Assassin's Creed: Revelations - Die Offenbarung (German Edition)
gereichte die nachlassende Helligkeit Ezio zum Vorteil, denn nun verschmolz er mühelos mit seiner Umgebung. Wie ein Schatten huschte er geduckt auf die Brücke zu. Doch sobald er sie betrat, würde ihn nichts mehr vor den Blicken der Wachen schützen, und obendrein war er unbewaffnet.
Drei Meter von der Brücke entfernt hielt er noch einmal inne und beobachtete die Wachen. Sie machten einen durchgefrorenen und gelangweilten Eindruck. Das beruhigte Ezio ein wenig, denn es bedeutete, dass sie nicht sonderlich auf der Hut waren. Sonst hatte sich nichts verändert, sah man davon ab, dass jemand im Häuschen eine Lampe angezündet hatte. Daraus konnte er schließen, dass nicht nur die beiden Männer, die er sah, Wache hielten.
Er brauchte irgendetwas, das er als Waffe einsetzen konnte. Während des Abstiegs war er zu sehr darauf konzentriert gewesen, sich nicht zu verraten, um nach etwas Geeignetem zu suchen. Aber er hatte nicht vergessen, dass es sich bei dem Fels des Berges um Feuerstein handelte, und zu seinen Füßen lagen jede Menge loser Splitter und Brocken. Sie glitzerten schwarz im verlöschenden Licht. Er suchte sich einen Stein aus, der flach und wie eine Klinge geformt war, etwa dreißig Zentimeter lang und fünf breit. Er hob das Bruchstück auf, tat es jedoch zu hastig, sodass andere Steine gegeneinander kollerten. Er erstarrte. Aber es geschah nichts. Die Länge der Brücke betrug etwa dreißig Meter. Er konnte leicht die Hälfte schaffen, bevor die Wachen ihn bemerkten. Aber dazu musste er jetzt aufbrechen. Er wappnete sich innerlich, stand auf und lief los.
Einmal auf der Brücke, erwies sich deren Überquerung als gar nicht so einfach. Sie schwankte und knarrte auf beunruhigende Weise im nunmehr heftigen Wind, und er musste die aus Seil bestehenden Handläufe links und rechts ergreifen, um sein Gleichgewicht zu halten. All das kostete Zeit. Und die Wachen hatten ihn entdeckt. Sie riefen ihm Warnungen zu, wodurch er ein, zwei Sekunden gewann, doch als sie sahen, dass er weiter auf sie zukam, nahmen sie ihre Armbrüste von der Schulter, legten Bolzen auf und drückten ab. Derweil stürmten fünf weitere Wachen, die Armbrüste schon geladen, aus dem Häuschen.
Die schlechten Lichtverhältnisse beeinträchtigten ihre Zielsicherheit, aber es wurde trotzdem knapp, und Ezio musste sich ducken und ausweichen. In der Mitte der Brücke zerbrach eines der alten Bretter unter ihm, und sein Fuß verhakte sich in dem Loch, aber es gelang ihm, ihn herauszuziehen, bevor er mit dem ganzen Bein hineinrutschte – dann wäre es aus gewesen. Er konnte ohnehin von Glück reden, dass nur ein einziger Bolzen ihn am Hals streifte und seine Kapuze durchschlug. Er spürte, wie das Geschoss über seine Haut sengte.
Jetzt stellten die Wachen den Beschuss ein, um etwas anderes zu versuchen. Ezio reckte den Kopf, um sehen zu können, was sie taten.
Sie waren an die Winden getreten!
Dort waren viele Meter Seil aufgewickelt, und die Wachen machten sich daran, die Kurbeln zu lösen, sodass sich die Seile abrollen würden. Wenn Ezio in die Tiefe gestürzt war, konnten sie die Brücke mittels der Winden und Kurbeln dann wieder hochziehen.
Merda , dachte Ezio, während er teils rannte, teils stolperte. Zweimal an einem Tag! Noch fünf Meter von der anderen Seite entfernt, warf er sich nach vorn, als die Brücke unter ihm wegfiel. Er segelte vorwärts, landete auf einem Wächter, stieß einen anderen zu Boden, rammte dem ersten die Steinklinge in den Hals und versuchte, sie schnell wieder herauszuziehen, doch sie brach ab, musste sich in einem Knochen verkantet haben. Als er wieder stand, fuhr er herum, zerrte den zweiten Wächter, der sich noch nicht ganz gefangen hatte, grob auf sich zu, zog dem Mann das Schwert aus der Scheide, holte aus und durchbohrte ihn damit.
Die anderen drei hatten ihre Armbrüste fallen gelassen, stattdessen ihre Schwerter gezogen und trieben Ezio mit dem Rücken zum Abgrund in die Enge. Er überlegte schnell. Weitere Männer hatte er nicht gesehen, niemand hatte sich entfernt, um Alarm zu schlagen. Er musste diese drei ausschalten und dann in die Burg gelangen, bevor jemand etwas merkte. Aber die Männer waren groß und kräftig, und sie hatten keinen Wachdienst geschoben; das hieß, sie waren frisch und ausgeruht.
Ezio schloss die Hand fest um den Schwertgriff. Er blickte von einem Gesicht zum anderen. Was war es, das er nun in ihren Augen sah? Angst? War es Angst?
„Du Assassinenhund!“, spie
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