauch und Dämpfe erfüllten die unterirdischen Straßen. Auf Ebenen sowohl unter- als auch oberhalb der Lagerhäuser, in denen Ezio die Waffen- und Munitionsvorräte von Manuel zerstört hatte, waren Brände ausgebrochen. Eingestürzte Decken und Wände blockierten viele Durchgänge, und Ezio musste etliche Umwege in Kauf nehmen. Mehrmals sah er, wenn er an Trümmerhaufen vorbeiging, die Glieder derjenigen unter dem Geröll hervorragen, die darunter zerquetscht worden waren. Er versuchte, die Konsequenzen seines Tuns nicht an sich heranzulassen, aber es gelang ihm nicht. Soldaten und Bewohner der Stadt wankten wie benommen umher, Schals und Taschentücher vor das Gesicht gedrückt, mit tränenden Augen. Ezio, bisweilen selbst um Atem ringend, drang beharrlich weiter in die Tiefe vor, über Rampen, Gänge und Treppen, die in den Stein gehauen waren, bis er auf der untersten Ebene ankam.
Es wurde lichter, und der dumpfige Geruch von
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