Assassin's Creed: Revelations - Die Offenbarung (German Edition)
nicht wirkungsvoll handeln. Die Templer mochten ihn zwar für eine Art Teufel halten, er selbst wusste jedoch nur zu gut, dass auch er lediglich ein Mensch wie jeder andere war.
Doch bevor er sich zur Ruhe begab, befielen ihn plötzliche Zweifel, und er ließ den Blick durch den Garten in der Tiefe streifen. Er fand keinerlei Anzeichen irgendwelcher Ausgrabungen. Konnte er sich geirrt haben?
Er besann sich auf die Lektionen, die er gelernt, und die Fähigkeiten, die er im Training entwickelt hatte. Er kniff seine Augen so weit zusammen, dass sie die Schärfe eines Adlers gewannen, und suchte den Boden genauestens ab. So entdeckte er schließlich ein schwaches Leuchten, das an einer Stelle aus dem Mosaikboden einer einst reich verzierten und inzwischen überwucherten Laube direkt unterhalb von ihm drang. Er lächelte zufrieden und entspannte sich. Das Mosaik zeigte ein Abbild der Göttin Minerva.
Die Sonne hatte die Zinnen im Osten noch kaum in ihr Licht getaucht, als Ezio, erfrischt von seinem kurzen Schlaf, wachsam neben dem Steinadler hockte. Er wusste, dass der Augenblick gekommen war. Er wusste auch, dass er rasch handeln musste – jeder Moment, den er dort zubrachte, erhöhte das Risiko, entdeckt zu werden. Die Templer hatten die Suche nach ihm bestimmt noch nicht aufgegeben, und sie würden von Hass regelrecht angeheizt sein. Seine Flucht, nachdem sie ihn schon im Todesgriff hatten, würde sie nach Vergeltung heulen lassen.
Ezio schätzte die Entfernungen und Winkel, und als er zufrieden war, stemmte er den Stiefel gegen den steinernen Adler und versetzte ihm einen kräftigen Stoß. Die Statue schaukelte auf ihrer Plinthe, dann kippte sie nach vorn über das Geländer und stürzte sich überschlagend dem Mosaikboden in der Tiefe entgegen. Ezio sah ihr nur eine halbe Sekunde lang nach, um sich zu vergewissern, dass der Kurs stimmte, dann warf er sich selbst in die Luft, dem Steinadler hinterher, ein Todessprung, wie er lange keinen mehr gemacht hatte, doch jetzt stellte sich das alte Hochgefühl wieder ein. Sie fielen, tiefer und tiefer, der Adler voran, Ezio im gleichen Tempo hinterher, mit fünf Metern Abstand, offenbar sehr, sehr festem Boden entgegen.
Ezio hatte keine Zeit zu beten, dass ihm kein Fehler unterlaufen war. Falls doch, wäre die Zeit zum Beten – worum auch immer – gleich vorbei.
Der Adler schlug zuerst auf, genau in der Mitte des Mosaiks.
Für einen Sekundenbruchteil schien es, als wäre der Adler zersplittert, tatsächlich war es jedoch das Mosaik, das zerbrach und ein großes Loch freilegte, das in den Erdboden hinabreichte und in das sowohl der Adler als auch Ezio hineinstürzten. Ezio landete sogleich auf einer Art Rutsche, die in einem Winkel von fünfundvierzig Grad schräg in die Tiefe führte. Mit den Füßen voran glitt er sie hinunter, lenkte mit den Armen, hörte, wie der Steinadler ihm donnernd vorausrauschte, bis er mit einem gewaltigen Platschen in ein unterirdisches Wasserbecken fiel – wie im nächsten Moment auch Ezio selbst.
Als er wieder auftauchte, sah er, dass sich das Becken in der Mitte eines Vestibüls oder eines ähnlichen Raums befand. Dass es sich um eine Vorkammer handelte, schloss er daraus, dass sie von ihrer Architektur her auf eine Tür zuführte. Eine Tür aus dunkelgrünem Stein, den die Zeit glatt geschliffen hatte.
Und Ezio war nicht allein. Der Lärm seines Auftritts hatte unweit der Tür und am Granitrand des Beckens fünf Templer alarmiert, die sich nach ihm umdrehten und nun fluchend und mit gezogenen Schwertern auf ihn warteten. Bei ihnen war ein Mann in Arbeitskleidung, der um die Hüfte eine staubige Leinwandschürze und am Gürtel einen ledernen Werkzeugbeutel trug. Ein Steinmetz offenbar. In den Händen hielt er einen Hammer und einen großen Meißel. Offenen Mundes glotzte er Ezio an.
Ezio stieg aus dem Wasser, während die Templer schon heranstürmten, um ihn mit Hieben einzudecken, aber er wehrte sie lange genug ab, um auf die Füße zu kommen. Dann stellte er sich ihnen entgegen.
Wieder spürte er ihre Angst und nutzte ihr kurzes Zögern, als Erste anzugreifen. Mit der rechten Hand zog er entschlossen seinen Säbel, mit der linken löste er die verborgene Klinge aus. Mit zwei schnellen Streichen nach links und rechts brachte er die zuvorderst stehenden Männer zu Fall. Die anderen umkreisten ihn, gerade außerhalb seiner Reichweite, und führten abwechselnd plötzliche Stiche nach ihm wie zuschnappende Vipern, in der Hoffnung, ihn
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