Assassin's Creed: Revelations - Die Offenbarung (German Edition)
ungefähr in Richtung der Brücke zu fallen. Er wusste, wie wichtig das war – wenn er nämlich nicht an genau der richtigen Stelle landete, würde er über die Abbruchkante hinausgetragen werden und in die wer weiß wie tiefe Leere dahinter stürzen.
Er war zu schnell, hatte aber keine Kontrolle über seine Geschwindigkeit. Irgendwie gelang es ihm, die Nerven zu behalten, und dann blieb er endlich liegen – schon drei Meter weit draußen auf der zitternden Brücke.
Ein Gedanke durchzuckte ihn: Wie alt war diese Brücke? Sie war schmal, und weit, weit darunter konnte er, unsichtbar in der Tiefe der schwarzen Schlucht, Wasser über Felsen tosen hören. Die Wucht, mit der auf die Brücke geprallt war, hatte die Brücke erzittern lassen. Wie lange war es her, seit jemand sie überquert hatte? Das Mauerwerk war schon bröckelig, vom Alter geschwächt, der Mörtel löste sich aus den Fugen. Als Ezio wieder auf die Beine kam, sah er zu seinem Entsetzen, wie sich keine zwei Meter hinter ihm ein Riss auftat und rasch breiter wurde, beiderseits löste sich das Mauerwerk und fiel brockenweise in den dunklen Abgrund.
Ezio starrte den Trümmern nach. Die Zeit schien sich zu verlangsamen. Jetzt gab es kein Zurück mehr. Ihm war sofort klar, was passieren würde. Er drehte sich um und begann zu rennen, zwang jeden Muskel in seinem schmerzenden Körper zu dieser letzten Anstrengung. Er jagte über die Brücke zur anderen Seite hinüber. Hinter ihm brach das Bauwerk auseinander. Die Trümmer taumelten in der Tiefe.
Noch zwanzig Meter, noch zehn. Er konnte spüren, wie das Mauerwerk unter seinen Füßen nachgab. Aber endlich lehnte er flach an der Bergflanke, die Wange gegen den grauen Fels gedrückt, die Füße auf dem schmalen Pfad. Jeder Atemzug schien ihm die Brust zerfetzen zu wollen. Er konnte weder denken noch sonst etwas tun, nur den Geräuschen, mit denen die Brückentrümmer in den reißenden Fluss am Grund der Schlucht fielen, konnte er lauschen, bis sie verebbten und nichts mehr zu hören war außer dem Wind.
11
Allmählich beruhigte sich Ezios Atem. Dafür kehrte der Schmerz, den er in der Not vergessen hatte, in seine Muskeln zurück. Aber es gab noch viel zu tun, bevor er seinem Körper die Ruhe zugestehen konnte, die dieser so dringend nötig hatte. Zunächst musste er etwas essen. Er hatte seit fast vierundzwanzig Stunden nichts mehr zu sich genommen oder auch nur getrunken.
Er verband seine zerschrammten Hände, so gut es ging, mit einem entzweigerissenen Schal, den er unter seiner Kleidung bei sich getragen hatte. In der hohlen Hand fing er etwas Wasser auf, das in einem Rinnsal über den Fels lief. Nachdem er es getrunken hatte, stemmte er sich von der Felswand weg, an der er lehnte, und untersuchte sich. Keine Knochenbrüche, ein leichter Schmerz an der linken Seite, wo er verwundet worden war, sonst aber nichts, jedenfalls nichts Ernstes.
Er schaute sich um. Niemand schien sich an seine Verfolgung gemacht zu haben, sein Sturz den Steilhang hinunter und seine Flucht über die einstürzende Brücke waren aber sicher nicht unbeobachtet geblieben. Doch möglicherweise hatten sie nicht mitbekommen, dass er es geschafft hatte; vielleicht nahmen sie es auch einfach nur an. Dennoch durfte er die Möglichkeit, dass Suchtrupps unterwegs waren, nicht außer Acht lassen, und sei es nur, weil sie seine Leiche finden wollten. Die Templer wollten gewiss ganz sichergehen, dass der Mentor ihrer Erzfeinde wirklich tot war.
Er blickte an der Bergflanke entlang, die sich neben ihm hinzog. Er tat besser daran, sie zu erklimmen, als den Pfad zu nehmen. Er wusste nicht, wo er hinführte, außerdem war er zu schmal, um ihm Platz zu bieten, falls er würde kämpfen müssen. Die Felswand sah aus, als könnte man sie erklettern. Und er würde zumindest ein paar Schneenester erreichen, wo er seinen Durst richtig stillen konnte. Er schüttelte sich, grunzte und machte sich an den Aufstieg.
Er war froh, dunkle Farben zu tragen, denn so brauchte er sich nicht groß zu bemühen, mit der Felswand zu verschmelzen. Anfangs fiel es ihm nicht schwer, Halt für Hände und Füße zu finden, nur stellenweise musste er sich so sehr strecken, dass seine Muskeln kreischend zu protestieren schienen, und einmal brach eine Felsnase unter seiner Hand weg, woraufhin er die dreißig Meter, die er inzwischen zurückgelegt hatte, beinahe wieder hinuntergestürzt wäre. Am schlimmsten – und zugleich auch gut – war der dünne, aber konstante
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