Assassin's Creed: Revelations - Die Offenbarung (German Edition)
tot?“
Dann erschien Altaïr allein auf dem Wehrgang des Turmes. Der Wind ließ seine weiße Kleidung flattern. Er hob die Hand. Darin lag der Apfel. Er knisterte und pulsierte wie etwas Lebendiges, aber er hatte ihn unter Kontrolle.
„Verzeih mir!“, keuchte Abbas, der hinter ihm auf dem steinernen Boden lag. Er brachte die Worte kaum hervor. „Ich wusste ja nicht … “
Altaïr löste den Blick von ihm und richtete ihn wieder auf den Apfel, der in seiner Hand ruhte. Er sandte seltsame Empfindungen aus, wie kribbelnde Wellen, die seinen ausgestreckten Arm durchliefen.
„Hast du uns etwas zu lehren?“, fragte Altaïr, und seine Worte galten dem Apfel, als wäre er ein denkendes, intelligentes Wesen. „Oder wirst du uns alle in den Untergang führen?“
In diesem Moment schien der Wind einen Sandsturm zu entfachen – oder kehrte nur der wirbelnde Dunst zurück, der dieser Vision vorangegangen war? Jedenfalls kam mit ihm auch das blendende Licht wieder, und es wurde heller und heller, bis es alles überlagerte. Dann verglomm es wieder, bis nur noch das sanfte Glühen des Schlüssels in Ezios Hand übrig blieb.
Erschöpft ließ Ezio sich auf den Boden sinken und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Steinwand des Raumes. Draußen wurde es inzwischen gewiss schon dunkel. Er sehnte sich nach Ruhe, aber er durfte sich keine gönnen.
Schließlich stemmte er sich wieder hoch und verstaute sorgfältig den Schlüssel und das Buch von Empedokles in seiner Tasche. Dann ging er wieder nach oben und hinaus in die Stadt.
35
Als am nächsten Tag die Sonne aufging, machte Ezio sich auf den Weg zum Großen Basar. Es wurde Zeit, dass er sich selbst unter den Janitscharen umhörte, und außerdem drängte es ihn, sich ihrem Hauptmann Tarik Barleti an die Fersen zu heften.
Dort angelangt, war es ihm allerdings unmöglich, die aufdringlichen Händler, die allesamt Meister im Verkaufen waren, ganz zu meiden. Ezio musste sich als einer von zahllosen Touristen ausgeben, weil er fürchtete, andernfalls das Misstrauen entweder von osmanischen Amtsträgern oder byzantinischen Templern zu erregen.
„Seht Euch diesen Teppich an!“ Ein Händler sprach ihn an, zupfte an seinem Ärmel und kam ihm, wie es Ezio hier schon allzu oft erlebt hatte, viel zu nahe, bedrängte ihn geradezu. „Eure Füße werden Euch noch mehr als Euer Weib lieben!“
„Ich bin nicht verheiratet.“
„Ah“, fuhr der Händler nahtlos fort, „da seid Ihr besser dran. Kommt! Fasst ihn doch nur einmal an! Fühlt Ihr das?“
Ezio bemerkte eine Gruppe von Janitscharen, die nicht weit entfernt standen. „Ich habe noch gar nichts verkauft! Die Janitscharen haben die meisten meiner Waren konfisziert, nur weil sie importiert sind.“
„Kennt Ihr Tarik Barleti, ihren Hauptmann?“
„Ach, der ist hier bestimmt irgendwo. Ein arroganter Kerl, aber … “ Der Händler unterbrach sich mitten im Satz, erstarrte, und bevor er sein Verkaufsgeplapper wieder aufnahm, konzentrierte sich sein Blick nicht auf Ezio, sondern auf einen Punkt etwas weiter hinter ihm. „Ihr kränkt mich, Herr! Dafür kann ich nicht weniger als zweihundert akçe nehmen! Das ist mein letztes Angebot.“
Ezio drehte sich ein wenig und folgte dem Blick des Mannes. Drei Janitscharen kamen auf sie zu. Sie waren keine zwanzig Meter mehr entfernt.
„Wenn ich ihn finde, werde ich ihn nach Euren Teppichen fragen“, versprach Ezio dem Händler leise, als er sich zum Gehen wandte.
„Ihr treibt einen harten Handel, Fremder!“, rief ihm der Verkäufer nach. „Wollen wir uns auf hundertachtzig einigen? Einhundertachtzig akçe , und wir gehen als Freunde auseinander!“
Aber Ezio hörte schon nicht mehr hin. Er folgte der Gruppe, beschattete sie aus sicherer Entfernung und hoffte, dass sie ihn zu Tarik Barleti führen würde. Sie schlenderten nicht dahin, sondern gingen wie Männer, die zu einem vereinbarten Treffen oder dergleichen unterwegs waren. Aber er musste aufpassen – nicht nur, um die Männer nicht aus den Augen zu verlieren, sondern auch, um selbst nicht entdeckt zu werden. Die überfüllten Straßen des Suks halfen ihm dabei, doch zugleich behinderten sie ihn. Der Händler hatte gesagt, der Hauptmann halte sich irgendwo im Basar auf, aber der Basar war groß, ein verwirrendes Labyrinth aus Ständen und Läden, eine kleine Stadt für sich.
Aber schließlich zahlte sich seine Geduld aus, als die Männer, denen er folgte, eine Kreuzung erreichten, die sich zu einem kleinen Platz
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