Assungas Liebesnest
besonders schnell, denn an den Wänden erhellten sich rote Lampen, die einen Schein abgaben, der Jenny wie Blut vorkam.
Überall strahlte das rötliche Licht hin. Es gab keinen Fleck in dem vor ihr liegenden Raum, den es nicht erreichte. Es war einfach da, und es schien sogar Wellen zu werfen, so flockig kam es ihr vor.
Und erst jetzt sah sie, daß sie nicht allein war. Zwar waren nicht alle kleinen Sessel belegt, doch sie entdeckte in den meisten von ihnen junge Frauen.
Sie saßen dort, als wären sie eingeschlafen. Manche mit angezogenen Beinen, andere wiederum hatten die Beine ausgestreckt und stützten sich auf dem dunklen Boden ab.
Jenny schaute auch gegen die Decke, denn die Kugel war ebenfalls in den Schein des Lichts geraten und hatte ihre Farbe verändert. Sie kam ihr jetzt vor wie ein übergroßer Blutklumpen, der zwischen Fußboden und Decke hing.
Jenny erschauerte. Sie zitterte und wäre am liebsten wieder zurückgelaufen, doch ihr Gefühl sagte ihr, daß sie diesen Raum durchqueren mußte, um zum Ausgang zu gelangen.
Und so schlich sie weiter, eingetaucht in das rötliche Licht, das sich überall verteilt hatte. Man konnte ihm nicht entkommen, und auch Jennys Aussehen hatte sich verändert. Sie war zu einem rötlichen Schemen geworden.
Die Tische mit den Sesseln waren so hingestellt worden, daß es zwischen ihnen einen Gang gab.
Jenny ging auf Zehenspitzen. Links und rechts des Gangs waren die beiden Sessel besetzt.
An der rechten Seite saß eine Frau mit einem schwarzen Kleid. Im ersten Augenblick wirkte es zerschnitten, weil es an vielen Stellen Löcher aufwies. Die Haut schimmerte hell durch, und hell, fast silbern waren auch die Haare, die sehr flach auf dem Kopf lagen. Die Person wirkte wie jemand aus einer fremden Welt.
Jenny schaute nach links.
Dort saß ebenfalls eine Frau. Sie hatte die Beine angezogen. Sie trug nur einen Body, der sogar durchsichtig war. Auf dem feinen Stoff schwamm das rote Licht. Diese Frau hatte schwarze Haare. Sehr lockig, ein blasses Gesicht und einen kleinen Mund, den sie zu einem regelrechten Herz geschminkt hatte.
Jenny wollte es nicht, aber ihr Blick blieb länger als normal am Gesicht der Frau hängen.
Zwangsläufig sah sie auch die Augen. Sie waren halb oder ganz geschlossen, so genau bekam sie das nicht mit, aber der Mund zeigte schon ein Lächeln.
Jenny glaubte sogar, daß es ihr galt, aber damit wollte sie nichts zu tun haben. Sie war bereit, sich zurückzuziehen – und mußte sehen, wie sich der kleine Mund öffnete und dabei immer mehr an Breite zunahm, denn die Person grinste Jenny an.
Zugleich passierte noch etwas anderes. Die Frau zog ihre Oberlippe zurück, um Jenny ihre Zähne zu zeigen. Sie waren hell, im Licht aber sahen sie leicht rosig gefärbt aus.
Ein Stöhnen wehte dem Mädchen entgegen. Es achtete nicht darauf und sah nur die Zähne, die nicht so normal waren, wie sie beim ersten Hinsehen gewirkt hatten.
Zwei davon waren länger.
Als Spitzen stachen sie nach unten. Das... das... hat kein Mensch! dachte Jenny. Nein, das ist nicht möglich! Sie war völlig irritiert und spürte auch die Angst, die plötzlich in ihr hochdrängte.
Natürlich war Jenny Blake ein Kind des Medienzeitalters, und sie hatte oft genug vor dem Fernseher gesessen oder im Kino zusammen mit Freunden Filme gesehen, die man durchaus als gruselig bezeichnen konnte.
Deshalb wußte sie Bescheid. Die Frau im Body war nur auf den ersten Blick hin ein normaler Mensch. Tatsächlich aber war sie etwas ganz anderes.
Ein Vampir!
Dieser schreckliche Gedanke ließ Jenny erschauern. Sie hatte wieder das Gefühl, den Kontakt mit dem Boden zu verlieren, doch hier gab es keine Frau im langen Mantel, die sie mitgenommen hätte. Sie konnte auch nicht fliehen und mußte zuschauen, wie die Person ihren Mund immer breiter zog, auch wieder stöhnte, und einen Moment später ihre Beine aus der unbequemen Haltung löste und nach vom streckte.
Sie trug schwarze Schuhe mit hohen Absätzen und stellte diese jetzt auf den Boden.
Jenny war starr vor Entsetzen. Sie erlebte, wie die Person vor ihr die Hände gegen die Lehnen drückte, um so besser aufstehen zu können. Und sie erinnerte sich auch daran, wovon sich die Vampire ernährten.
Blut – Menschenblut. Und sie war ein Mensch. Zwar nicht erwachsen, doch ein Mensch, in dessen Adern sich das Blut bewegte, das nach dem Biß ausströmen würde.
Die Untote mit dem blassen Gesicht stellte sich nicht hin. Sehr steif blieb sie sitzen und
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